“Für mich fehlt es in Waakirchen an Transparenz”

„Bloß keine absolute Mehrheit“ – das ist Rudi Rebers großer Wunsch, wenn er an den 16. März denkt. Natürlich möchte er mit seiner Aktiven Bürgerliste Sitze im Gemeinderat erobern. Als Dreingabe wäre auch der Bürgermeisterstuhl wünschenswert.

Doch vier bis fünf Sitze im Gemeinderat würden dem Waakirchner reichen. Dort strebt er eine langfristige Kommunalpolitik an. Länger als sechs Jahre, so das Ziel. Und auch die Bürger sollen besser eingebunden werden.

16 Seiten Informationen über Kandidaten, Unterstützer und Ortsthemen – Rudi Reber mit Wahlkampf-Zeitung.

Mit der neu gegründeten Bürgerliste sieht der 52-jährige Reber gute Chancen, Rathauschef zu werden. Eines seiner Mittel, um im Wahlkampf zu bestehen: Gemeinsam mit seinen Mitstreitern hat der gelernte Drucker und jetzige Vertriebsleiter eine eigene Zeitung herausgebracht. Gemeinsam haben die Bürgerlistler sie an alle 2.300 Haushalte in Waakirchen ausgetragen.

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Ich bin politisch aktiv, weil ich es falsch finde, nur zu schimpfen.

Das schreibt beispielsweise Michael Futschik aus Hauserdörfl. Man müsse für das Richtige auch etwas tun, ist er der Meinung. Nicht nur Kandidaten, sondern auch Unterstützer finden in der Zeitung Platz für ein Statement. So bekennt Marion Müller aus Waakirchen:

Ich unterstütze die Aktive Bürgerliste, weil sich hier etwas Passendes entwickelt und ein Ruck durch die Bevölkerung geht… Konkurrenz belebt das Geschäft.

Auf ein Kandidatenduell haben wir in der Gemeinde Waakirchen zwar verzichtet. Dennoch interessiert es uns, wie sich der Herausforderer gegen Amtsinhaber Sepp Hartl behaupten möchte. Rudi Reber bezeichnet sich zumindest selbst als wenig konfliktscheu. Beste Voraussetzungen für einen echten Wahlkampf.

Tegernseer Stimme: Grüß Gott, Herr Reber. Werden wir gleich konkret: Betrifft Sie die „Causa Kreidl & Co.“ eigentlich persönlich oder politisch?

Rudi Reber: Auch wenn der Wahlkampf belastet wird von den Affären, die den Lankreis seit Wochen erschüttern, ist für uns die Situation eigentlich nicht schlecht. Auch das „Rumgeeiere“ mit Herrn Färber ist insgesamt nicht so gut. Für die Leute sehe ich einen Neuanfang im Landratsamt auf alle Fälle positiv.

Tegernseer Stimme: Und wie ist es Ihnen in den letzten Wochen in Ihrem Wahlkampf ergangen?

Reber: Die Akzeptanz bei den Leuten ist groß. Mein Team unterstützt mich nach Kräften. Unsere Zeitung ist ausgetragen, die Großflächenplakate stehen, eine kleine Überraschung haben wir noch in petto.

Tegernseer Stimme: Sie wirken insgesamt recht selbstsicher. Was stört Sie eigentlich an der jetzigen Kommunalpolitik?

Reber: Wir wollen uns absetzen. Viele Gruppierungen machen Kommunalpolitik für nur sechs Jahre, dann in fünf Jahren werden wieder neue Leute gesucht. Wir wollen nicht nur für die Wahlen antreten. Unser Ziel ist es, die Menschen langfristig an einen Tisch zu bringen. Nach der Wahl möchten wir einen Verein gründen – den Verein Aktive Bürgerliste – so können wir langfristig bestehen. Nicht nur für sechs Jahre – nach dem Motto: nach der Wahl ist vor der Wahl.

Der Unfallschwerpunkt an der Mariensteiner Kreuzung konnte mit einem Kreisverkehr entschärft werden. Andere Verkehrsprobleme drücken Waakirchen noch – zu tun gebe es laut Reber genug im Ort.

Tegernseer Stimme: Wie sieht es dann eigentlich mit Projekten aus, die kürzlich den Gemeinderat beschäftigt haben? Würden Sie die genauso weiterführen, wie Sie der derzeitige Bürgermeister angedacht hat?

Reber: Wenn es dabei um das Projekt der Bebauung auf den Flächen des „Bäckavoitl“-Anwesens geht, stehe ich da voll dahinter. Da geht es insgesamt um 40.000 Quadratmeter. Erstmal ist eine zweireihige Bebauung vorgesehen. Das ist aber noch nicht aktuell. Nur wenn Handlungsbedarf besteht, holen wir das aus der Schublade und stellen den Bebauungsplan auf.

Tegernseer Stimme: Und wie stehen Sie zum Bauen im Außenbereich? Neulich gab es ja erst Diskussionen im Waakirchner Gemeinderat.

Reber: Grundsätzlich soll nicht noch mehr Fläche versiegelt werden. Nur ausnahmsweise könnte man dem zustimmen. Zum Beispiel, wenn das Grundstück so liegt, dass es eine Ortsabrundung ergibt.

Tegernseer Stimme: Wenn wir schon bei Bauprojekten sind – der Lanserhof ist ja jetzt in Betrieb. Ist er so geworden, wie Sie sich das vorgestellt haben? Es sollen ja nur wenige Arbeitsplätze an Einheimische vergeben worden sein.

Reber: Es ist schon so geworden, wie ich mir das vorgestellt habe. Spontan fallen mir an die sechs Leute aus dem Bekanntenkreis ein, die dort eingestellt worden sind. Ich denke, das wird sich genauso etablieren wie damals der Kinshofer. Da haben anfangs auch viele Leute aus Miesbach und Umkreis gearbeitet. Inzwischen hat sich das gewandelt. Die haben angefangen, junge Leute von hier auszubilden und die haben sie dann übernommen. So ist jetzt ein Großteil der Angestellten aus dem Ort.

Tegernseer Stimme: Eigentlich war das aber doch immer so ein zweischneidiges Schwert mit dem Lanserhof. Wann werden Ihrer Meinung nach Steuereinnahmen an die Gemeinde fließen – bei den hohen Investitionen?

Reber: Besser könnte es natürlich immer sein. Aber mittelfristig werden die Vorteile überwiegen. Wenn die Investitionskosten abgetragen sind, werden die auch Gewinne erwirtschaften. Aber in den ersten zehn Jahren rechne ich nicht damit. Andererseits kommen ja schon Steuern rein, mit der Einkommenssteuer, die die Angestellten abführen.

Gemeinsame Politik statt großer Mehrheiten

Tegernseer Stimme: Wo wir schon bei Zahlen sind. Sie planen ja jetzt nochmal einen Krippenanbau in Waakirchen. Können Sie kurz erklären, wo die über 600.000 Euro herkommen sollen und was das an Folgekosten für die Gemeinde bedeutet?

Reber: Die Geburtenzahlen sind bei uns konstant hoch. Deshalb ist der Anbau wirklich notwendig. Bis zu 90 Prozent des Bauprojekts wird ja vom Staat subventioniert. Aus diesem Grund ist das für die Gemeinde relativ einfach durchzuführen. An Folgekosten kommen auf die Gemeinde schon einige hundertausend Euro zu. Aber Investitionen für junge Familien sind eben absolut notwendig.

Tegernseer Stimme: Wenn Sie im Falle eines Wahlsieges dennoch keine Mehrheit für die Bürgerliste im Gemeinderat zusammenbekommen, wie und vor allem bei wem wollen Sie sich als Bürgermeister Ihre Mehrheiten beschaffen?

Reber: Bloß keine absolute Mehrheit! Ich würde mich freuen, wenn ich zwar Bürgermeister werde, aber keine absolute Mehrheit bekomme. Ich finde, es sollte keine Partei eine absolute Mehrheit haben, denn das schafft nur Begehrlichkeiten. Weil irgendwann kommt dann der Punkt – da sagt man „Das machen wir jetzt so“ – nur weil man mit der absoluten Mehrheit ja diese Freiheit hat. Ich bin an langfristiger, gemeinsamer Kommunalpolitik interessiert. Vier Sitze sehe ich als realistisch für uns. Von null auf fünf – das wäre ein Traum.

Tegernseer Stimme:: Sie wollen mit der Aktiven Bürgerliste einen neuen Politikstil pflegen. Worin unterscheidet sich dieser denn genau von der jetzigen Politik?

Reber: Ich habe es schon ein paarmal betont: Für mich fehlt es in Waakirchen an Transparenz. Es gibt Leute, die sagen, dass man nur zu den Gemeinderatssitzungen geht, wenn es einen selbst betrifft. Dann wird das in zwei bis drei Minuten abgehandelt, und „die dahinten“ haben das noch gar nicht kapiert.

Tegernseer Stimme: Heißt das, die Gemeinderatssitzungen unter Ihrer Führung würden dann doppelt so lange dauern?

Reber: Nur weil es besser vorbereitet ist, muss es nicht länger dauern. Es geht mir darum, die Bürger früher ins Boot zu holen. Nicht nur bei den Gemeinderatssitzungen. Da gibt es ja auch andere Möglichkeiten. Beispielsweise Gespräche am Runden Tisch, Bürgerwerkstätten, Dorfgespräche, Befragungen. Oder auch die Veröffentlichung von Gemeinderatssitzungen auf der Gemeinde-Homepage.

Keine Angst vor Neuem

Tegernseer Stimme: Ist das denn in der Realität überhaupt machbar? Wie wollen Sie den Sprung aus der Oppositionsrolle hin zu einem verlässlichen Bürgermeister denn schaffen?

Reber: Es gibt bei uns keine Opposition. Die CSU hat sich nur als Opposition dargestellt. Man sitzt ja in einem Gemeinderat und da sollte man zusammenarbeiten. Auf Kommunalebene ist das nicht wie in der Großen Politik. Da kann man von Opposition reden. Bei uns hat das meines Erachtens nichts zu suchen.

Tegernseer Stimme: Kann sich Waakirchen in der jetzigen Situation überhaupt einen Wechsel im Rathaus leisten? Müssen Sie sich nicht zu sehr einarbeiten?

Reber: Da möchte ich mich an den Artikel halten, der kürzlich im Merkur erschienen ist, zum ersten Arbeitstag des scheidenden Bürgermeisters Josef Höß aus Holzkirchen. „Ich hatte die Hosen voll“, hatte Höß bei seiner letzten Bürgerversammlung an seinen ersten Arbeitstag im Rathaus erinnert. Seine Frau hatte ihn damals an die Hand genommen und ihm geraten, er solle es doch so machen wie ein Zirkusdirektor. Er müsse ja nicht selbst auf dem Seil tanzen, sondern nur auf die schauen, die dort auf dem Seil tanzen. So ungefähr sehe ich das in meinem Fall auch. Man muss einfach schauen, dass der Laden läuft. Und vor Neuem habe ich keine Angst. Ich muss mich jetzt in meiner Firma auch täglich einarbeiten. Und schauen Sie die bisherigen Bürgermeister Waakirchens an: Peter Finger war vorher Landwirt und hat Bäume gefällt und Milch ausgefahren. Sepp Hartl war Gärtner.

Tegernseer Stimme: Wie sehen Sie die finanzielle Situation?

Reber: Wir haben Schulden – das ist richtig. Aber es bringt auch nichts, schuldenfrei zu sein und stattdessen eine schlechte Wasserversorgung oder schlechte Straßen zu haben. Man darf halt nicht übermütig werden und muss auch in Zukunft auf die Kosten schauen.

Tegernseer Stimme: Können Sie aber ganz konkret sagen, was mit Ihnen anders laufen würde als mit Sepp Hartl?

Reber: Ich würde die Bürger mehr einbinden.

Tegernseer Stimme: Macht das Hartl nicht auch – er ist doch viel draußen bei den Menschen?

Reber: Rausgehen und mit den Menschen reden ist das eine – die Bürger beteiligen das andere. Ich versuche, aus den Leuten was rauszuholen. Ich glaube, das Talent dazu wurde mir bereits in die Wiege gelegt – wenn man aus einer Arbeiterfamilie kommt.

Für die Wahlwerbung setzen Reber und seine Mitstreiter auch auf unkonventionelle "Aufsteller".
Für die Wahlwerbung setzen Reber und seine Mitstreiter auch auf unkonventionelle „Aufsteller“.

Tegernseer Stimme: Wo sehen Sie Waakirchen in 20 Jahren?

Reber: Einen Schritt weiter, was auch notwendig ist. Man kann mit Entscheidungen auch warten bis zum Sankt-Nimmerleinstag. Bei der Breitbandversorgung haben wir akuten Handlungsbedarf. Es arbeiten ja viele Leute im Home-Office. Wir sollten da handeln wie Holzkirchen – die nehmen das jetzt selber in die Hand. Finanzierungsmöglichkeiten gibt es viele: Bürgerstiftungen, Fremdfinanzierungen. Zur Not muss man auf’s Tafelsilber zurückgreifen. Es ist ja eine Investition in die Zukunft.

Tegernseer Stimme: Breitbandversorgung ist das eine. Was ist mit weiteren drängenden Problemen: mit denen, die sich aus der demografischen Entwicklung ergeben …?

Reber: In Waakirchen gibt es zur Zeit 1.100 Bürger zwischen 55 und 65 Jahren und genauso viele sind über 65, das drängt nach Lösungen. Viele unserer Leute kommen zur Zeit im Tegernseer Schwaighof unter, wenn sie nicht mehr daheim leben können. Aber ich nehme an, dass die dort bald ihre eigenen Bürger unterbringen müssen. Deshalb brauchen wir was eigenes. Ein Waakirchner Altenheim sehe ich aber nicht unter kommunaler Trägerschaft.

Tegernseer Stimme: Und das Verkehrsproblem?

Reber: Da gibt es zwei Teil-Probleme, die man unterschiedlich anpacken muss. Einmal ist das die kommunale Verkehrsregelung. Da haben sich schon welche zusammengetan, die sich intensiv damit befassen. Ich sehe da Verbesserungsmöglichkeiten bei Geh- und Radwegen, bei Übergängen oder bei der besseren Anbindung der Ortsteile. In Sachen Durchgangsverkehr müssen wir als Gemeinde mehr Druck aufbauen. Die Trasse legt das Straßenbauamt fest. Da reden wir aber von 15 bis 20 Jahren, bis da was raus ist. Da müssen wir am Ball bleiben.

Tegernseer Stimme: Wo sehen Sie sich am Abend des 16. März?

Reber: Ich hoffe, auf einer Siegesfeier im Turnhallen-Stüberl.

Herr Reber, vielen Dank für das Gespräch.

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