Holzkirchner Stimme: Guten Tag Herr Wöhr, Sie waren sechs Jahre Vize-Bürgermeister, kennen also die lokalen Knackpunkte. Wo brennt es im Augenblick am heftigsten?
Leonhard Wöhr: In der Gemeinde stehen zur Zeit viele Themen an, die abgearbeitet werden müssen. Ich denke nicht nur an die großen Themen. Mein Alltag ist voll von tausend Kleinigkeiten, die über meinen Schreibtisch gehen. Zum Beispiel minimale Änderungen von Straßen- oder Grundstücksverläufen durch die Flurbereinigungen der letzten 20 Jahre.
Holzkirchner Stimme: Sie müssen einer großen Erblast Herr werden …?
Leonhard Wöhr: Ja. Der Klosteranger ist ein Großprojekt in der heißesten Phase, das viele Ressourcen bindet. Sobald der Bebauungsplan abgesegnet ist, möchte ich das so zügig wie möglich abwickeln. Aber auch das Nahwärmenetz und das Energienutzungskonzept, das Gotzinger Obstpressenhäusl und der Wasserschutz oder die Ortskern- und die Gewerbeentwicklung schlucken personelle Ressourcen. Gerade laufen die Bauarbeiten für die neue Biomasse-Heizanlage im Ort.
Start ohne Schonfrist
Holzkirchner Stimme: Was ist anders, wenn man das Zepter selbst in der Hand hat?
Leonhard Wöhr: Das Amt des Zweiten Bürgermeisters ist eher repräsentativ. Jetzt bekomme ich alles mit, führe alle Verhandlungen selbst und stehe natürlich überall in der Verantwortung. Aber die Zusammenarbeit ist gut. Mein Vize, Franz Demmelmeier (SPD), nimmt mir einiges ab – wie das Betreiberkonzept des neuen Dorfladens.
Holzkirchner Stimme: Bald sind Sie die berühmten 100 Tage im neuen Amt. Was haben Sie in der Gemeinde Weyarn verändern können?
Leonhard Wöhr: Von einer Schonfrist habe ich nichts gemerkt. Im Gegenteil. (Lacht) Viele Bürger haben mit ihren Anliegen zurückgehalten, bis der neue Bürgermeister kommt. Dadurch gab es einen Arbeitsrückstau. Ich wünsche mir ruhigere Fahrwasser. Und weniger Überstunden für die Mitarbeiter.
Holzkirchner Stimme: Was hat sich in der Gemeindepolitik verändert?
Leonhard Wöhr: Wir haben einen neuen Gemeinderat mit fünf neuen Mitgliedern, die erstmals im Rat sitzen. Sie müssen sich erst mal einarbeiten. Ich brauche Entscheidungen, und zwar viele. Deshalb dauern unsere Sitzungen im Augenblick so lang.
Holzkirchner Stimme: Was möchten Sie inhaltlich ändern?
Leonhard Wöhr: Mein Ziel ist mehr Transparenz. Deshalb binde ich den Gemeinderat in alle Entscheidungen ein. Außerdem ist es mir wichtig, mich für die Ausweisung des Wasserschutzgebiets einzusetzen.
Schulden als Sorgenkind
Holzkirchner Stimme: Die Nachbargemeinden setzen auf die Kooperation mit Ihnen.
Leonhard Wöhr: Mein Vorgänger wurde zu den Treffen nicht eingeladen, weil er sich nicht beteiligen wollte. Ich dagegen suche den Schulterschluss mit den anderen Gemeinden. Vier Bürgermeister und ein Landrat haben beim Gespräch mit dem Ministerium mehr Gewicht als ein einzelner. Sorgenkind sind auch die Schulden der Gemeinde, die möchte ich schnellstmöglich abbauen.
Holzkirchner Stimme: Wie soll das geschehen?
Leonhard Wöhr: Einerseits durch Einnahmen wie Steuern und Zuschüsse. Andererseits durch Verkäufe von Grundstücken. Allein 2014 sind dafür rund zwei Millionen Euro vorgesehen.
Holzkirchner Stimme: Denken Sie an die „Gemeinde-Sparkasse“ Klosteranger?
Leonhard Wöhr: Nein, dieses Areal werden wir schrittweise verkaufen. Aber zu laufenden Verhandlungen kann ich keine Aussagen treffen.
Holzkirchner Stimme: Werden Sie die marktüblichen Preise aus der Region verlangen?
Leonhard Wöhr: Die Gemeinde ist in dieser Hinsicht gebunden: Sie darf nichts verschenken.
Integration der Bürger und des Rates
Holzkirchner Stimme: Sie hatten bereits in Ihrer Antrittsrede mehr Transparenz angekündigt. Wo hat es vorher gehapert?
Leonhard Wöhr: Transparenz bedeutet für mich, die Bürger und den Gemeinderat frühzeitig in Projektentwicklungen zu integrieren. Für mein Gefühl wurde das Klosteranger-Projekt viel zu lange im stillen Kämmerlein besprochen, bevor die Öffentlichkeit eingeweiht wurde. Deshalb war der Eklat so groß. Aus diesen Erfahrungen möchte ich lernen.
Holzkirchner Stimme: Unseren Informationen nach gab es in der letzten Sitzung an dem Punkt Informationsfluss heftige Kritik …?
Leonhard Wöhr: Ich hatte die aktuellen Klosteranger-Unterlagen allen Räten zur Verfügung gestellt. Zusätzlich habe ich am Vorabend einige, grün markierte Änderungen per Email versendet. Früher sind solche Dokumente ausschließlich mündlich in den Sitzungen vorgestellt worden! Der Informationsbedarf scheint recht unterschiedlich zu sein: Die einen beschweren sich über zu viele Infos, die anderen können nicht genug bekommen. Das ist ein Spagat!
Holzkirchner Stimme: Die WIGW (Wir in der Gemeinde Weyarn) hat einen Katapultstart hingelegt. Drei Vertreter sitzen im Gemeinderat. Wie verändert sich die Arbeit, wenn es mehr Gegenwind gibt?
Leonhard Wöhr: Gegenstimmen kommen auch aus der CSU, meiner Partei. Meine Aufgabe ist es, den ganzen Gemeinderat zu überzeugen – und das sind 16 Menschen mit unterschiedlichen Positionen, die die Vielfalt der Bürgermeinungen repräsentieren. Schließlich soll der Gemeinderat nicht das „Abnick-Gremium“ des Bürgermeisters sein.
Mr. Energy statt Mr. Dorferneuerung
Holzkirchner Stimme: Sie haben erst einmal vier Jahre Zeit, Ihre Arbeit unter Beweis zu stellen. Auf welche Meilensteine möchten Sie im Jahr 2018 zurückschauen?
Leonhard Wöhr: Meine Ziele sind Haushaltssanierung, Umsetzung des aktuellen Energiekonzepts und die Pflege des bestehenden Gewerbes. Neben der Gewerbeneuansiedlung darf nämlich die Bestandspflege nicht vernachlässigt werden.
Holzkirchner Stimme: Ihr Vorgänger war „Mr. Dorferneuerung“. Auf welches Leuchtturmprojekt setzen Sie?
Leonhard Wöhr: Meine Absicht ist nicht, mit öffentlichkeitswirksamen Projekten hervorzustechen. Wenn wir das konsolidieren, was wir haben, wäre das ein Erfolg. Mein Hauptaugenmerk gilt der geplanten Energieautarkie.
Holzkirchner Stimme: Also ein „Mr. Energy“ als Galionsfigur für Weyarn 2018 … Herr Wöhr, wir danken Ihnen für das Gespräch.
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