Ergänzung vom 20. April / 10:00 Uhr
Rund 17 Millionen Euro Schulden belasten nach wie vor die Bad Wiesseer Gemeindekasse durch den Neubau der Spielbank. Wie man damit umgehen soll, hat in der Vergangenheit immer wieder für Streit im Gemeinderat gesorgt. Sind das richtige Schulden? Oder etwa doch nicht? Soll man die Schulden als Schulden kommunizieren oder lieber den Deckel draufhalten, um Investoren nicht abzuschrecken?
Rein faktisch sieht es so aus: Im Sinne des Gemeindehaushalts handelt es sich bei dem Sonderdarlehen für den Spielbankneubau um eine Schuld. Aus der Sichtweise von Banken sieht das aber wieder anders aus: Diese bewerten sogenannte Sonderdarlehen anders, und Bad Wiessee bleibt, trotz der theoretischen Überschuldung, weiterhin voll kreditwürdig. Die Gemeinde würde also jederzeit ein neues Millionendarlehen erhalten, falls sich die Einnahmesituation bei der Spielbank weiter verschlechtert. Bei einer reellen Überschuldung wäre das nicht der Fall.
Die offene Kommunikation von Schulden ist kritisch – vor allem gegenüber Investoren
Wie man solche „Schulden“ kommuniziert, ist mithin nicht ganz einfach: Der Risikofreudige sieht kein Problem und die Chance auf neue Kredite und Investitionen. Der Risikoscheue sieht die Gefahr der bestehenden Schulden. Bürgermeister Peter Höß gehört zur zweiten Gruppe. Er wählt den sicheren Weg und ist eher gegen neue Kredite und für Sparsamkeit.
Gegenüber Investoren für Bad Wiessee ist die offene Kommunikation einer Überschuldung allerdings wenig zielführend. Keiner investiert in ein Gebiet, das sich selbst als pleite bezeichnet.
Bei der ganzen Diskussion geht ein Aspekt auch gerne unter: Trotz der Rückgänge ist die Spielbank bisher für Bad Wiessee immer noch ein gutes Geschäft. Selbst in schlechten Jahren ist bisher nach Zahlung der Kreditraten durch die Spielbankeinnahmen immer noch ein Plus in der Gemeindekasse geblieben. Zwar keine Millionen mehr, aber draufzahlen musste man bisher auch nicht.
Ursprünglicher Artikel vom 18. April:
Mit dem Rauchverbot fing alles an. Knapp 30 Prozent Rückgang beim Bruttospielertrag verzeichnete die Wiesseer Spielbank im Jahr 2008. Das Jahr, in dem in Bayern das Rauchen verboten wurde. Seither geht es auch nicht wieder bergauf: In den vergangenen vier Jahren sank der Umsatz von 32,9 Millionen Euro im Jahr 2006 auf nicht mal mehr 20 Millionen Euro im Jahr 2010. Das sind 40 Prozent weniger. Oder direkt gesagt: 1,5 Millionen Euro weniger in der Wiesseer Gemeindekasse.
Nichtraucher zocken nicht – wenn`s nur so einfach wäre….
Die Gründe für den Rückgang an Besuchern und Spieleinsätzen einfach nur auf das noch relativ neue Nichtrauchergesetz zurückzuführen, wäre vereinfacht.
Die Konkurrenz durch private Spielhallen und Casinos ist in den vergangenen Jahren immer größer geworden: Gab es 2005 noch knappe 10.000 private Spielhallen in Deutschland, waren es 2009 schon über 15.000 – der Grund ist eine Lockerung der Konzessionsvergaben im Bundesrecht. In den privaten Daddelbuden ist aber auch der Umgang mit dem Rauchen eher lax und irgendwie „geduldet“. Das lockt Kunden.
Auch die Wirtschaftskrise ist noch nicht vergessen und verdaut – da sitzt das Geld bei vielen einfach nicht mehr so locker. Glaubt man den Taxifahrern in München und im Tegernseer Tal, hat auch der Flair des Tegernseer und des Wiesseer Casinos in den vergangenen Jahren bei der Münchner Schickeria etwas eingebüßt. Das behaupten zumindest die Fahrer – und eigentlich sollten sie in dieser Hinsicht wohl den besten Überblick über den nächtlichen Spielbetrieb haben.
Was auch immer die Gründe sind, die Auswirkungen für Bad Wiessee sind dramatisch. Schon im November letzten Jahres vermeldet Bürgermeister Peter Höß auf einer Sitzung im Kurausschuss die Hiobsbotschaft: „Wir können die Seepromenade nicht so verschönern, wie vor einigen Jahren geplant. Geschweige denn das Seeforum in der Form hinstellen, wie noch vor drei Jahren vom Gemeinderat verabschiedet. Denn die Realität ist die: Durch den Rückgang in der Spielbank haben wir ganz einfach pro Jahr 1,5 Millionen Euro weniger in der Kasse. Und das müssen wir akzeptieren.“
Für die Gemeinden waren die Einnahmen fest verplant – Bäder kosten nun mal Geld
In einem Video-Interview hat Bürgermeister Höß gegenüber der Tegernseer Stimme auch darauf hingewiesen, dass seit 2008 rund drei Millionen Euro Einnahmen gegenüber den ursprünglichen Planungen in der Gemeindekasse fehlen. Das bedeutet knallhartes Sparen beim Straßenbau und im Wohnungsbau. Dringende Renovierungen und Sanierungen im Straßenbau sind direkte Opfer der rückläufigen Spielbankabgaben und liegen nach wie vor auf der langen Bank.
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In der Wiesseer Spielbank hat man sich jetzt erst mal auf das Dilemma mit den nicht zockenden Nichtrauchern eingeschossen. Im vergangenen Jahr wurde für gute 200.000 Euro ein „Außenbereich“ für Raucher gebaut, der den Namen „Außenbereich“ eigentlich nicht wirklich verdient hat: ein fester Raum, in dem lediglich an drei Stellen die Fenster weggelassen wurden. Dafür ausgestattet mit Teppichboden, Flachbildschirmen und kräftigen Heizstrahlern, damit den Rauchern auch im kältesten Winter nicht kalt wird. Ökologisch mehr als fraglich und für die restlichen Gastronomen im Tal ein Schlag ins Gesicht – die bekommen oft nicht einmal die Genehmigung für einen Pavillon mit Heizstrahlern.
Man muss kein böser Mensch sein, um dem Landratsamt in Miesbach bei der Genehmigung des „Wintergartens“ zwei zugedrückte Augen zu unterstellen: Immerhin ist der Freistaat Eigentümer der Spielbanken und der eigentliche Gewinner, wenn wieder mehr Raucher zum Zocken kommen. Wenn es dem Staate nützt, findet sich schon eine Lücke im eigenen Gesetz.
Die Gastronomen im Tal finden den „Raucheraußeninnenbereich“ nicht so prickelnd
Die Direktorin der Spielbank in Bad Wiessee wollte sich gegenüber der Tegernseer Stimme zu dem Fall damals übrigens nicht äußern. Lediglich Frank Skodzinski, der Sprecher des Landratsamts in Miesbach, hat sich zu diesem Thema geäußert. Auf die Ankündigung einiger Gastronomen im Tal, gegen die Genehmigung zu klagen, erklärte er gegenüber der Tegernseer Stimme, dass „derzeit noch keine Beschwerden von irgendeiner Seite im Landratsamt eingegangen sind“.
Inzwischen ist der „Raucheraußeninnenbereich“ in Betrieb, und die Wogen haben sich etwas geglättet. Ob das Entgegenkommen den rauchenden Zockern wirklich wieder zurück in die Wiesseer Spielbank zieht? Auch ob es wirklich dem Umsatz hilft, muss erst mal abgewartet werden. Der Gemeindekasse wäre es zu wünschen. Dem ein oder anderen Autofahrer, Mieter und Seepromenadenbesucher auch.
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