„Preise nicht real nachzuvollziehen“

Auf Einladung der Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal sprach Prof. Hubert Weiger, Vorsitzender vom Bund Naturschutz in Bayern, vergangene Woche im Barocksaal.

Dabei redete er den Anwesenden ins Gewissen und sprach von einem kannibalistischen Wettbewerb zwischen den Gemeinden. Aufmerksamer Zuhörer war dabei Grünen-Landrat Wolfgang Rzehak.

Immer mehr alte Häuser am Tegernsee fallen dem Immobilienboom zum Opfer.
Immer mehr alte Häuser am Tegernsee fallen dem Immobilienboom zum Opfer.

Ein prominenter Gast redete vergangene Woche im Barocksaal den Investoren am Tegernsee ins Gewissen. Auf Einladung der Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal prangerte Prof. Hubert Weiger die stete Umwandlung von Grünflächen in Bauland an.

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Die meisten Bürgermeister agierten nach dem Prinzip „Hilfst Du mir bei meinem Industriegebiet, helf’ ich Dir bei Deinem“. Oder sie lieferten sich im Anbieten von Standort-Vorteilen einen „kannibalistischen“ Wettbewerb, sodass einfach weiter verbaut werde.

„Das Tal ist voll”

„Der Trend zu einer Geldwert-Sicherung durch Immobilien am Tegernsee treibt deren Preis und die der Grundstücke in erschreckende Höhen“, weiß Weiger. Im Landkreis Miesbach gebe es statt acht Maklern wie noch im Jahr 1980 heute an die 90 – davon auch international tätige. „Das Tal ist voll“, stellte Weiger fest.

Kein Wunder also, dass auch kleinere landwirtschaftliche Betriebe der Versuchung hoher finanzieller Angebote erlägen – oder auch Erbengemeinschaften von alten Villen. Die Folge: Der hohe Einkaufspreis zwinge die Investoren, das Höchstmögliche an Bebauung und an Verkaufserlösen wieder herauszuholen, erläutert Weiger.
 
Das Preisgefüge ergibt sich aus überhöhter Nachfrage und dem knappen Angebot. Für Talbürger seien die Preise wohl niemals erschwinglich oder real nachzuvollziehen. Was passiere aber, wenn die internationale Nachfrage nachlasse, fragt sich der Vorsitzende des Bundes Naturschutz. Als möglichen Auslöser für eine solche Entwicklung gibt Weiger die Sanktionen gegen Russland und den damit einhergehenden Wirtschaftsabschwung an.

Landrat im Publikum

„Wehret den Anfängen heißt es gern“, so Weiger. Aber die Anfänge im Verkauf der Kulturlandschaft habe man hier bereits weit hinter sich: Durch Landschaftsverbrauch und fehlender Achtung vor dem Landschaftsschutz, dem Naturschutz und vor den Werten einer schön gewachsenen Tradition.

Mehr noch als mit Unterschriftenlisten gegen anzuprangernde Projekte sollten die Bürger Flagge zeigen, forderte Weiger die Anwesenden auf. Er rät, persönliche Briefe zu schreiben: An Minister, Landräte, Bürgermeister, an Kommunalvertreter. Diese Briefe werden zwar nicht oder nur teilweise gelesen, sagt er, aber sie beeindrucken durch ihre Vielzahl. „Unsere Heimat und ihre Landschaft sollten es uns wert sein.“

An den Miesbacher Landrat Wolfgang Rzehak muss diese Botschaft allerdings nicht extra herangetragen werden. Er saß während der Veranstaltung im Publikum. Und vielleicht findet so die Ansprache ja ihren Weg in die politische Wirklichkeit.

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