Lern’s g’scheid

Rund 60 Gäste aus Politik und Wirtschaft waren vergangenen Mittwoch ins Fools-Theater nach Holzkirchen gekommen. Das Thema: Die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt im Oberland. Unter anderen berichtete dabei ein Mitarbeiter eines bekannten Hotels aus dem Miesbacher Landkreis von seinen Erfahrungen.

Bei der Podiumsdiskussion wurde vor allem über die Möglichkeiten und Chancen von Flüchtlinge auf dem Arbeitsmarkt gesprochen.
Bei der Podiumsdiskussion – von links nach rechts: Moderator Florian Schrei, Alexander Schmid, Dr. Nicole Cujai, Ibrahim Maiga, Christian Matz und Anton Lugauer

Schon der Titel der Veranstaltung „Integration von Menschen mit Fluchtgeschichte – wo drückt der Schuh“ ließ die Brisanz des Themas erahnen. Fast 60 Gäste aus Politik und Wirtschaft waren letzte Woche der Einladung der Agentur für Arbeit Rosenheim ins Holzkirchner Fools Theater gefolgt und bekamen im Rahmen der Podiumsdiskussion eine Vielzahl von Informationen und Meinungen zur Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt. Moderiert wurde die Veranstaltung vom BR Fernsehmoderator Florian Schrei.

„Die Hotellerie ist prädestiniert dafür, Flüchtlinge aufzunehmen,“ stellte Christian Matz (Personalreferent Hotel Bachmair) gleich zu Anfang der Veranstaltung klar. In seiner Branche seien internationale Mitarbeiter üblich, es herrsche eine relativ hohe Fluktuation und es gebe auch in der Belegschaft einen großen Willen zur Integration. Allerdings müsse man sich über den erhöhten bürokratischen Aufwand im Klaren sein. In den vergangenen Jahren habe man viele Praktikanten in den Bereichen Housekeeping, Haustechnik und Küche aufgenommen. Derzeit beschäftigt das Hotel Bachmair vier Flüchtlinge und einen Azubi.

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Durch die Einstellung eines eigenen Integrationsbeauftragten habe auch REWE Süd einen großen Schritt zur aktiven Integration getan. Ibrahim Dourra Maiga hat seit seinem Amtsantritt bei REWE im Januar 2016 einen Einstieg für 108 Praktikanten, 13 Festanstellungen, elf Azubis und zehn Förderplätze geschaffen, direkte Bewerbungen in den Märkten seien laut Maiga nicht einberechnet.

Große Akzeptanz

Maiga selbst stammt aus Mali, ist nach einem stipendienfinanzierten Studium in der Volksrepublik China an die Universität Trier gekommen und hat als Projektkoordinator des BJR-Aktionsprogramms „Flüchtlinge werden Freunde“ unterstützt, bevor er zu REWE Süd ging. Aufgrund seiner Historie kann er sich sehr gut in die Situation der Integrationswilligen hineinversetzen.

Für eine qualifizierte Ausbildung von Flüchtlingen machte sich Bäckermeister Anton Lugauer während der Podiumsdiskussion stark, der ebenfalls über die hohe Akzeptanz von Flüchtlingen bei seinen Mitarbeitern berichtete. Er motiviere seine Praktikanten, den offiziellen Ausbildungsweg zu gehen, auch wenn das zunächst einen geringeren Verdienst bedeute.

Lern das gescheit, dann stehen dir anschließend alle Türen offen.

Die oft fehlende Sprachkompetenz sahen alle Arbeitgeber-Vertreter auf der Bühne als größte Hürde. Auch über Fördermaßnahmen würden sich verbale Fähigkeiten verbessern, die schriftlichen Kompetenzen kämen aber oft noch zu kurz. Dr. Nicole Cujai, Vorsitzende der Geschäftsführung Agentur für Arbeit in Rosenheim, betonte, dass die Agentur selbst nur den berufsbezogenen Spracherwerb fördern könne. Die grundlegenden Deutschkenntnisse würden dagegen über Helferkreise und VHS gefördert.

Problemfelder

In Vertretung des Tölzer Landrats Niedermaier stellte Alexander Schmid (Geschäftsführer Standortmarketing-Gesellschaft Miesbach) die ihm bekannten Probleme der Betriebe dar. Zu denen gehören neben der Sprache auch Verlegungen von Asylberechtigten und das Fehlen von bezahlbarem Wohnraum. Er berichtete auch von kulturellen Schwierigkeiten:

Da ist ein Asylbewerber hoch qualifiziert und eigentlich passt alles bis sich herausstellt, dass sein künftiger Chef eine Chefin ist und das zu Problemen in der Akzeptanz führt. Da hat man sich dann wieder trennen müssen.

Auch aus dem Publikum berichteten Arbeitgeber in der anschließenden Diskussionen von Problemen auf dem Weg zur Integration: fehlende Mobilität, wenn die Arbeitsstelle nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar ist und eine lange Bearbeitungsdauer der Anträge auf Arbeitserlaubnis.

Unterstützung durch die Agentur für Arbeit

„Generell ist es so, dass die Asylbewerber aktiv auf die Agentur für Arbeit zukommen müssen,“ betonte Dr. Cujaj. Dabei betonte sie, dass eine Arbeitsaufnahme nach dreimonatiger Wartezeit auch während eines laufenden Asylverfahrens möglich sei, sobald die Erstaufnahmeeinrichtung verlassen wurde. Das neue Integrationsgesetz bringe deutliche Verbesserungen für den Übergang von Asylbewerbern in den Arbeitsmarkt mit sich.

Der Arbeitgeber-Service der Agentur für Arbeit biete schnelle und unbürokratische Hilfe auch per Telefon für Arbeitgeber, die Flüchtlinge integrieren möchten. Leiter Marinco Krstevksi forderte die Unternehmer auf, auch zu besetzende Helferjobs zu melden:

Die Nachfrage nach Fachkräften ist hoch, aber bei Helferjobs sind wir auf jede Stelle angewiesen.

Abschließend stellte Cujai einen ganzen Instrumentenkasten vor, mit dem die Agentur für Arbeit die Integration von Flüchtlingen in den Betrieben erleichtern kann. Dieser reicht von Coaching, individueller Nachhilfe und Eingliederungszuschüssen bis hin zu Praktika, bei denen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausprobieren können, wie gut sie zueinander passen.

Die Voraussetzungen sind geschaffen, nun scheint der wichtigste Schritt der Wille der Unternehmer zu sein, sich auf das Abenteuer Integration einzulassen.

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