„Wir geben mehr Geld aus, als wir einnehmen“

Weyarns Haushalt ist beschlossene Sache. Einstimmig segneten die Gemeinderäte in ihrer Sitzung am vergangenen Donnerstagabend das umfangreiche Zahlenwerk ab. Großes Ziel für die nächsten fünf Jahre: die Konsolidierung der Gemeindefinanzen. Aufgrund der Vorzeichen dürfte das ein hartes Stück Arbeit werden.

Weyarn hat bald mehr Geld in der Kasse.
Weyarn hat in diesem Jahr zwar mehr Geld in der Kasse – doch die nächsten Jahre könnten schwer werden.

„Insgesamt haben wir ein positives Ergebnis“, resümierte Bürgermeister Michael Pelzer (FWG) das Jahresergebnis seines geplanten Haushaltes für 2014. Der prognostizierte Jahresüberschuss liege bei rund 640.000 Euro. Nach derzeitigem Planungsstand könne damit der Jahresverlust aus 2012 ausgeglichen werden. Die Arbeiten an dem Gemeinde-Etat hätten lange Zeit in Anspruch genommen. In der vergangenen Woche habe man den Plan dem Landratsamt Miesbach zur Prüfung vorgelegt. „Es hat keine Beanstandung gegeben.“

Als Gemeinde stehe Weyarn im Vergleich zu den anderen im Landkreis „gut“ da. Die Gewerbe- und Einkommenssteuereinnahmen flössen. Beide gehören laut Pelzer zu den wichtigsten Einnahmequellen der Gemeinde und machen mehr als 80 Prozent des gesamten Steueraufkommens aus. Umso wichtiger sei es jedoch, die konjunkturelle Entwicklung im Auge zu haben, gerade was die Gewerbesteuer betreffe.

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Erfahrungen aus den vergangenen Jahren wie 2011 hätten gezeigt, dass bei Haushaltsplanungen hier immer mit großen Schwankungen gerechnet werden müsse. Deshalb sei Vorsicht geboten, denn auch Weyarn sei von wenigen großen Gewerbesteuerzahlern abhängig. Ein Standortwechsel eines Unternehmens könne schnell zu unvorhersehbaren Defiziten im Gemeindesäckel führen.

Hebesätze bleiben konstant

Aus dem Defizit der Gemeinde im Ergebnishaushalt der letzten Jahre empfehle die Kommunalaufsicht eine Anhebung des Hebesatzes auf 380 v.H. Weyarn liegt derzeit im Vergleich zu den anderen Gemeinden im Landkreis in der Mitte bei einem Hebesatz von 360 v.H. Von einer weiteren Erhöhung will der Rathauschef derzeit nicht ausgehen, denn einige Betriebe würden in absehbarer Zeit aus der Verlustvortrags– in die Gewinnzone und das bedeutet: Geldsegen für die Haushaltskasse.

Um weiteres Gewerbe anzusiedeln weist die Gemeinde derzeit im Gewerbebereich eine Fläche von insgesamt 12.000 Quadratmeter für vier Betriebe aus, was laut Pelzer grundsätzlich positiv sei:

Nachfragen sind genug da. Inwieweit sich das steuererhöhend auswirkt, ist ungewiss. Aber ortsnahe Arbeitsplätze mit der Chance auf Steuereinnahmen sind immer gut.

Ein weiteres Plus erwartet der Noch-Bürgermeister heuer durch den Anstieg der Schlüsselzuweisung von rund 240.000 Euro im vergangenen Jahr auf 331.000 Euro. Weyarn brauche sich jedoch nicht zu früh freuen: Wegen der erwarteten steigenden Steuerkraft müsse man in der mittelfristigen Finanzplanung von niedrigeren Werten ausgehen. Und das grundsätzlich strukturelle Defizit der letzten Jahre werde sich, trotz der leichten Aufwärtsentwicklung, auch in den Folgejahren fortsetzen. „Wir geben mehr Geld aus, als wir einnehmen,“ so Pelzers klare Aussage.

Die Zahlen untermauern seine Aussage. Die Erträge im Ergebnishaushalt 2014 belaufen sich demnach auf rund 5,5 Millionen Euro. Die Aufwendungen sind mit gut 6,4 Millionen Euro dabei zwar deutlich höher. Doch aufgrund von Sonderposten kommt das Plus in Höhe von 641.000 Euro raus. Im Finanzhaushalt liegen die Einzahlungen für laufende Verwaltungstätigkeiten mit etwa 5,2 Millionen Euro rund 600.000 Euro niedriger als die Auszahlungen. Trotzdem liegt der Überschuss auch hier bei etwa ca. 67.000 Euro. Der Grund: Zuschüsse.

Und so stehe für Weyarn weiterhin das Gebot der Haushaltskonsolidierung im Vordergrund. Das bedeutet für die Finanzplanung: Jahresfehlbeträge der Vorjahre ausgleichen und weitere Weichen stellen, um an mehr Einnahmen zu kommen. „Weyarn muss alle Einnahmequellen nutzen und neue untersuchen“, appellierte Pelzer an seine Räte. Dazu gehöre unter anderem die Ansiedlung neuer Betriebe, der Erlass einer Straßenausbau- und Verbesserungssatzung sowie die Rekommunalisierung der Energieversorgung.

Keine teuren Projekte geplant

Positiver Aspekt: Große und teure Investitionen fallen in den nächsten Jahren nicht an. „Wir haben in den letzten zwei Jahrzehnten über 20 Millionen Euro in Infrastrukturmaßnahmen investiert“, so Pelzer, dadurch sei die Ausstattung hochwertig, Erhaltungsmaßnahmen fielen somit nicht an. Größere Ausgaben seien 2014 für Straßenbau- und Unterhaltsmaßnahmen (knapp 1 Million Euro) im Ort, an Geh- und Radwegen und Parkplätzen geplant. In Fahrzeuge und die Betriebsausstattung der Feuerwehren wolle man 470.000 Euro stecken, „davon sind aber Zuwendungen von Staat und Feuerwehren in Höhe von ca. 220.000 Euro abzuziehen“, erklärt der Bürgermeister.

Für Hochwasserschutz habe man 50.000 Euro veranschlagt, 47.000 Euro für die Breitbandförderung. Der größte Posten sei die Summe für Grundstücks- und Immobilienerwerb (rund 780.000 Euro). Dazu kommen die Transferaufwendungen, die mit 44 Prozent den größten Teil der Aufwendungen ausmachen. Allein die Kreisumlage schlage hierbei mit 1.426.268 Euro zu Buche. Grund für diese Höhe: “Der Bau von vier Landkreisschulen.”

Das Holzkirchner Gymnasium ist eine der neuen Schulen im Landkreis, die in diesem Jahr fertig werden.
Das Holzkirchner Gymnasium ist eine der neuen Schulen im Landkreis, die in diesem Jahr fertig werden.

„Bisher konnte die Gemeinde ihren Verpflichtungen nachkommen“, sagte Pelzer, wie lange das möglich sei, wisse er nicht. Sorgen mache in diesem Zusammenhang die demografische Entwicklung. „Eine Gemeinde kann nur über Steuern Gelder einnehmen“, erklärte er. Nicht wie etwa ein privates Wirtschaftsunternehmen. „Mehr Bevölkerung bringt mehr Einkommenssteuer.“ In Weyarn sei die Bevölkerung im vergangenen Jahr um 0,85 Prozent gestiegen. Potenzial sehe er in der Belebung der Ortsmitte:

Durch die Sanierung der Klosterbrauerei, den Prälaturhof und das Wohnen am Rosengarten ist mit zirka 100 zusätzlichen Einwohnern zu rechnen. Bis etwa 2019 sollen sukzessive 70 Mehrgenerationenwohnungen und zirka 40 Doppel- und Reihenhäuser entstehen, sodass mit noch einmal zirak 250 zusätzlichen Einwohnern zu rechnen ist.

Für die kommende Haushaltsplanung sei ganz oben anzusetzen: Maßnahmen zur Steigerung der Einnahmen und auf der anderen Seite Reduzierung des Schuldenstandes. Dazu gehöre ein „aktives Schuldenmanagement“, denn „derzeit geben wir mehr Geld aus als wir einnehmen“. Die eiserne Reserve der Gemeinde: „Unser Grundstücksvorrat ist unser Sparpotenzial“, so Pelzer. Über zwei Jahrzehnte habe sich Weyarn einen großen Grundstücksvorrat zugelegt, statt das dafür bezahlte Geld auf die Bank zu bringen. „Einen Teil davon werden wir brauchen. Und mit einem Teil des Erlöses werden wir auch wieder Grundstücke kaufen.“ Mit der fortlaufenden Schuldentilgung könne die Gemeinde ihre jährliche Zinsbelastung von zirka 120.000 Euro pro Person sukzessive verringern.

„Das alles ist nun die Aufgabe für den neuen Gemeinderat“, so der Rathauschef mit Blick auf seinen Nachfolger und derzeitigen „Noch-Stellvertreter“ Leonhard Wöhr (CSU), der ab 1. Mai für die Gemeindekasse zuständig sein wird. „Die nächsten sechs Jahre werden wir schauen, dass wir eine Konsolidierung anstreben“, bekräftigte er – ganz ihm Sinne seines „Lehrmeisters“, der nach 24 Jahren nun in Pension geht.

Kleines Haushaltsglossar


Doppik:
Die doppelte Buchführung bzw. Doppik – auch kaufmännische Buchführung genannt – ist die in der privaten Wirtschaft vorherrschende Art der Finanzbuchhaltung. Mittlerweile wechseln in Deutschland immer mehr Kommunen zur doppelten Buchführung. In diesem sog. Neuen kommunalen Finanzmangagement (NKF) wird zwischen normiertem und unnormiertem Haushaltswesen unterschieden. Das normierte Haushaltswesen enthält die Komponenten Finanzrechnung, Ergebnisrechnung und Bilanz. Es dient der besseren Vergleichbarkeit und Ergebnisorientierung und ist verpflichtend. Im Rahmen der Finanzrechnung werden alle Einzahlungen und Auszahlungen einer Periode erfasst, die Ergebnisrechnung enthält alle Erträge und Aufwendungen. Die Gemeinde Weyarn stellt ihren Haushaltsplan seit 2007 nach diesem System auf.

Kreisumlage:
Die Finanzierung von Kreisen wie dem Landkreis Miesbach stellt sich etwas anders dar als die der kreisfreien Städte, da die Realsteuern (Grundsteuer A und B, Gewerbesteuer) den Gemeinden zustehen. Zur Deckung des Finanzbedarfs können Kreise eine Kreisumlage von den kreisangehörigen Gemeinden erheben. Ihre Grundlage ist die Steuerkraft der Gemeinden sowie deren Schlüsselzuweisungen. Von dieser Umlagegrundlage wird ein bestimmter von-Hundert-Satz als Kreisumlagesatz definiert. Ursprünglich als subsidiäres Deckungsmittel gedacht, ist die Kreisumlage inzwischen ein fester Bestandteil der Einnahmen von Landkreisen.

Schlüsselzuweisung:
Die Schlüsselzuweisung ist ein Mittel der Gemeindefinanzierung im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs, in dem sie die wichtigste Position darstellt. Die Schlüsselzuweisung ist eine zweckfreie Zuweisung zur allgemeinen Finanzierung der Ausgaben des Verwaltungshaushaltes, d.h. der „laufenden Kosten“ innerhalb einer Gemeinde wie Personal, Sach – oder Energiekosten. Die Höhe der jeweiligen finanziellen Unterstützung einer Gemeinde wird durch Ausgangsmesszahlen in Abhängigkeit von der Einwohnerzahl ermittelt (dabei zählen nur Hauptwohnsitze).

Haushaltskonsolidierung:
Haushaltskonsolidierung sind alle Maßnahmen, die auf eine Verringerung der öffentlichen Schulden, eine Entzerrung der Tilgungsstrukturen und/oder eine Reduzierung der Zinslasten abzielen, um einen Haushaltsausgleich herbeizuführen. Die Haushaltskonsolidierung trifft alle haushaltsaufstellenden öffentlich-rechtlichen Körperschaften – also Bund, Bundesländer, Gemeinden, Gemeindeverbände sowie Anstalten des öffentlichen Rechts und Körperschaften des öffentlichen Rechts.


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