Pelzers Austritt scheidet die Gemüter

Die Amtszeit von Michael Pelzer im Weyarner Gemeinderat war kurz: Nur ein gutes dreiviertel Jahr statt der üblichen sechs Jahre. Gestern entließ der Gemeinderat seinen ehemaligen Bürgermeister, der vergangene Woche überraschend sein Ausscheiden verlangt hatte. Die Meinungen über mögliche Gründe sind gespalten. Bei der Nachfolge beginnt das Suchen – denn der eigentliche Nachrücker lehnt ab.

Michael Pelzer (rechts) wollte aus dem Gemeinderat ausscheiden. Gestern stimmte der Gemeinderat zu.
Michael Pelzer (rechts) wollte aus dem Gemeinderat ausscheiden. Gestern stimmte der Gemeinderat zu.

“Dem Gemeinderat von Weyarn wünsche ich eine gute Hand und Gottes Segen.” Diese Erklärung von Michael Pelzer verlas Bürgermeister Leonhard Wöhr gestern Abend bei der Gemeinderatssitzung. Pelzer selbst war nicht zur Sitzung gekommen – aus gesundheitlichen Gründen, wie der Bürgermeister auf Nachfrage angibt.

43 Jahre lang war Michael Pelzer in der Gemeindepolitik aktiv. Zunächst 19 Jahre lang im Gemeinderat und 24 Jahre als Bürgermeister. Als er im März aus Altersgründen nicht erneut als Bürgermeister antreten durfte, ließ er sich für die Freien Wähler auf die Kandidatenliste für den Gemeinderat setzen und gewann einen der beiden Sitze.

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Triftige, nachvollziehbare Gründe

Wieso er den Gemeinderat nach so kurzer Zeit wieder verlässt, darüber will er sich nicht öffentlich äußern, sagt Pelzer auf Anfrage. Es ist ein sehr privater Grund.

Pelzers Wunsch, ihn nicht öffentlich zu machen, müsse man respektieren, so der Bürgermeister. “Mir hat er seine Gründe dargelegt und ich fand sie triftig und nachvollziehbar”, sagt Wöhr weiter.

In der Gemeinderatssitzung hatte der Bürgermeister Pelzers Verdienste als Bürgermeister gewürdigt. Darunter den Neubau des Schulhauses, den Kanalausbau, den Bau der Mehrzweckhalle sowie mehrerer Feueuwehrhäuser. Zudem habe er eine vorbildliche Kinderbetreuung eingerichtet und die Bürgerbeteiligung eingeführt. “Soetwas geht nicht von alleine. Da braucht man jemanden, der das anschiebt”, sagte Wöhr.

Gemeinderäte in bewundernder Dankbarkeit

Auch seine Gemeinderatskollegen blicken dankbar und voll Bewunderung auf Pelzers Wirken zurück: “Für mich als neue Gemeinderätin war es sehr wichtig, dass er noch da war und mich unterstützt hat”, sagt Angelika Viellechner, Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler. Das Wissen von so einem Menschen, der schon so lange in der Gemeindepoltik tätig ist, sei für sie unbezahlbar gewesen.

Die Fraktionen können das Ausscheiden nachvollziehen: “Ich respektiere das. Er war ja lange genug ehrenamtlich tätig. Das waren ja über 40 Jahre”, sagte Albert Zinsbacher (CSU) auf unsere Nachfrage. Betty Mehrer (SPD) zeigte sich auf Nachfrage dankbar über den Übergang, den er noch mitgestaltet hat nach seinem Ausscheiden aus dem Bürgermeisteramt: “Er hat ja noch vieles gut abgeschlossen – beispielsweise das Projekt am Klosteranger“, sagte sie.

Harsche Kritik eines Bürgers

Ernst Weidl (UWG) fand das Ausscheiden Pelzers etwas überraschend: “Ich finde es schade. Schließlich lässt man sich ja aufstellen, um über die volle Wahlperiode zu amtieren”, sagte er. Pelzer habe in den vergangenen 43 Jahren viel seiner persönlichen Zeit geopfert. Von solchen Menschen gibt es nicht viel.

Kritik kommt dagegen seitens der Wähler. So schreibt uns Werner Mayer aus Weyarn:

Zwar begrüße ich es sehr, dass Herr Pelzer als Gemeinderat zurücktritt. Es zeigt aber wieder einmal, dass Herr Pelzer nur auf seinen persönlichen Vorteil bedacht ist und ohne Rücksicht auf Verluste die Gemeindebürger seit Jahren an der Nase herumführt.

Noch vor der Wahl hat er auf Nachfrage mit Vehemenz bei der Wahlveranstaltung der Freien Wähler am 17. Februar 2014 versichert, nicht aus taktischen Gründen und zum Stimmenfang zu kandidieren, sondern weil er für volle sechs Jahre als Gemeinderat die Gemeinde „unterstützen“ will. Jetzt zeigt es sich wieder einmal, dass alles nur leeres Gerede ist und er nur seine persönlichen Ziele verfolgt.

Der Klosteranger wurde nun endgültig an den Investor verschleudert. Da kann Herr Pelzer nun endlich das sinkende Schiff verlassen und der Gemeinde einen hohen Schuldenberg von fast 8 Millionen Euro (so Herr Wöhr auf seiner Wahlveranstaltung am 9. März 2014) und ein verschandeltes Ortsbild hinterlassen.

Ich danke schon heute jedem einzelnen Weyarner Gemeindebürger dafür, der den Mut aufbringt, weitere fragwürdige Details von Herrn Pelzers Wirken in der Gemeinde aufzudecken. Ein Anfang wurde ja schon mit Details zum Vorkaufsrecht gemacht (siehe Leserbrief vom 2. Januar 2015 im MM). Das sollte nach dem längst fälligen Weggang des alten Bürgermeisters nicht das Ende sein…

Als “geschmacklos” bezeichnete Pelzer diese Vorwürfe und Verdächtigungen heute Mittag uns gegenüber. “Der Herr Mayer schreibt immer Leserbriefe gegen mich. Er hat mir aber nie gesagt, was er gegen mich hat.” Dass man als Ex-Bürgermeister Feinde habe, damit müsse man sich in dem Amt nunmal abfinden, sagt er.

Als er damals kandidiert habe, habe er schon länger amtieren wollen, so Pelzer weiter: “Wenn man 43 Jahre in der Kommunalpolitik tätig war, dann liegt einem das doch am Herzen.” Deshalb hatte er als erfahrener Gemeinderat seinen vielen neuen Kollegen beim Übergang helfen wollen. Schon vor seiner Zeit als Bürgermeister hatte er gesehen, dass soetwas immer gut war. Mit ihm hatten es nur drei erfahrene Kandidaten in das Gremium geschafft.

Gemeinderäte: “Vorwürfe nicht nachvollziehbar”

Auch bei den Fraktionen finden solche Anschuldigungen keinen Anklang. “Auf solche Vorwürfe lasse ich mich nicht ein”, sagte Angelika Viellechner (Freie Wähler). Ob sich Pelzer aus taktischen Gründen hatte aufstellen lassen, wollte sie uns auf Nachfrage nicht bestätigen.

Für Albert Zinsbacher (CSU) sei es klar gewesen, dass Pelzer die Wahlperiode nicht bis zum Schluss bleiben wird. Selbst wenn Pelzer dies bedacht hätte, könne Zinsberg die Kandidatur nachvollziehen: “Als politische Vereinigung ist man froh, wenn man die Wahlliste mit 16 Kandidaten gefüllt bekommt. Das ist für uns als CSU viel einfacher als für die Freien Wähler.” Außerdem wolle man ja möglichst viele gute und bekannte Kandidaten aufstellen.

“Anschuldigungen sind sehr verletzend”

Ernst Weidl (UWG) glaubt allerdings nicht an Stimmenfängerei: “Das ist ja nicht üblich, dass jemand 24 Jahre lang Bürgermeister ist und dann nochmal zum Gemeinderat gewählt wird”, sagte er uns. Der Verfasser des Leserbriefs kenne die Gründe für Pelzers Ausscheiden nicht und solle sich dann auch nicht dazu äußern. Allerdings habe Weidl nicht verstanden, warum Pelzer für den Gemeinderat kandidiert hatte, nachdem er aus dem Bürgermeisteramt ausgeschieden war.

Vorwürfe wie im Leserbrief oben, dass Pelzer nur auf den eigenen Vorteil bedacht sei, findet Betty Mehrer (SPD) sehr verletzend, sagte sie auf Nachfrage: “Ich wohne in Sichtweise vom Rathaus. Ich hab fast jeden Abend noch bei ihm Licht gesehen. Auch nach zehn”, sagte sie.

Nachfolge: Armin Dippold lehnt ab

Für die Freien Wähler beginnt nun die Suche nach einem Nachfolger für Michael Pelzer. Als erster Nachrücker steht Armin Dippold auf der Liste. “Was er daraus macht ist seine Entscheidung”, sagt die Fraktionsvorsitzende Angelika Viellechner. Sie gehe davon aus, dass man das Amt annimmt, wenn man sich zur Wahl stellt.

Die Gemeinde sucht nuch nach dem Nachfolger für Michael Pelzer. Armin Dippold hat schon abgelehnt.
Die Gemeinde sucht nuch nach dem Nachfolger für Michael Pelzer. Armin Dippold hat schon abgelehnt.

“Ich mache es nicht”, sagte Dippold uns heute Vormittag. Das hatte er bereits nach der Gemeinderatswahl im März gesagt. Seine Meinung hat er nicht geändert. Damit steht als nächstes Helga Waldherr auf der Liste. Sie war am Donnerstag und Freitag nicht zu erreichen.

Im Rathaus wird man nun die Nachrücker einen nach dem anderen anschreiben. Diese haben dann etwa eine Woche Zeit, darauf zu reagieren. “Ich bin hinterher, dass wir bald wieder 16 Gemeinderäte sind”, sagt Bürgermeister Wöhr. Am liebsten würde er schon bei der Sitzung in der kommenden Woche Pelzers Nachfolger oder Nachfolgerin bestellen: “Ich bin zuversichtlich, dass wir das schaffen.”

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