Amtsgericht Miesbach
Rasende Reue? 19-jähriger Rottacher geständig

Eine Verfolgungsjagd mit der Polizei; – mit einem Auto ohne Zulassung und gefälschten Kennzeichen. Darin? Ein bekiffter 19-Jähriger, der keinen Führerschein hat.

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Amtgericht Miesbach. / Foto: Redaktion

An einem Abend im Mai muss es ihn gepackt haben. Der 19-Jährige aus Rottach-Egern steigt in seinen Audi und braust von Tegernsee nach Gmund. Bei St. Quirin gerät er in eine Verkehrskontrolle der Polizei Bad Wiessee. Er hält an. Als die Polizisten aussteigen, steigt er aufs Gas. Auf bis zu 180 Km/h soll er beschleunigt haben. So schnell, dass er die Polizei kurzzeitig abhängen kann. Er überholt, weicht gefährlich auf die Gegenfahrbahn auf und fährt in die Gegenrichtung in den Kreisverkehr bei Seeglas, bevor er die Bundesstraße nach Hausham rauf heizt.

Auf der Anklagebank

Vor der Strafverfolgung schützt ihn das nicht: Jetzt sitzt der schmächtige 19-Jähriger auf der Anklagebank im Amtsgericht Miesbach. Blass um die Nase, die Schultern leicht nach vorne gebeugt, den Blick konzentriert auf die Tischplatte vor ihm. Er trägt eine dunkle Lederjacke, darunter ein akkurates weißes Hemd, seine halblangen Haare sind nach hinten gegelt. Der Platz neben ihm bleibt leer. Im Publikum sitzt seine Mutter in Begleitung einer jungen Frau.

Gleich mehrere Straftaten an einem Abend hat der Teenager im Mai dieses Jahres geschossen. Es geht um Urkundenfälschung, Kennzeichenmissbrauch, Fahren ohne Fahrerlaubnis, Autorennen und ordentlich Cannabis im Hirn und Blut (8,9 THC ergab der Bluttest.)

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Fahrspaß mit Kick?

Vom Richter nach den Taten gefragt, gibt er alles zu und betont: “Ich habe am Ende freiwillig angehalten”. Er habe das Auto nur heimfahren wollen und “dann hat es Spaß gemacht”. Eine Entschuldigung kommt nicht. Ob ihm klar sei, wie viel Glück er gehabt habe? Was er hätte blechen müsste, wenn er einen Familienvater oder die Haupternährerin der Familie totgefahren hätte? Die Frage steht im Raum. “Bettelarm” würde er sein, erklärt ihm der Richter und, dass sein ganzes Leben dafür zahlen müsse. Im doppelten Wortsinn.

Der Angeklagte kommt aus zerrütteten Familienverhältnissen, hat jahrelang beim Vater gelebt, bevor er zur Mutter an den Tegernsee gezogen ist. Zwei Eintragungen stehen in seinem Erziehungsregister, da geht es um Diebstahl und sexuelle Belästigung. Eigentlich steht da noch eine Dritte, aber da es hier um den Besitz von Cannabis geht, bleibt der Richter cool, “ich gehe mal davon aus, das waren unter 25 Gramm.”

Jung, zerrüttet, arbeitssuchend

Zwei Jahre hat er eine Lehre zum Kfz-Mechatroniker gemacht, dann wurde er rausgeworfen. Auch jetzt sei sein Hobby “an Autos rumschrauben oder sie tunen”. Seitdem ist er auf Arbeitssuche. Wie ernst er das nimmt, will der Richter von der Mutter auf Zuruf wissen. Die bestätigt seinen Einsatz, merkt aber verzweifelnd an, “dass aber halt nichts kommt”.

Die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe gibt Einblick in das Hin und Her seines Lebens. Dass er schon als Kind psychologische Hilfe brauchte. Aber auch, dass er offen mit seinen Taten umgeht und auf sie einen “offenen und ehrlichen Eindruck” gemacht habe. Aktuell sei er gerade “nicht in der besten psychischen Verfassung” und auch “Reifeverzögerungen” wären nicht auszuschließen. Vom Drogenkonsum habe er sich verabschiedet.

Um ein Haar im Jugendarrest

Weil er auch im Gerichtssaal geständig ist, fällt die Zeugenanhörung aus und er schrammt am Jugendarrest vorbei. “Mit einem blauen Auge” sei der 19-Jährige aus Rottach-Egern davongekommen, so die Staatsanwaltschaft in ihrem Schlussplädoyer. Er warnt den Angeklagten nochmal eindringlich, “dass man von Glück sagen kann, dass kein anderes Gefährt unterwegs war.”

Der Richter folgt weitgehend der Staatsanwaltschaft: Der Rennfahrer wird nach Jugendstrafrecht verurteilt. Er kommt mit 52 Sozialstunden und drei Beratungsstunden davon. Außerdem muss er die Kosten für den Prozess tragen, darf in den nächsten neun Monaten nicht den Führerschein machen und für einen Monat keinerlei Kraftfahrzeuge fahren.

Das Urteil ist in einer Woche rechtskräftig, sofern der Angeklagte keine Berufung einlegt.

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