Kleiner Keller schlägt hohe Wellen

Das Obstpressenhäusl in Gotzing ist eine kleine Hütte, die für viel Aufruhr sorgt. Nachdem die oberste Wasserbehörde ihr Veto zum Bau des Kellers eingelegt hat, sind die Gemüter erhitzt.

Wie berichtet wollen die Betreiber nun die Planung anpassen, um doch noch eine Genehmigung für den Umbau zu bekommen. Doch für den Verein „Unser Wasser e.V.“ ist klar, dass dieser exemplarische Fall nur die Spitze des Eisberges ist: „Das ist ein Paradebeispiel, was passieren kann, wenn eine Region ein Wasserschutzgebiet für eine große Stadt hat.“

Alexander Bronisch ist der zweite Vorsitzende des Vereins "
Alexander Bronisch ist der zweite Vorsitzende des Vereins “Unser Wasser”.

Stein des Anstoßes für das Bayerische Landesamts für Umwelt (LfU) in Hof war der geplante Bau eines Kellers zur frostfreien Lagerung von Obstsäften. Nachhaltig eben. Die Ablehnung erfolgte mit der Begründung, dass der Schutz des Wassers nicht mehr gewährleistet sei.

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Weder der Vorschlag des Weyarner Bürgermeisters Leonhard Wöhr (CSU), das Bauloch während der Erdarbeiten mit einer Folie abzudecken noch sein Hinweis auf den genehmigten Bau eines Abwasserkanals, fanden bei den zuständigen Wächtern des Wassers Gehör. Der Abwasserkanal gelte als notwendig, deshalb könne und wollen man für den rund drei Meter tiefen Keller das Risiko nicht eingehen.

Maximale Risikovermeidung bei den Behörden

Die Stadt München fördert seit über 125 Jahren Wasser aus dem Gebiet des Landkreis Miesbach. Die Regelungen zum Schutz des Wasser stammen zum großen Teil aus dem vergangenen Jahrhundert. Für den Verein „Unser Wasser“, der sich den Schutz Eigentum und Eigenständigkeit im Landkreis Miesbach auf die Fahnen geschrieben hat, liegt hier der Hase im Pfeffer. Alexander Bronisch, der zweite Vorsitzende des Vereins, erläutert:

Heute gibt es ganz andere technische Möglichkeiten, Tiefbauarbeiten abzusichern. Wenn ich Kanalbauarbeiten absichern kann, kann ich auch einen Kellerbau entsprechend schützen.

Für ihn liegt das Problem darin, dass keiner der Beamten die Verantwortung übernehmen will. Deshalb sei es für die Behörden sicherer, eine Absage zu erteilen. Diese maximale Risikovermeidung sei früher sicher sinnvoll gewesen, heutzutage jedoch überholt.

Allerdings gibt Bronisch zu bedenken, dass die Sicherung der Wasserschutzgebiete in angemessenem Verhältnis zu den Belastungen für die betroffenen Bürger stehen sollte. Er verweist auf ein Merkblatt aus dem Jahre 2010, das den Handlungsrahmen bei Wasserschutzgebieten für die öffentliche Wasserversorgung festlegt. „Und dem ist definitiv nicht so“, empört sich der promovierte Historiker aus Wall.

Das aktuelle Trinkwasserschutzgebiet Thalham - Gotzing.
Das aktuelle Trinkwasserschutzgebiet Thalham – Gotzing.

Für ihn und seine Mitstreiter sind mit der Gotzinger Entscheidung nicht nur einzelne Hobbygärtner betroffen, sondern viele Menschen aus dem ganzen Landkreis. Da alle Gartenbauvereine im Kreisverband Miesbach organisiert sind, bringen auch zahlreiche Mitglieder ihr Obst aus dem Garten zur Saftpresse in Gotzing. Das geht nun möglicherweise bald nicht mehr.

Natürlich wäre ein anderer Standort eine denkbare Alternative. Doch die Gemeinde Weyarn möchte die Gartler gerne in Gotzing behalten, so Wöhr. Außerdem bliebe das dahinterstehende Problem ungelöst.

Das viele Bauern Einschränkungen erdulden müssen oder beispielsweise Kieswerke in ihrem Handlungsrahmen eingeschränkt werden, ist mittlerweile bekannt. Aber dass die Restriktionen zunehmend ganz normale Bürger und deren Alltag betreffen können, zeigt dieser Fall.

Sogar bei einem Waldfest sei es notwendig bei der Stadt München um eine Genehmigung anzufragen, so Bronisch, da eine „potentielle Gefährdung“, nämlich die Gefahr von Emissionen, bestehe.

Auch Firmen sind betroffen

Als widersprüchlich nimmt Bronisch die Handhabung des Begriffs „potentielle Gefährdungen“ wahr. „Von den zahlreichen LKWs, die täglich das Gewerbegebiet Müller am Baum südlich von Miesbach passieren, geht ein viel größeres Gefahrenrisiko aus“. Bronisch spielt damit auf Unfälle an, bei denen beispielsweise Chemikalien oder andere Flüssigkeiten auslaufen können.

Das ist Prinzipienreiterei: Das Wasser wird nicht schlechter, wenn man in Gotzing einen Keller baut – natürlich unter Berücksichtigung aller wasserschutzrechtlichen Auflagen.

echauffiert sich Bronisch.

Die Gefahr, dass Firmen und Gewerbeansiedlungen zunehmend unter den Einschränkungen der Wasserschützer zu leiden haben – z.B. bei Baugenehmigungen und Auflagen – sieht auch Norbert Kerkel, Kreisvorsitzender der Freien Wähler und 1. Vorsitzender von „Unser Wasser“.

Das Dilemma wird um zu bedeutsamer, wenn die Wasserschutzzonen erweitert werden. Dieses Verfahren läuft bekanntlich zur Zeit. Dann wäre neben dem Süden Miesbachs auch die Erweiterung des Gewerbegebietes im Norden von Miesbach betroffen – bis hin zum Biogut Wallenburg.

Betroffen seien letztlich alle Unternehmen, die sich im Einflussgebiet des zufließenden Wassers befinden, bis hin zum Schliersee und Achensee. Jeder, der etwas in diesem Areal plane, dass potentiell wassergefährdend sein könnte, könne Einschränkungen unterworfen sein, kritisiert er. „Für Einzelfälle gibt es dann Ausnahmegenehmigungen – aber uns geht es hier um die Verhältnismäßigkeit der Mittel“, betont Kerkel, der heuer auch als Landrat kandidierte.

Norbert Kerkel
Norbert Kerkel sieht auch eine Gefahr für die lokalen Unternehmen.

Zwischenzeitlich fand ein Treffen von Landkreis-Bürgermeistern mit Landrat Wolfgang Rzehak (Grüne) statt. Der neue Landrat versprach, sich darum zu kümmern, dass in dem Schutzgebietsverfahren alle Argumente und Einwendungen geprüft und objektiv bewertet werden. Auch wolle er auf die Ängste und Sorgen von Bürgern und betroffenen Kommunen eingehen. „Am Ende muss zwingend eine gerechte und vor allem verhältnismäßige Entscheidung stehen“, so Rzehak.

Sobald die vorliegenden Stellungnahmen durch das Landratsamt ausgewertet sind, werde die Öffentlichkeit involviert und erhält die Gelegenheit, Pläne einzusehen und Stellung zu beziehen, heißt es aus dem Landratsamt.

Der Kampf gegen “Goliath”

Warum nun die große Aufregung über das Verbot, einen Keller für ein Saftpressenhäuschen zu bauen? Theoretisch ließe sich die Hütte auch an einem anderen Ort errichten. Aber der Knackpunkt ist für die beiden Vorsitzenden von „Unser Wasser“ wieder die Verhältnismäßigkeit der Mittel:

Dieses Beispiel ist die Spitze eines Eisberges. Es zeigt die Absurdität des ganzen Wasserschutzgebiet-Gedankens.

Für gewisse Schutzmaßnahmen, weil das Gotzinger Häusl sehr nahe an einem sensiblen Bereich, nämlich am Zusammenfluss von Schlierach und Mangfall, direkt über den Gotzinger Hangquellfassungen, liegt und die Kernzone für das Münchner Wassers darstellt, haben die Kämpfer von „Unser Wasser“ durchaus Verständnis.

Aber sie verweisen auch auf ein Gutachten, dass zu dem Ergebnis kommt: „Wasser ist generell nicht schützbar, da es zu viele Gefährdungspotentiale wie Bahn, Strassen etc. gibt.“ Sie werden weiter gegen ihren Goliath kämpfen. Und sie warnen: „Wir haben Ausdauer und sind hartnäckig.“

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