Macht uns der Verkehr im Tal krank?

Staus rund um den See sind usus. Lösungen scheinen in weiter Ferne zu sein. Das lange Stehen in der Blechlawine ist mindestens nervig – doch wie wirkt sich eigentlich der Straßenverkehr auf unsere Gesundheit aus?

Lärmbelästigungen sind real. Viele fühlen sich dadurch belästigt. Doch Verkehr stört nicht nur die Ohren. Er macht auch krank.

Nerviger Stau am Gmunder Berg – wie gesundheitsschädlich ist er?

In Waakirchen hat man längst die Schnauze voll, wie es Gemeinderat Rudi Reber letzte Woche formuliert hat. Auf einem Infoabend, der fast einer Bürgerversammlung glich, suchte Waakirchen nach Lösungen, um des Verkehrs Herr zu werden. Nach Lösungen sucht man auch in den anderen Gemeinden im Tal. Leicht fällt das nicht, ist Mobilität doch gleichzeitig für viele unerlässlich.

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Mobil sein ist zeitgemäß. Es wird beruflich wie privat meist erwartet. Wenn es darum geht, von einem Termin zum nächsten zu kommen, greifen die meisten Talbewohner noch immer auf das Auto zurück. Die Kehrseite der Medaille sind meist Zeitverluste durch Staus, Parkplatzsuche, zugeparkte Straßen und Gehwege. Aber auch Stress, Unfälle sowie teilweise schlechte Luft und andauernder Straßenlärm.

Der Lärm:

Mit dem Lärm ist das so eine Sache. Der eine liebt Musik von der hiesigen Blaskapelle, den anderen zieht es eher zu klassischen Konzerten in den Tegernseer Barocksaal, der Dritte hört am liebsten das Knattern seines Motorrades. Lärmempfinden ist subjektiv – ob jemand das Gehörte als Belästigung empfindet, ist Geschmackssache. Doch Belästigungen durch Lärm sind real. Ein TS-Leser aus Schaftlach fühlt sich schwer belastet durch den Straßenverkehr:

Die neu erbaute Straße ist schon wieder kaputt, dank der ganzen Massen an Schwerlastern von früh morgens vor Sonnenuntergang bis abends. Die Münchner blockieren am Wochenende unsere Dorfstrasse. Schön ist es hier nicht mehr und gesund sicher auch nicht.

Laut Umweltbundesamt fühlen sich rund 60 Prozent der Bundesbürger durch Straßenverkehrslärm belästigt. Grundsätzlich ist es so, dass auch beim Verkehr Grenzwerte eingehalten werden müssen, um die Menschen vor Belastungen zu schützen.

Dazu hat das Europäische Parlament im Juni 2005 die sogenannte „Umgebungslärm-Richtlinie“ als Bestandteil des Bundes-Immissionsschutzgesetzes ins deutsche Recht übernommen. Durch dieses Werk soll eine Gesundheitsgefährdung durch Umgebungslärm lanfgristig vermieden werden. Für besonders stark belastete Gebiete und Straßen wurden Lärmkarten erstellt und Maßnahmen erarbeitet, wie Lärm reduziert werden könnte.

Risiko Herz-Kreislauf-Erkrankung

Studien zeigen eindeutig, dass ein Zusammenhang existiert zwischen dem objektiv vorhandenen Lärmpegel und dem Anteil der Personen, die sich dabei beeinträchtigt fühlen. Bei Dauerschallpegeln über 65 dB (A) fühlen sich 15 Prozent gestört, bei 75 dB (A) dagegen bereits 40 Prozent. Als eine wirksame Maßnahme, um Lärm zu drosseln, gilt zum Beispiel auch eine Reduzierung der Fahrgeschwindigkeit. Reduziert man von 50 km/h auf 30 km/h, so kann eine deutlich hörbare Lärmminderung um 2 bis 3 dB (A) bewirkt und Menschen so vor noch mehr Lärm geschützt werden.

Tatsächlich lassen sich gesundheitliche Folgewirkungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck, Stresssymptome oder Kopfschmerzen nur schwer ausschließlich dem Lärm zuordnen. Allerdings verweisen alle diese Studien darauf, dass dauerhaft starker Verkehrslärm einen hauptursächlichen Faktor zum Entstehen dieser Krankheiten darstellt. Ab einem Dauerschallpegel von 65 dB (A) wird das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht. Je länger die Einwirkung, desto wahrscheinlicher treten dauerhafte Schädigungen auf.

Auffallend ist zudem, dass Menschen besonders nachts empfindlich auf Lärm reagieren. Deshalb gilt in zahlreichen Regionen auch ein Nachtfahrverbot für Lastwägen. Denn ein einziger Lastwagen verursacht bei Tempo-50 einen Lärmpegel, der dem von 20 bis 25 Autos entspricht.

Die Auspuffgase:

Vom Lärm zum Gestank. Denn Verkehr stört nicht nur unsere Ohren – auch Auspuffgase hinterlassen ihre Wirkung. Doch auf diesem Gebiet hat sich viel – positives – getan. Wie das Umweltbundesamt festgestellt hat, setzen Autos und Lastwägen heute im Durchschnitt weniger Treibhausgase und Luftschadstoffe als noch im Jahr 1995 frei. Als Grund dafür gelten die Erfolge durch technische Verbesserungen wie Rußfilter für Dieselfahrzeuge oder die Einführung des Drei-Wege-Katalysators in den 1980-er Jahren.

14.000 Fahrzeuge donnern täglich durch Waakirchen, auch viel Güter- und Schwerlastverkehr ist darunter

So sanken die Emissionen des Treibhausgases Kohlendioxid im Schnitt bei Autos um neun, bei Lastwägen sogar um 28 Prozent. Die Kehrseite der Medaille – heute sind viel mehr Fahrzeuge, Autos und Lastwägen, unterwegs. Mehr als tausend LKWs donnern zum Beispiel täglich auf der B 472 durch Waakirchen. 1970 waren es noch 750.

In der Gemeinde Gmund trägt die hohe Verkehrsbelastung – wie berichtet , dass die Gemeinde die lufthygienischen Voraussetzungen für eine Bestätigung als Heilklimatischer Kurort mit der Heilanzeige „Atemwegserkrankungen“ nur mit Einschränkung erfüllt.

Der Feinstaub:

Besonders vor den Schadstoffkomponenten Feinstaub und Stickstoffdioxid warnen Experten, wenn es um die Gesundheit geht. Wie in einem Kompendium des Umweltministeriums Nordrhein-Westfalen nachzulesen ist, laufen vor allem Kinder und Jugendliche Gefahr, durch Luftverschmutzung geschädigt zu werden. So liegt z.B. der Anteil asthmakranker Kinder und Jugendlicher in Deutschland aktuell bei rund 14 Prozent.

Gerade die hohen Staubbelastungen an stark befahrenen Straßen gefährden die Gesundheit, wie man in langjährigen Untersuchungen im In- und Ausland festgestellt hat. Steigt die Konzentration von Feinstaub an, so treten damit auch vermehrt Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems und der Atemwege auf.

Belastungen durch Feinstaub ist das eine – dagegen gelten Bestandteile wie Ruß und Benzol als nachweislich krebserregend. Für solche Stoffe existieren jedoch keine Schwellenwerte für ein Erkrankungsrisiko. Deshalb ist gerade der Rußpartikelfilter für Dieselfahrzeuge eine wichtige Maßnahme zum Gesundheitsschutz.

Bis zu 30.000 Autos im Tal

Technische Verbesserungen bei Fahrzeugen, besserer Verkehrsfluss, strengere Abgasgrenzwerte, der Ersatz von Alt- durch Neufahrzeuge sowie Geschwindigkeitsdrosselung werden zukünftig hoffentlich zu weniger Belastungen aus dem Straßenverkehr führen. Noch besser wäre wohl die Überlegung, ob „mobil sein“ zukünftig auch anders aussehen könnte. Mit dem öffentlichen Nahverkehr ins Büro, mit dem Fahrrad zum Einkaufen und sportlich aktiv in der Freizeit beim Biken oder Joggen.

Bis zu 30.000 Fahrzeuge schleppen sich täglich durchs Tegernseer Tal. Menschen leiden unter den Belastungen. Obwohl die Bürgermeister der Talgemeinden um das Problem wissen, konnten bislang keine echten Lösungsansätze gefunden werden. Auch ein talweites Konzept existiert noch nicht. Hoffnung legen viele dabei in den Runden Tisch, bei dem Vertreter der umliegenden Kommunen zusammenwirken sollen, um eben genau diese „große Lösung“ zu finden. Am 23. Juni soll dieser stattfinden, wie Waakirchens Bürgermeister Hartl letzte Woche angekündigt hat.

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