Mädchen mit Beziehungen

Der Rottacher Malerwinkel ist bekannt. Welch bewegtes Leben sich im heutigen gleichnamigen Seehotel abgespielt hat, kann man auf den ersten Blick nicht erahnen. Dort, wo heute Gäste aus- und eingehen, lebte ab 1910 die Familie Slezak. Autorin Hanna von Feilitzsch hat ein Buch dazu herausgebracht.

Hier lebte die Familie Slezak lange. Das Slezakhaus heißt heute "Hotel Malerwinkel". Foto von David Friedmann: hochzeitsfotograf-in-muenchen.com
Hier lebte die Familie Slezak lange. Das Slezakhaus heißt heute „Hotel Malerwinkel“.

Margarete ist die bezaubernde Tochter des berühmten Opernsängers Leo Slezak. Die Rottacher drücken ihren Stolz über den Heldentenor darin aus, dass sie ihm eine Straße widmeten. Autorin Hanna von Feilitzsch war dagegen so fasziniert vom Leben Margaretes, dass sie das Buch „Mädchen mit Beziehungen: Das Leben der Margarete Slezak“ darüber schrieb.

Slezaks Tochter wurde im Jahre 1901 geboren. Später wird sie ihr sogenanntes „Bühnenalter“ acht Jahre jünger angeben. Seit 1910 lebt die Familie im heutigen Seehotel Malerwinkel. Erst nur in den Ferien, später dann das ganze Jahr über. Margarete wächst behütet auf, erliest man sich aus den liebevoll verfassten Zeilen der Autorin von Feilitzsch.

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Die Kunst spielt eine zentrale Rolle im Leben der Familie. Während Vater Leo Slezak als Tenor über die großen Bühnen der Welt tourt, ist Mutter Elsa Wertheim eine bekannte Schauspielerin. Gemeinsam zu Hause ist die Familie selten. Auch in Margaretes Adern fließt Künstlerblut. Man müsse es nur in die richtigen Bahnen lenken, dieser Ansicht ist jedenfalls ihr Vater, den Margarete ihre Kindheit über verehrt.

Diesen Moment hatte sie heftig herbeigesehnt, denn die Oper erschien ihr als der herrlichste und wundersamste Ort auf dieser Welt. Heute … gab Leo Slezak … seine Abschiedsvorstellung. … Ihr Vater mit seiner kräftigen Statur sah in seinem Lohengrinkostüm und dem Schwanenhelm aus wie die Helden in ihren Bilderbüchern.

Während ihr Vater der Meinung ist, Margarete solle Geigenspielerin werden, sieht das Mädchen das anders. Gegen seinen Willen nimmt sie Gesangsunterricht und bildet ihre Stimme so weit aus, dass später auch ihr Vater erkennt, dass sie ihr Talent stimmlich ausleben sollte.

Dabei ist der Weg auf die großen deutschsprachigen Bühnen der 20er- und 30er-Jahre ein beschwerlicher. Doch irgendwann schafft sie es: Margarete ist viel auf den Bühnen unterwegs. Und gerät in die gleiche Tretmühle wie ihre Eltern. Mit ihrer Tochter aus der ersten Ehe, Helga, verbringt sie viel zu wenig Zeit, was ihr schwer zu schaffen macht. Hat sie diese gemeinsame Familienzeit doch auch in ihrer eigenen Kindheit vermisst.

Beziehungen für den Aufstieg auf der Karriereleiter

Doch Margarete geht andererseits auch voll auf in ihrer Karriere als Sängerin. Sie macht viel Oper und Operette. Später wird sie auch Filme drehen. Um „nach oben“ zu kommen, nutzt sie nicht nur ihr Talent, sondern auch ihre Beziehungen.

Schon bald hat Margarete, die ihre jüdische Herkunft nie verleugnet, einen hartnäckigen Bewunderer. Anfangs erscheint er harmlos und unscheinbar, doch nach und nach lässt der Machtmensch sie hinter seine Maske blicken. Und erst jetzt versteht Margarete, dass sie ein gefährliches Spiel spielt. Doch da ist es bereits zu spät. Sie gehört zum engsten Kreis um Adolf Hitler.

„Er ist der Teufel in Person“ – so schimpft ihr Vater Leo Slezak über den Machtmenschen. Trotzdem nutzt die Familie die Vorteile, die durch die gemeinsamen Bande entstehen. Mutter Elsa Wertheim, die Halbjüdin ist, kann ihre Künstlerkarriere ab 1933 zwar nicht mehr ausleben. Leo Slezak jedoch bekommt nach einem Brief von Margarete an Hitler wieder Engagements an den deutschen Bühnen. Margarete wirft alles in die Waagschale und wird ein gefeierter Star.

Hanna von Feilitzsch über ihr Buch

„Lebensfroh, gradlinig, standhaft – das hat mir an Margarete Slezak gefallen“, schwärmt Autorin Hanna von Feilitzsch. Fast schicksalshaft klingt die Geschichte, wie sie zum Nachlass der Slezaks kam.

„Vor zwanzig Jahren pachtete mein Mann das Slezakhaus. Wir sind in das Haus daneben eingezogen und damit nahm alles seinen Lauf.“ Ihre Familie betrieb das Slezakhaus danach lange als Seehotel Malerwinkel mit Hotel- und Restaurantbetrieb, pendelte zwischen Tegernsee und Oberfranken.

Bildunterschrift
Hanna von Feilitzsch in München, wo sie in Archiven für ihr Buch recherchierte / Foto: David Friedmann – hochzeitsfotograf-in-muenchen.com

Eines Tages lernte die Autorin die Schwippschwägerin von Peter Winter – Margaretes zweitem Mann – kennen. Die ältere Dame überließ der Autorin den kompletten Nachlass der Familie. Bücher, Fotos, Ansichtskarten, alles am Leben der Slezaks faszinierte die Autorin.

Schon mehrere Bücher hat sie über die Familie geschrieben. „Es ist Biografie und Fiktion zugleich“, erzählt sie. Denn zwar könne man dem Nachlass viel entnehmen, aber eben nicht alles.

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