Kuhglocken gegen “Zuagroaste”

Ein Rottacher Anwohner beschwert sich über zu laute Kuhglocken. Der Gemeinderat ist der Meinung, man müsse den hiesigen Gepflogenheiten anpassen und sonst “bleiben wo der Pfeffer wächst”. Ein Holzkirchner Fall beweist, dass es nicht ganz so einfach ist.

Auf der Königsalm tragen die Kühe nach wie vor Glocken.
Kuhglocken – für Einheimische das normalste der Welt – trotzdem sorgen sie immer wieder für Diskussionen / Archivbild

Während Kinder im Oberland meist mit Kuhgebimmel aufwachsen, ist es für „Zuagroaste“ zunächst die erhoffte Postkartenidylle, wenn Rinder auf der Weide stehen. Doch wenn man sie vor dem Balkon hat, artet das Kuhglockengeläut offenbar schnell zur Lärmbelästigung und Ruhestörung aus.

In Rottach schrieb ein Anwohner aus diesem Grund jetzt an die Gemeinde. Rainer K. störte sich daran, dass die Jungrinder mit ihren Glocken auch noch nachts am Wasserfass tranken und dadurch mit ihren Glocken für eine „uns sehr belastend wirkende nachbarschaftliche, insbesondere nächtliche Ruhestörung“ sorgten. K. habe „auch schon den Versuch unternommen, in einen direkten Kontakt mit dem Pächter“ zu kommen. Das Ziel sei es gewesen, „Bereitschaften für erstere Abhilfemaßnahmen (Verlegung der Wassertonne in einen eher anwohnerarmen Bereich) zu wecken“.

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Gebimmel als „bedrängende Alltagserfahrung“

Es sei ihm von vorneherein klar gewesen, „dass ein erster persönlicher Kontakt nicht schon ausreichend sein würde, um sich auch schon auf die Behebung der hier eigentlich ausschlaggebenden Ursachen für diese 24 Stunden Lärmbelästigung (das Abstellen des Kuhglockengebimmels selbst) einigen zu können“.

Der Brief ist Ende Oktober während des Almabtriebs entstanden. Mittlerweile sind die Kälber schon lange nicht mehr auf der Wiese. Trotzdem möchte K. für die Zukunft zu einer gütlichen Einigung kommen. Beim Rottacher Gemeinderat stießt der Mann erwartungsgemäß auf Unverständnis. Bürgermeister Christian Köck erklärt auf den „Filserbrief“ sarkastisch.

Bei uns ist das normal, dass Viecher Glocken tragen.

Zum anderen befinde man sich hier bekanntermaßen in einer ländlichen Gemeinde. „Und wer sich entscheidet, seinen Wohnsitz hierher zu verlegen, egal woher er kommt, der sollte bitte akzeptieren, dass Landwirtschaft bei uns zum Ortsbild gehört. Diese ist uns sehr wichtig“, wetterte der Rathauschef, „wir haben noch 16 Milchviehbetriebe und darüber bin ich froh“.

Wenn man hierherziehe, „dann reicht nicht, sich nur ein Miesbacher Kennzeichen zuzulegen und mit der Lederhosen rumzuspringen, dann müssen eben auch unsere Gepflogenheiten respektiert werden. Sonst soll man dort bleiben, wo der Pfeffer wächst“.

Holzkirchen: Kompromiss vor Gericht gefunden

Auch in Holzkirchen gab es im vergangenen Jahr einen solchen Fall. Auch damals beschwerte sich ein Anwohner über den Lärm der Kuhglocken. Medienberichten zufolge erließ das Amtsgericht Miesbach als Reaktion auf die Beschwerde des Nachbarn eine einstweilige Verfügung gegen die Holzkirchner Bäuerin.

Zwischen 19 und 7 Uhr durften die Kühe dann in einem Abstand von 100 Metern zum Grundstück des Klägers nicht mehr weiden. Ohne Glocken ist für Landwirte allerdings schwerer, ihre Tiere wiederzufinden, sollten diese einmal ausbüxen. Georg Mair, Vorsitzender des Almwirtschaftlichen Vereins Oberbayerns appelliert damals an alle Weidebesitzer, unter solchen Umständen doch einfach leisere Glocken zu nehmen. Denn mit Lautstärken um die 100 Dezibel werden Kuhglocken gerne mit Presslufthammern verglichen.

In diesem Fall konnten sich die Beteiligten am Ende einigen: Die Weidehaltung mit Kuhglocken wird sich in Zukunft auf dem südlichen Teil der Wiese abspielen, der vom Haus des Klägers rund 25 Meter entfernt liegt. Der nördliche Teil darf nur noch ohne Glocken bewirtschaftet werden, um dem Nachbarn die Nachtruhe zu gewähren. So könnte es auch im Rottacher Fall ausgehen – und dann ist es wohl nicht mehr der Gemeinderat, der zuletzt lacht.

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