Rolli-Fahrer sollen Ratssaal stürmen

Die Übertragung der Gemeinderatssitzungen im Internet ist in allen Gemeinden rund um den See seit Längerem ein Thema. Bisher haben sich die Gemeinderäte jedoch gegen die technische Neuerung ausgesprochen.

Jetzt könnte Schliersee den Talgemeinden erneut einen richtungsweisenden Beschluss bescheren. Dort soll eine Aktion der Piratenpartei die Dringlichkeit der Onlineübertragung beweisen. Helfen sollen dabei auch Rollstuhlfahrer.

In Pfaffenhofen können die Bürger schon seit 2011 alle Situgen online verfolgen / Quelle: www.pfaffenhofe.de
In Pfaffenhofen können die Bürger schon seit 2011 alle Sitzungen online verfolgen. / Quelle: www.pfaffenhofen.de

Norbert Hirsch von der Piratenpartei im Landkreis Miesbach engagiert sich für eine Live-Übertragung der Gemeinderatssitzungen im Netz. Bereits im Mai wurde eine Broschüre an alle Bürgermeister versandt, in der die Pläne und Ziele formuliert wurden.

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„Die Piratenpartei sieht es als Aufgabe der Stadt und Gemeindeverwaltungen an, den Bürger mit den zur Verfügung stehenden medialen Mitteln angemessen zu informieren. Dabei werden die neuen Chancen, die das Internet bietet, viel zu wenig genutzt“, heißt es in der Broschüre.

Schliersee als Vorreiter für die Onlineübertragung?

Mit der Aktion „Überfüllung des Ratssaals“ soll in Schliersee die Notwendigkeit einer Onlineübertragung bewiesen werden. Ziel ist es, zu demonstrieren, dass der Sitzungssaal in einem Rathaus sehr schnell voll ist und allein aus platztechnischen Gründen gar nicht alle teilnehmen könnten.

Auch die Barrierefreiheit spielt eine Rolle. „Wir haben schon bei Rollstuhlfahrern angefragt, ob sie kommen. Allerdings müssten wir sie nach oben tragen und das geht nicht so einfach“, erklärt Norbert Hirsch. Der Ratssaal in Schliersee ist nämlich, wie auch die meisten im Tegernseer Tal, nicht für Menschen mit Behinderung zugänglich.

Für Hirsch ist die Aktion nicht nur für die Barrierefreiheit vonnöten. Auch andere Bürger können aus verschiedenen Gründen nicht an den Sitzungen teilnehmen und würden durch eine Onlineübertragung die Möglichkeit bekommen, sie im Nachgang anzusehen. Deshalb sollen am 21. Oktober möglichst viele interessierte Bürger zu der Sitzung kommen.

Politiker sind geteilter Meinung

Bürgermeister Christian Köck äußerte sich bereits im Mai kritisch zu den Plänen der Piratenpartei: „Ich sehe keinen Anlass, dass wir daran etwas ändern. Wir haben im Sitzungssaal genug freie Plätze, damit die Bürger kommen und sich die Sache vor Ort anschauen können.“ Und in der Tat scheint es aktuell zumindest in den Sitzungssälen der Talgemeinden nicht wirklich voll zu sein.

Kreuths Bürgermeister Josef Bierschneider weist auch noch auf den finanziellen Aufwand hin: „Das ist im Moment nicht drin.“ Eine derartige Ausstattung des Sitzungssaals würde jede Gemeinde im Tegernseer Tal einmalig rund 20.000 Euro kosten.

Jedoch sind nicht alle Politiker dieser Meinung. Thomas Mandl (SPD), Stadtrat aus Tegernsee und Rolf Neresheimer (ranBW) aus Bad Wiessee befürworten die Aktion der Schlierseer. “Die Notwendigkeit sich ins Rathaus zu begeben um an der Gemeindepolitik teilzuhaben ist eine große Barriere. Sowohl zeitlich als auch organisatorisch”, meint Neresheimer. Er ist der Meinung, dass es nicht nötig sein sollte, in die Gemeinderatssitzungen zu gehen, um an den Themen teilzuhaben

Rolf Neresheimer von RAN würde eine Live-Übertragung aus dem Wiesseer Gemeinderat befürworten / Archvbild
Rolf Neresheimer von ranBW würde eine Live-Übertragung aus dem Wiesseer Gemeinderat befürworten. / Archvbild

„Es ist wichtig, dass man auch zeitversetzt die Sitzungen nochmal ansehen kann. So vertieft man das Interesse der Bürger und setzt die Hemmschwelle herunter“, sagt Neresheimer. Eine solche Aktion eigne sich auch für Bad Wiessee, da es dort viele öffentlich relevante Themen gebe. Der gleichen Meinung ist der Tegernseer Gemeinderat Thomas Mandl. „Wir haben teilweise eine Politikverdrossenheit und eine Wahlbeteiligung von unter 50 Prozent.“ Das müsse sich ändern. Auch betont er:

Wir haben neue technische Möglichkeiten, transparenter zu werden. Ich sehe nicht ein, warum wir die nicht nutzen sollten.

Die SPD setzt sich gemeinsam mit den Freien Wählern für die Onlineübertragung der Sitzungen ein. „Ich sehe da die Politik in der Bringschuld“, so Mandl abschließend. Vielleicht trifft der Gemeinderat Schliersee also am 21. Oktober erneut eine Entscheidung entgegen aller Erwartungen.

Schon beim Zusammenschluss von ATS und TTT scheiterten die Pläne an der Entscheidung von Schliersee. Diesmal könnte die Entscheidung für eine Onlineübertragung jedoch einen Stein ins Rollen bringen, der vor allem für die Bürger von Vorteil wäre. Hirsch ist sich jedenfalls sicher: „Andere Gemeinden werden nach und nach folgen.“

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