„Nährboden für Aggression“

Ein mittlerweile in Warngau lebender Somalier wollte etwas mehr Privatsphäre, doch seinen Nachbar in der Tegernseer Turnahlle gefiel das gar nicht. Es kam zur Rangelei, einer landete vor Gericht. Anwalt und Richter gaben den beengten Zuständen in der Sammelunterkunft jedoch eine Mitschuld an der Eskalation.

Nicht mehr lange, aber Zustände in Tegernseer Turnhalle sind „Nährboden für Aggression“.
Die beengten Zustände in der Tegernseer Turnhalle waren laut dem Richter ein „Nährboden für Aggression“.

Bis zu 200 Personen lebten und schliefen bis vor Kurzem in der Tegernseer Turnhalle auf engstem Raum. Drehe man sich im Schlaf um, berühre man schon fast seinen Nebenmann. So schilderte der Anwalt eines angeklagten Somaliers die Situation gestern vor dem Amtsgericht Miesbach, wie sie zum Tatzeitpunkt im Dezember geherrscht haben soll.

Der mittlerweile in Warngau wohnende 23-jährige Asylbewerber hatte versucht, mit einem Tuch seinen Schlafplatz zu seinen Nachbarn abzugrenzen, um sich ein wenig Privatsphäre zu schaffen. Ein Albaner und ein Syrer sahen sich dadurch selbst eingeschränkt. Es kam zu einem aggressiven, verbalen Austausch mit einem anschließenden Handgemenge.

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Der junge Somalier wurde dabei wohl geschubst, stieß mit seinem Kopf und seiner Brille gegen die Stirn des Syrers. Beide trugen Verwundungen am Kopf davon. Der Syrer wurde daraufhin in Agatharied behandelt. Im verlesenen ärztlichen Befund ist von einer leichten Kopfverletzung und der Behandlung mit einem gängigen Schmerzmittel die Rede.

Somalier eher hilfsbereit

Die Vernehmung eines beteiligten Security-Mitarbeiters zeigte, dass es sich eher um eine leichte Rangelei gehandelt hatte. Der Mann lobte den Somalier ausdrücklich für seine ansonsten stete Hilfsbereitschaft, die er sogar während der Verhandlung unter Beweis stellte. Der 23-Jährige dolmetschte für den syrischen Zeugen, den der Somalier verletzt hatte, Formalitäten. Der somalische Dolmetscher bestätigte die Richtigkeit der Übersetzung.

Der Security-Mitarbeiter machte deutlich, dass er von dem Gewaltausbruch des angeklagten Somalier sehr überrascht war. Wer eigentlich angefangen hatte und wer wen geschlagen habe, könne er heute nicht mehr sagen.

Allerdings sei es nach Rückkehr des Syrers aus dem Krankenhaus zu einem erneuten Zwischenfall gekommen, bei dem nur sein persönliches Eingreifen Schlimmeres verhindert habe. Der Somalier habe den Syrer angreifen wollen. Der Security-Mitarbeiter habe die beiden getrennt. Den Angeklagten habe er an die frische Luft geschickt, um sich zu beruhigen:

Und jetza schleichst di.

Das habe der Somalier dann auch gemacht. Weil die Vorfälle in der Halle nicht eindeutig zu belegen waren, blieb letztendlich nur die versuchte Körperverletzung des Somaliers an seinem Mitbewohner, deren tatsächliche Ausführung durch den Sicherheitsmitarbeiter verhindert worden war.

Nährboden für Aggression

Staatsanwaltschaft und Verteidigung einigten sich auf Empfehlung des Richters Walter Leitner auf das Strafmaß. Der 23-jährige, der zurzeit in einem Container in Warngau wohnt, wurde zu 60 Tagessätzen à 10 Euro und zur Übernahme der Kosten des Verfahrens verurteilt. Er habe derzeit ein Einkommen von 320 Euro, von dem er auch Lebensmittel bezahlen muss.

Richter Leitner erläuterte, dass er beim Strafmaß berücksichtigt habe, dass der Somalier das erste Mal auffällig geworden und sonst eher hilfreich gewesen war. Auch sei die Situation in der Tegernseer Turnhalle „ein Nährboden für Aggression“. Richter Leitner erklärte aber auch weiter:

Das wissen aber auch alle. Da muss man sich zusammenreißen, sonst herrschen dort chaotische Zustände.

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