Im Juli letzten Jahres schlugen zwei Brüder, scheinbar grundlos, auf eine Reinigungskraft des Holzkirchner Bahnhofs ein. Der 38-Jährige Münchner wollte lediglich seiner Reinigungstätigkeit nachgehen und bat eine Gruppe von Personen kurz zur Seite zu gehen, um auch diesen Bereich säubern zu können. Zwei Brüder fühlten sich von dieser Aufforderung derart provoziert, dass sie auf den 38-Jährigen einschlugen.
Sogar als dieser am Boden lag, traten sie weiter auf ihn ein. Ein Zeuge schaffte es noch, die Täter vor ihrer Flucht zu fotografieren. Der 38-Jährige erlitt einen Bruch des Sprunggelenks und erhebliche Prellungen im Bauchbereich sowie eine Platzwunde am Kopf.
Jüngere Bruder redet sich raus
Nun standen die beiden Brüder (27 und 32 Jahre) wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Amtsrichter. Nach Verlesung der Anklage sagte der Jüngere sogleich aus, dass nur der ältere Bruder in die Schlägerei verwickelt gewesen war. Dieser bestätigte die Aussage.
“Nur” zweimal sei mit der Faust geschlagen worden. Niemand hätte den am Boden Liegenden getreten. Worum es in dem Streit ging, wüsste er nicht mehr. Der Ältere erklärte:
Um eine Zigarette oder so. Ich weiß es nicht mehr. Aber er hat uns immer wieder angesprochen, aufgefordert wegzugehen. Beim dritten Mal habe ich Angst bekommen und zugeschlagen.
Die seit 2007 in Holzkirchen lebenden Brüder, hatten mit der Verlobten des einen und einem gemeinsamen Freund am Bahnhof Bier getrunken. Dabei hatten sie nach Aussage des Geschädigten auf der Treppe gesessen und diese auch mit ihren abgestellten Flaschen komplett blockiert.
Der 38-jährige Reinigungsmann äußerte gestern vor Gericht, die drei Männer und eine Frau aufgefordert zu haben, die Treppe zu räumen und die Bierflaschen zu beseitigen. „Haben Sie aber nicht gemacht“, erklärte er weiter. „Da habe ich ihnen gesagt, dass ich dann die Security rufe und sie Hausverbot bekommen.“
Daraufhin habe er unvermittelt einen Schlag gegen den Kopf bekommen und sei ohnmächtig geworden. Erst im Krankenwagen sei er wieder zu sich gekommen. Im Krankenhaus Agatharied musste er fast drei Stunden warten und es war immer noch kein Arzt in Sicht.
Schwere Verletzungen am Bein
Um endlich behandelt zu werden, fuhr ihn ein Freund schließlich in ein Krankenhaus nach München. Dort wurde eine Platzwunde am Kopf, Blutergüsse und ein Bruch am Fuß festgestellt, wegen dem er insgesamt sieben Schrauben ins Bein bekam:
Eine ist immer noch drin, eventuell muss ich noch einmal operiert werden. Bis heute kann ich nicht richtig arbeiten und bin immer wieder krankgeschrieben.
Allerdings konnte er nicht mehr sagen, wer ihn in welchem Maße geschlagen und getreten hatte. Auch die Auswertung eines Überwachungsvideos konnte da nicht helfen. Doch es gab zwei Zeugen. Ein 16-jähriger Schüler war auf dem Weg in’s ein Schwimmbad und konnte die Tat beobachten.
Zeugenaufruf in Medien erfolgreich
Nach dem Aufruf der Polizei in den Medien hat sich der Junge bei den Beamten gemeldet. Er hatte gesehen, dass beide Brüder an der Tat beteiligt waren. Auch der Hauptzeuge, ein Rentner der auf dem Rückweg vom Tegernsee war, erklärte, dass beide Männer geschlagen und getreten hatten. Er war es auch, der Fotos von den Beschuldigten gemacht hatte, anhand derer letztendlich die Täter gefunden werden konnten.
Ein als Zeuge geladener Polizeibeamter erzählte, dass mit den Fotos zunächst die Verlobte einer der beiden Brüder ausfindig gemacht werden konnte und letztendlich die zwei Angeklagten vor dem HEP angetroffen wurden. Richter Leitner lobte die Zivilcourage des Rentners. Dieser hatte die Polizei gerufen und war bei dem am Boden liegenden Opfer geblieben, bis der Krankenwagen eintraf. “Der war von dem Angriff ganz benommen”, so der Rentner.
Der Zeuge betonte auch die Brutalität mit der die Brüder vorgegangen sind und beschrieb vor Gericht die Szene:
Der Eine hat voll ausgeholt und zugetreten. Es sah aus wie eine Sense. Der Geschädigte hatte nur Glück, dass er knapp verfehlt wurde.
Der Staatsanwalt betonte in seinem Plädoyer ebenfalls die Heftigkeit des Angriffs. Er sah es als erwiesen an, dass beide Brüder an der Tat beteiligt waren. So beantragte er für beide Brüder ein Jahr Freiheitsstrafe. Aufgrund der Ersttäterschaft forderte er, die Strafe auf drei Jahr zur Bewährung auszusetzen. Der Geschädigte solle von jedem der Brüder 1.500 Euro Schmerzensgeld erhalten.
Richter Leitner verkürzte in seinem Urteil die Strafe leicht, auf nur elf Monate. Ansonsten schloss er sich der Forderung der Staatsanwaltschaft an. Zudem machte er den nun verurteilten Brüdern klar, dass der Geschädigte immer noch zivilrechtlich Schadensersatz einklagen könne.
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