Keine Angst vor Gegenwind

Die Freien Wähler sind bei der letzten Wahl erfolgreich auf Stimmenfang gegangen. Birgit Eibl hat als Bürgermeisterkandidatin hat zwar nicht gewonnen, aber ihren Gegner mit einer Stichwahl herausgefordert. Obwohl mit sechs Sitzen zweitstärkste Fraktion, hat die FWG keinen der drei Bürgermeisterjobs ergattern können. Doch die Mannschaft an Bord sieht die politische Lage „sportlich“.

Die Mannschaft von den Freien Wählern (von links): Steuerfrau Birgit Eibl, Egmont Ernst, der bisherige 3. Bürgermeister von Holzkirchen Hubert Müller, Wolfgang Jennerwein, Marcus Ernst und Martin Taubenberger
Die Mannschaft von den Freien Wählern (von links): Steuerfrau Birgit Eibl, Egmont Ernst, der bisherige 3. Bürgermeister von Holzkirchen Hubert Müller, Wolfgang Jennerwein, Marcus Ernst und Martin Taubenberger

Holzkirchner Stimme: Frau Eibl, Sie kennen die Marktgemeinde Holzkirchen quasi „von der Pike auf“. Sie sind zwar gebürtig ein Münchner Kindl, dennoch hier fest verwurzelt: Kindergarten Frühlingstraße, Grundschule Baumgartenstraße, Gymnasium Miesbach. Außerdem aktiv in mehreren Vereinen und sogar beruflich mit einer Niederlassung einer Münchner Rechtsanwaltskanzlei. Welche lokalpolitischen Themen haben Sie schon als Jugendliche beschäftigt?

Birgit Eibl: Mir war damals das Hallenbad ganz wichtig. Und das geht den heutigen Kindern ganz genauso. Ich wünsche mir einheitliche Öffnungszeiten – zum Beispiel täglich von 8 bis 20 Uhr. Und zwar das ganze Jahr über, vor allem in den Ferienzeiten. Und da ganz besonders!

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Marcus Ernst: Auch wenn längere Öffnungszeiten personalintensiv sind: Schließlich ist das Batusa kein Schulbad, sondern ein öffentliches Bad für alle Bürger. Es sollte sich als Dienstleister verstehen, der kundenorientiert handelt. Ein guter Service wäre auch eine direkte Anbindung der Cafeteria. Man bräuchte nur eine Glastür einzubauen – und die Badegäste müssten sich nicht mehr umkleiden und durch das Freie außen herum gehen.

„Wir haben über 10.000 Stimmen dazu gewonnen“

Holzkirchner Stimme: Die Freien Wähler sind seit 1952 in Holzkirchen. Oft stellten sie den 2. oder 3. Bürgermeister. Im Landkreis Miesbach mit Michael Pelzer, Peter Höß, Sepp Hartl u.a. sogar oft den ersten Bürgermeister. Warum tun sich die Freien Wähler in der Marktgemeinde so schwer?

Wolfgang Jennerwein: Das lag nicht an uns. Wir haben immer wieder gute Themen eingebracht und viele Anträge gestellt. Aber unsere Vorschläge werden ‚reflexartig‘ abgelehnt. Bei der letzten Wahl hat die Mehrheitsfraktion die Quittung bekommen: Wir als Freie Wähler – und nicht die Grünen – haben die meisten Stimmen dazu gewonnen, nämlich 10.272 neue Wähler. Übrigens haben auch die Grünen mit 9.446 Stimmen deutlichen Zuwachs, während die SPD 3050 und CSU 7970 Stimmen verloren haben. Das spricht für sich.

Birgit Eibl: Jede vierte Stimme ging an uns: Die Bürger wollen, dass wir uns aktiv und mit Köpfchen einbringen. Und wir werden den bestmöglichen Weg für Holzkirchen suchen und finden – auch wenn es momentan nach einer Kenia-Koalition mit Ausgrenzung von uns aussieht. Wir jedenfalls arbeiten unabhängig von jeder Parteipolitik weiter. Denn wir wollen ausschließlich Sachthemen angehen und lösen.

Holzkirchner Stimme: Woher weht denn der politische Gegenwind?

Hubert Müller: Wir vermissen Gesprächsbereitschaft. Schließlich war ich sechs Jahre lang 3. Bürgermeister. Aus unserer Sicht wäre es für einen neuen Bürgermeister normal, mit allen Fraktionen Gespräche über anstehende Sachthemen sowie über Personalpolitik zu führen. Und sei es, uns Entscheidungen mitzuteilen. Bis heute ist keiner auf uns zugekommen. Und unsere zahlreichen Kontaktversuche hat der Bürgermeister abgewimmelt.

Marcus Ernst: Wir sind und waren nie Opposition. Wir sind Ideengeber und Macher. Wir möchten, dass unsere Anträge ergebnisoffen und ohne Farbenlehre diskutiert werden. In der Vergangenheit wurden wir immer ausgebremst. Selbst der Ehrenamtsempfang war nicht mehrheitsfähig – weil der Vorschlag von uns kam. Schade, oder?

„Ortsmitte ist für uns eindeutig der Marktplatz“

Holzkirchner Stimme: An welche Themen denken Sie da?

Egmont Ernst: Zum Beispiel an den Einzelhandel. Vor Jahren gab es ein Gutachten eines Dr. Salm von der Ludwig-Maximilians-Universität München. Wir schlugen vor, einen City Manager als Bindeglied zwischen Kommune und Einzelhandel einzusetzen. Aber unser Antrag von 2008 wurde im Gemeinderat schlicht abgelehnt. Und nicht nur das. Wenig später wurde auf Initiative des damaligen Bürgermeisters die Position eines Standortförderers ins Leben gerufen. Immerhin wurde unsere Idee auf diesem Umweg realisiert.

Marcus Ernst: Und das HEP. Obwohl das HEP nicht im Ortszentrum liegt, konkurriert es mit den Geschäften in Innenstadtlage. Dadurch erleidet der Einzelhandel deutliche Einbußen, Leerstände und Geschäftswechsel sprechen für sich. Die von den Befürwortern groß angekündigten Synergie-Effekte sind nicht eingetreten. Gleichzeitig hat der Gemeinderat sein Versprechen zur Förderung des innerörtlichen Einzelhandels bis heute nicht eingelöst. Die Standortförderin hat sich zumeist mit dem neuen Gewerbegebiet beschäftigt. Im Ortszentrum gibt es dagegen keine spürbare Verbesserung.

Wolfgang Jennerwein: Damals hatte die Gemeinde bereits das alte Baywa-Gelände erworben. Das wäre ideal für ein Einkaufszentrum mit Parkplätzen gewesen. Die Besucher hätten zu Fuß zum Marktplatz gehen können. Denn für uns ist der Ortskern eindeutig rund um den Marktplatz. Statt der überteuerten Tiefgarage, die oft leer steht, hätte die Gemeinde auf dem Herdergarten auch ein Parkdeck bauen können. Das wären 140 zusätzliche Parkmöglichkeiten gewesen. Aber das ist Vergangenheit.

"Jede vierte Stimme ging an uns" - Birgit Eibl zeigt sich selbstbewusst und will den bestmöglichen Weg für Holzkirchen suchen und finden.
“Jede vierte Stimme ging an uns” – Birgit Eibl zeigt sich selbstbewusst und will den bestmöglichen Weg für Holzkirchen suchen und finden.

Holzkirchner Stimme: Lassen Sie uns in die Zukunft schauen. Wie sieht denn Ihr Wahlprogramm für die kommende Legislaturperiode aus?

Birgit Eibl: Ganz wichtig ist uns, dass keine Einzelmaßnahmen ergriffen werden, sondern ein Gesamtkonzept für die verschiedenen Bereiche erstellt wird. Das betrifft ganz besonders die Verkehrsplanung. Wir ersticken im Verkehr, wir brauchen eine Entlastung.

Holzkirchner Stimme: Wo setzen Sie den Schwerpunkt bei einem Verkehrskonzept für Holzkirchen?

Birgit Eibl: Wir lehnen eine ortsnahe Trasse definitiv ab. Unser Ziel ist die ortsferne Umfahrung. Wir könnten uns weiterhin die Trasse südlich von Kurzenberg in Richtung Warngau vorstellen. Das würde die vielen Pendler um Holzkirchen herum leiten.

Holzkirchner Stimme: Aber wurde diese Streckenführung nicht abgelehnt

Birgit Eibl: Uns liegt bis heute keine detaillierte Begründung oder gar ein Bescheid vor. Lediglich ein aktualisiertes Verkehrsgutachten aus dem Jahre 2012 und eine wenig aussagekräftige Raumwiderstands-Studie von 2013. Das ist definitiv zu wenig. Wir möchten erreichen, dass ein Vertreter der Regierung von Oberbayern hierher kommt und uns die Gründe für die Ablehnung nachvollziehbar erläutert.

Holzkirchner Stimme: Was meinen Sie, Herr Müller, als Anwalt der Hartpenninger Interessen?

Hubert Müller: Naturschutz ist okay, aber die Bürger wollen Details wissen. Wenn wir die Gründe kennen, sind wir auch in der Lage eine andere, konstruktive Lösung zu entwickeln. Wir hoffen, dass die alte Trasse mit einer anderen Variante doch genehmigungsfähig wird.

Birgit Eibl: Wie gesagt, wir setzen uns für ein Verkehrsgesamtkonzept ein. Zwar sind Gespräche mit den Vertretern aus Holzkirchen und Warngau geplant. Wir aber meinen, dass auch Waakirchen und Bad Tölz ins Boot geholt werden müssen.

Holzkirchner Stimme: Nennen Sie uns bitte drei Ihrer Schwerpunktthemen für die Zukunft.

Birgit Eibl: Für uns stehen die Themenkomplexe Verkehr, Energie und Wohnen im Vordergrund.

Wolfgang Jennerwein: Auf den Nägeln brennt uns ein Sportstättenkonzept. Aber auch die Problematik der Jugend, die sich dringend mehr Freizeitmöglichkeiten wünscht – wie Tanzlokal, Disko oder eben bessere Öffnungszeiten beim Schwimmbad. Wir haben in der letzten Jahren mehr als 30 Anträge mit guten Vorschlägen eingebracht, die alle nicht zum Zuge kamen.

„Bei uns stehen Sachfragen im Vordergrund“

Holzkirchner Stimme: Aber die Folge des Wahlergebnisses ist, dass die CSU zwar an Macht verloren hat, jetzt aber SPD und Grüne die beiden Stellvertreter-Bürgermeister stellen. Das bedeutet, dass Sie als Opposition eher isoliert dastehen. Wie wollen Sie das Problem managen – bei einem Stimmenverhältnis von 6:19?

Birgit Eibl: Wir sehen das sportlich. Wir werden die Ideen der Bürger weiterhin in das Gremium hineintragen und für eine Mehrheit werben. Auch wenn es uns natürlich lieber wäre, die Mehrheit zu bekommen. Wenn Vorschläge abgeschmettert werden, ist das ein Ausdruck von Demokratie. Isoliert fühlen wir uns ganz und gar nicht. Uns geht es immer um die Sachkompetenz. Im Gegensatz zu den anderen Parteien holen wir uns regelmäßig Fachleute in die Fraktion, die uns umfassend und objektiv informieren. Damit können wir uns über die Vorschläge der Gemeindeverwaltung ein besseres Bild machen.

Holzkirchner Stimme: Worauf führen Sie die Ablehnung im Gemeinderat zurück?

Birgit Eibl: Wir konzentrieren uns auf Sachfragen, sind unabhängig und haben keine persönlichen wirtschaftlichen Interessen. Deshalb sind wir für andere schlecht greifbar und lenkbar.

Holzkirchner Stimme: Ihre Maskottchen für die Kommunalwahlen waren „KLIPP“, der weiß, was passt, und „KLAR“, der für den Durchblick sorgt. Sind Klipp & Klar gescheitert?

Birgit Eibl: Ganz und gar nicht: Wir sind der Wahlsieger. Wir haben alle Wahlziele erreicht: Wir sind klar zweitstärkste Fraktion, haben die meisten Stimmen dazugewonnen und seit 2002 die Stimmen auf fast 40.000 Stimmen verdoppelt, die absolute Mehrheit der CSU gebrochen und es zur Überraschung der Kenia-Combo bei der Bürgermeisterwahl mit klarem Vorsprung vor SPD und Grünen in die Stichwahl geschafft. Das ist doch schon ein guter Anfang – was wollen wir mehr?

Holzkirchner Stimme: Wir danken für das Gespräch.

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