Wie selbstbestimmt dürfen wir sterben? Anfang Juli 2023 stimmen unsere Abgeordnete über die Reform der Sterbehilfe ab. Alexander Radwan (CSU) und Karl Bär (Bündnis 90/ die Grünen) haben wir dazu befragt:
2020 erklärte das Bundesverfassungsgericht das Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe für verfassungswidrig. Jetzt muss der Bundestag wieder abstimmen. Eine Entscheidung soll es noch vor der Sommerpause geben. Die Schlussabstimmung über zwei Vorschläge zu Gesetzentwürfen wird vor. Anfang Juli 2023 stattfinden und – wie bei ethischen Fragen üblich – ohne Fraktionszwang erfolgen. Das ist wichtig. Sterbehilfe eignet sich nicht für Parteiengezänk, ist für viele ein sehr persönliches Thema.
Klingt weit weg, ist aber sehr nah. Das Tegernseer Tal, wie auch der Landkreis Miesbach hat es mehr als andere Regionen mit steigenden Zahlen von älteren Menschen, ab 65, zu tun. Der Tod ist also hier zwangsläufig ein größeres Thema. Ob der Skandal im Schlierseer Pflegeheim oder die Initiative für Hospizhäuser im Landkreis – der Tod (nicht nur) im Alter hat bei uns viele Dimensionen und wirf und immer auf die Frage zurück: “Wie wollen und sollen wir sterben?”
Wir haben vor der Abstimmung im Juli 2023 unsere zuständigen Bundestagsabgeordneten nach ihrer Sicht befragt: Alexander Radwan von der CSU macht den Anfang. Morgen kommt die Position des Abgeordneten der Grünen, Karl Bär.
“Als Abgeordnete ringen wir um einen Kompromiss zwischen dem Recht auf selbstbestimmtes Sterben auf der einen und einer staatlichen Schutzpflicht andererseits. Ich weiß aus persönlicher Erfahrung, dass in manchem Fall der freiwillige Tod für einen Menschen das erwünschte Ende eines extremen Leidenszustands ist. Das gilt es anzuerkennen und in engen Grenzen möglich zu machen. Gleichwohl müssen Missbrauchsgefahren verhindert werden. Eine Entscheidung zum Suizid muss immer absolut autonom erfolgen. Auf keinen Fall dürfen soziale Pressionen und Einflussnahmen entstehen, die die Autonomie eines Suizid-Willigen untergraben. Niemand sollte sich zum Sterben genötigt sehen, etwa um anderen nicht mehr zur Last zu fallen. Zudem stehen wir als Gesetzgeber auch in der Verantwortung, einen assistierten Suizid zu verhindern, der nur aufgrund kurzfristiger Ausnahmezustände oder psychosozialer Krisensituationen entsteht. Und die Hilfe zum Suizid darf weder kommerzialisiert noch grundsätzlich normalisiert werden.
Ich lehne daher die geschäftsmäßige Suizid-Hilfe und insbesondere gewisse Formen der Werbung für Suizid-Hilfe ab und tendiere zum Gesetzesentwurf um Castellucci und Heveling. Sterbehilfe muss ermöglicht, aber durch gewissenhafte medizinische und psychologische Beratung flankiert werden Alexander Radwan
Zudem müssen wir die Suizidprävention deutlich stärken und dafür sorgen, dass eine würdevolle Begleitung, Pflege und Therapie für schwerkranke, depressive oder einfach lebenssatte Menschen jederzeit erreichbar und eine möglicherweise bessere Alternative zum Freitod ist.”
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