Der Anlass war sicherlich lächerlich. Ein 18-jähriger Asylbewerber aus Afghanistan war mit seinem Waschtag fast fertig. Schnell wollte er noch einen Freund holen, der als nächster dran wäre. Als er wieder kommt, findet er seine nasse Wäsche auf der Waschmaschine wieder und die eines anderen darin.
Der 18-Jährige ist aufgebracht, ärgert sich, dass seine Sachen womöglich wieder dreckig sind. Ein Schuldiger ist ebenfalls schnell gefunden. Ein 19-jähriger Mitbewohner, auch Afghane, hatte die vermeintlich fertige Wäsche herausgenommen und seine eigene in die Waschmaschine gesteckt.
Eine Bagatelle, die zuerst zu einem verbalen Streit führt. Daraufhin zieht sich der 19-Jährige in sein Zimmer zurück, wird aber von dem Jüngeren verfolgt. Es kommt zu einem Handgemenge. Als Resultat steht der 19-Jährige mit einer gebrochen Nase da. Soweit die Fakten.
Unterschiedliche Aussagen
Gestern stand der 18-jährige Afghane nun vor Gericht. Er soll den Jüngeren mit voller Wucht ins Gesicht geschlagen und damit den Bruch verursacht haben. Der Angeklagte – dem äußeren Eindruck und seiner Gestik nach, ein eher besonnener Mensch – erklärte dem Richter, dass er das Gericht respektiere und die Wahrheit sagen wolle. Er bestätigte zwar den Streit, bestritt jedoch den Geschädigten geschlagen zu haben.
In der Tat habe er sich sehr aufgeregt, dass seine Wäsche aus der Waschmaschine genommen worden sei und er sei auch dem Geschädigten aufs Zimmer gefolgt. Dort habe es dann eine verbale Auseinandersetzung gegeben. Aber der Geschädigte habe ihn zuerst angegriffen. Die Verletzung sei dem Geschädigten zugefügt worden, als andere Mitbewohner versuchten, die beiden zu trennen. Dabei sei sein Mitbewohner durch ein Versehen mit der Nase gegen an der Wand befestigte Steckdosen gefallen.
Ein als Zeuge geladener Security-Mann hatte die Tat in der Rottacher Traglufthalle selbst nicht beobachtet, war aber über den Streit an den Waschmaschinen informiert worden. Daraufhin hatte er den Geschädigten in seiner Unterkunft besucht. Sein Eindruck:
Der war total eingeschüchtert. Das Gesicht geschwollen und blau.
Der Mann rief daraufhin umgehend die Polizei und schickt den 19-Jährigen zum Arzt. Der Geschädigte kam jedoch schon vorher zurück. Er sei von dem Angeklagten eingeschüchtert worden. Der habe ihn am Arztbesuch hindern wollen. Die Security sah sich daraufhin die Videos der Sicherheitskameras an, auf denen tatsächlich zu sehen war, wie der Angeklagte dem Opfer den Weg versperrte, ihn dann aber gehen ließ.
Der 19-jährige Afghane ist mittlerweile ausgezogen und traf nun wieder im Gerichtssaal auf seinen ehemaligen Mitbewohner. Er gab an, dass er in der Tat die Wäsche aus der Waschmaschine genommen habe. Der darauffolgende Streit sei zwar heftig gewesen. Er selbst habe eine Eskalation aber vermeiden wollen und zog sich daher auf sein Zimmer zurück. Dorthin sei ihm aber der Angeklagte gefolgt. Er legte sich dann auf sein Bett, wäre dort aber von dem 18-Jährigen getreten und geschlagen worden.
Mehr Zeugen nötig
Drei Zeugen hatte der Angeklagte für seine Aussage, nämlich die, die beide Streithähne getrennt haben sollen. Aber auch der Geschädigte wollte einen weiteren Zeugen vorladen lassen, einen Mitbewohner, mit dem er sich zum Tatzeitpunkt das Zimmer geteilt hatte und der die Schlägerei beobachtet haben soll.
Alle vier Zusatzzeugen waren dem Gericht allerdings zuvor nicht bekannt, so dass die Sitzung vertagt werden musste. Nun soll die Polizeiinspektion Bad Wiessee diese ausfindig machen und vernehmen. Danach soll es voraussichtlich erst nach dem Sommer mit der Verhandlung weitergehen.
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