Die Skier aus Holz, den Pulli von der Oma

High-Tech-Schneeanzüge, die vor Wind, Kälte und Nässe schützen, gab es vor fünfzig Jahren noch nicht. Noch früher trugen die Frauen sogar Röcke, die Männer Knickerbocker zum Skifahren. Manche kamen mit dem Fahrrad von München, liefen anschließend mit Fellen auf den Holzskiern zu Fuß hinauf, machten eine Abfahrt, dann ging’s wieder in die Stadt zurück.

Der erste moderne Schlepplift ging im Dezember 1934 in Davos in Betrieb, später kamen sie auch ins Tal – an längst vergessene Hänge.

Auf Skiern nach oben und wieder herunter – auch ohne Skilift hatte man Spaß im Schnee / Foto: www.ak-ansichtskarten.de

Das „Grüne Wasserl“ an der Riedsäge in der Gemeinde Kreuth, die „Thomawiese“ und der „Kircherlhang“ in Dorf Kreuth, die „Hirschberglifte“ in Kreuth-Point, die Rottacher Abfahrten am „Sonnenmoos“ beziehungsweise „Ruappanger“. Dazu etliche Abfahrten am Wallberg, das „Daiblerfeld“ in Tegernsee, der Ostiner „Oedberg“, „Prinzenruh“, „Sonnenbichl“ und der „Buachahang“ in Bad Wiessee – überall hatten Einheimische und Gäste schon vor vielen Jahren Spaß beim Skifahren.

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Von den vielen kleinen Skihängen sind längst nicht mehr alle in Betrieb. Maschinenbetriebene Lifte fahren heute nur noch am „Kircherlhang“, an den „Hirschbergliften“, am Wallberg, am Spitzing und am „Oedberg“. Der „Sonnenbichl“ ist bekanntermaßen den Vereinssportlern vorbehalten.

Bambusrohr statt Carbon

Doch nicht nur die Hänge waren früher andere. Auch die Skier waren aus Holz anstatt aus High-Tech-Material. Die Stöcke von einem Haselnussstrauch oder aus Bambusrohr. Die Lederschuhe waren handgemacht. Handschuhe und Mütze hatte die Oma gestrickt. Auch bei der Herstellung der Hosen musste man kreativ sein, denn das Geld war meist knapp.

Was man heute „Up-Cycling“ nennt – also das Herstellen neuer Dinge aus alten – das gab es damals schon. Manche Hose wurde beispielsweise aus einem Mantel gearbeitet. Imprägniermittel gab es noch nicht. Nach einer Weile war der Skifahrer halt dann durch und durch nass. Je nachdem, wie oft es einen geschmissen hatte.

Johann Mayer, Seniorbauer vom „Großbuacha-Hof“ erinnert sich noch gut ans Skifahren anno dazumal. Damals betrieb er die Liftanlagen an dem Wiesseer Hang. Zuerst am „Buachahang“, später dann am „Sonnenbichl“.

Die ersten Jahre sind die Leut’ zu Fuß gekommen.

Die Skier auf den Schultern, die Holzstecken in der Hand, einen Rucksack mit Brotzeit auf dem Rücken. So ging es die steile Bergstraße zum Hang hinauf – dort wo heute der Parkplatz zum Bauer in der Au ist. Einen Zubringer gab es nicht.

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Doch das scheint dem Spaß der Skifahrer am Sport nichts ausgemacht zu haben. Der Zulauf wurde immer größer, erinnert sich der heute 79-Jährige. Mit den Bussen von „Sport Scheck“ begann das Skifahren zum Breitensport zu werden. Es brachen Goldene Zeiten an, auch am „Buachahang“.

Am Faschingssonntag sind die Leut’ hunderte Meter angestanden.

Ein einziger Schlepplift brachte bis zu 980 Leute pro Stunde nach oben. Unten konnte man sich im Liftstüberl versorgen. Problematisch wurde es erst, als die Skifahrer dann vermehrt mit dem Auto zum Skifahren am „Buachahang“ anreisten. Die Parkmöglichkeiten waren knapp, was immer mehr Besucher abschreckte.

Die Skischulen aus München sind irgendwann weggeblieben.

Die fehlenden Gäste führten dann auch zu Johann Mayers Entschluss, den Liftbetrieb am „Buachahang“ einzustellen. „Das muss vor ungefähr dreißig Jahren gewesen sein“, meint er. Doch der Bauer war noch länger darüberhinaus Liftbetreiber. Sein neuer Hang: der „Sonnenbichl“. Dort gab es einen Babylift und einen Schlepper. Jetzt – mit bald Achtzig – lässt es der „Großbuacha“ aber etwas ruhiger angehen und genießt sein Altenteil.

Seinen „Sonnenbichl“ sieht er allabendlich vom Flutlicht erhellt. Viele der anderen Hänge sind heute längst in Vergessenheit geraten. Die Münchner fahren mit den Autos in wenigen Minuten tiefer in die Alpen, in größere und höhergelegene Skigebiete. Und doch werden sich vor allem viele ältere Semester noch immer an ihre ersten Schwünge am Tegernsee erinnern können.

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