Ob die Doppeldeutigkeit des Wortes „Kohle“ den Anstoß gegeben hatte, die Bergwerksausstellung in der Sparkasse zu zeigen? Für Bürgermeister Josef Hartl ist das Jubiläum zwar kein Grund zum Feiern, aber ein Anlass zum Dank an die Bergleute. „Es ist die denkwürdige Zahl Fünfzig, dass man ein solches Ereignis nicht einfach so vergehen lassen kann.“
Vor 50 Jahren wurde das Kohlebergwerk Marienstein geschlossen. 160 Jahre lang war es maßgeblich an der Entwicklung der Gemeinde Waakirchen und Umgebung beteiligt.
Von der Backstube ins Bergwerk
Einer der letzten Kumpel war Max Spahmann. 1939 in Marienstein geboren, entschied er sich als 19-Jähriger, von der Backstube ins Bergwerk überzuwechseln. Es reizte den Konditorgesellen, seinem Vater nachzufolgen, der im Zementwerk gutes Geld verdiente. 700 Mark machte man damals im Übertagebereich, an die 850 Mark sogar unter Tage. Eine Summe, die dem Konditorgesellen (Durchschnittsverdienst 500 Mark) damals schier unermesslich viel vorkam.
Leider kam es dann so, dass sich Spahmann junior nicht im Zementbereich des Werkes wiederfand, sondern im Kohleabbau. Vier Jahre lang – bis zu seinem 23. Lebensjahr – arbeitete der junge Mann im Abbau. Fuhr morgens im Arbeitsgewand den 526 Meter tiefen Hauptschacht oder den 919 Meter tiefen Muldenschacht hinunter – und abends wieder heraus.
Harte, gefährliche Arbeit
Ein schwerer Job war es. Einer, der vielen Bergleuten die Gesundheit nahm und sie mit Lungenkrankheiten oder anderen körperlichen Gebrechen in die frühe Rente entließ. Etliche Grubenunglücke forderten ihre Opfer. 54 Arbeiter ließen ihr Leben. Ein „Berufsrisiko“, das trotzdem viele Männer auf sich nahmen.
Bis vom Bayerischen Wald her heuerten die Kumpel in der von Arbeitslosigkeit gezeichneten Zeit im Werk an. Auch etliche Frauen waren – als Sortiererinnen – beschäftigt. Während der Abbauzeit wurden von 1904 ab insgesamt vier Millionen Tonnen Pechkohle aus den meist engen, dunklen Schächten gefördert.
Im Jahr 1962 wurde das Bergwerk stillgelegt. „Aus politischen Gründen“, vermutet Spahmann. Vor allem, weil damals neue Energiearten aufkamen. Für die Bergleute war die Schließung ein schwerer Schlag. „Der Beschiss des Jahrhunderts“, wie „der letzte Kumpel“ meint. 300 Männer verloren damals ihre Arbeit. Für die meist kinderreichen Familien bedeutete es große Einschnitte, wenn der „Ernährer“ plötzlich kein Einkommen mehr mit nach Hause brachte.
Vom unbewohnten Platz zur lebendigen Heimat für viele
Mit dem Betrieb des Bergwerks hatte sich Marienstein – das bis 1886 noch Holzwiesenthal geheißen hatte und relativ unbewohnt war – zu einem lebendigen Dorf entwickelt. Bäcker, Metzger, Zahnarzt, Fotograf, eine Kapelle, ein Schul- und zwei Gasthäuser – alles war da in dem umtriebigen Arbeiterdörfchen.
Hans Winklmair hat die historische Zeit in der kleinen Ausstellung sowie in einer Chronik verewigt. Viele Exponate hat er gesammelt, um die Erinnerung an das Bergwerk und die Menschen, die dort arbeiteten, zu bewahren. „Die Zeit lebt damit weiter in unseren Gedanken, und das auch noch in zehn oder zwanzig Jahren.“
Auch für Max Spahmann ist die Ausstellung eine gute Sache. Inzwischen befindet er sich im Ruhestand. „Konditor oder Kumpel?“ Was sagt er, wenn er gefragt wird, was er früher mal gemacht hat? „Konditor“, lacht er, „denn diesen Beruf habe ich lange gelernt.“
Infos zur Ausstellung: Geöffnet noch bis zum 3. August zu den üblichen Geschäftszeiten in der Sparkassen-Filiale in der Lindenschmittstraße in Waakirchen.
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