Mieter erheben Vorwürfe gegen Stadt Tegernsee

Die Häuser in der Max-Josef-Straße 14 und 16 in Tegernsee sind über 80 Jahre alt. Geheizt wird mit Ölöfen. Die Mieter fordern eine Zentralheizung. Der Bürgermeister erklärt, warum das nicht möglich ist und wie es mit dem Haus weitergehen soll.

Das Haus in der Max-Josef-Straße in Tegernsee gehört der Stadt

Eine Frau steht in ihrer Wohnung, mitten in einem See aus Heizöl. Das Zimmer schwimmt, weil der Ölofen undicht wurde. Eine Horrorsituation. Endercan Üstüner ist der Nachbar dieser Frau und außer sich vor Wut und Verzweiflung. Seit 17 Jahren wohnt der 59-Jährige in der Max-Josef-Straße 14. In einem Haus, das nach Heizöl stinke. In einer Wohnung, die nicht effektiv beheizbar sei.

In dem Gebäude sind acht Wohnungen, ein zentrales Heizsystem gibt es nicht. Stattdessen hat jeder einen Ölofen. Um den Tank zu füllen, müssen die Bewohner jeden Tag Kanister im Keller auffüllen. Dass das gesamte Haus daher nach Heizöl stinkt, ist das eine. Das andere: Drei der Bewohner sind schwerbehindert – Üstüner eingeschlossen. Er verdeutlicht die Situation:

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Im Moment bin ich schwer krank. Ich kann keine 50 Kilo schleppen, sonst klappe ich zusammen. Mein Nachbar kann nicht mal aufstehen, wie soll er heizen?

Die Wohnungen kühlen zu schnell ab, alles werde innerhalb von wenigen Tagen feucht und ein Haufen Energie werde mit den Ölöfen verschwendet. Üstüner erinnert sich, in der Vergangenheit immer alles selbst gemacht zu haben. „Das Gebäude wurde als Musterhaus gelobt“, sagt er.

Mieter fühlen sich im Stich gelassen

Verantwortlich sei die Stadt Tegernsee, erklärt Üstüner. Die hat 2011 das schon 1939 erbaute Gebäude gekauft. Seit sieben Jahren versuche man mit dem Rathaus zu verhandeln. Passiert sei nichts. Man fordere ein zentrales Heizsystem. Üstüner kann nicht verstehen, wieso die Stadt nicht investiert: „Wir haben schon eine Gasleitung auf dem Grundstück. Jeder Bewohner hat schriftlich bestätigt, die Investitionskosten der Stadt freiwillig abzuzahlen. Wir wollen einfach nur eine warme Bude.“

Es sei etwa im Juni 2019 gewesen, als die Unterschriften der Bewohner eingereicht wurden. Drei Monate habe sich die Stadt erstmal überhaupt nicht gemeldet. Dann wurde ein Treffen für September festgelegt. Bürgermeister Johannes Hagn habe dort erklärt, man müsse 250.000 Euro investieren. Von den Hausbewohnern sei das akzeptiert worden. Das einzige, was sich jedoch laut dem 59-jährigen Üstüner änderte: Die Miete wurde teurer. Er fühlt sich von der Stadt im Stich gelassen und falsch behandelt.

Üstüner wirft dem Bürgermeister Johannes Hagn vor, abzuwarten, bis alle Parteien ausgezogen sind und das alte Gebäude abgerissen werden kann. Der Vorschlag zur Umsiedelung sei auch schon gekommen. Für Üstüner vorstellbar, solange er endlich in einer warmen Wohnung leben kann. „Aber die Stadt Tegernsee hat nicht ein einziges Zimmer frei – und wir sind acht Parteien“, erklärt Üstüner.

Was sagt die Stadt Tegernsee

Bürgermeister Johannes Hagn erklärt auf Nachfrage zunächst die Ausgangslage: “Die Stadt Tegernsee erwarb [die Häuser] 2011 aufgrund der sehr schlechten Bausubstanz lediglich zum Grundstückswert, um dieses in Zukunft neu zu bebauen.” Man habe bisher davon abgesehen, da hier sehr niedrige Mieten – die durchschnittliche Kaltmiete liegt bei rund 3,71 Euro pro Quadratmeter – verlangt werden und die Stadt mit anderen Projekten ausgelastet war.

Als Vermieter sei die Stadt für die Beheizung zuständig. In den Gebäuden befinden sich Einzelöfen, die mit Öl betrieben werden. “Sollte hier ein modernes Heizsystem eingebaut werden, müssten im gesamten Haus Rohrleitungen verlegt werden. Damit verbunden ist, wegen der Wärmeschutzverordnung, das gesamte Gebäude vom Keller bis zum Dach energetisch zu sanieren”, betont Hagn. Sowohl das technische Referat der Stadt, als auch ein eingeschaltetes Ingenieurbüro halte dies aufgrund des schlechten Zustands für wirtschaftlich nicht vertretbar.

Wir reden nicht von einigen zehntausend, sondern von einigen hunderttausend Euro.

Spätestens mit Umsetzung der Maßnahmen des Energienutzungsplanes müssen die Gebäude ersetzt werden, dessen ist sich Hagn bewusst. Der genaue Zeitplan stehe noch nicht fest. “Wie auch bei den Bewohnern des Feuerwehrhauses werden wir diese Maßnahmen gemeinsam und, nach Möglichkeit, im Einvernehmen mit den Mietern durchführen”, beteuert Hagn.

Letztlich gehe es darum, ob eine Sanierung nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit möglich sei. “Ist sie nicht”, sagt Hagn. Andererseits entspreche der jetzige Zustand nicht den heutigen Normen. Der Bürgermeister erklärt abschließend:

Dass die Mieter nach vielen Jahren diesen Zustand nicht mehr hinnehmen möchten, haben wir zu Kenntnis genommen. Daher werden wir noch dieses Jahr mit den Vorplanungen für einen Abriss und Neubau beginnen und frei werdende Wohnungen nicht mehr vermieten.

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