Die Gemeinde hat zwar der Flächenverdichtung den Kampf angesagt. Doch die Bayerische Bauordnung hängt wie ein Damoklesschwert über jeder Entscheidung.
In der Georg-Hirth-Straße ist ein neues großes Bauprojekt in Planung. Der Gemeinde Rottach-Egern liegt ein Antrag auf Vorbescheid der Innovativ Wohnbau GmbH vor, die auf dem Areal mit der Hausnummer 57, das drei Grundstücke umfasst, insgesamt fünf Wohnhäuser mit Tiefgaragenplätzen errichten möchte.
Momentan steht auf der gut 5.000 Quadratmeter großen Fläche nur ein kleineres altes Haus, das nun weichen soll, um stattdessen fünf neue zu errichten. Da es in der Georg-Hirth-Straße an der Ecke zur Sonnenmoosstraße bereits ein Referenzanwesen mit sehr ähnlicher Bebauung gibt, hat der Bauträger sich bei seiner Planung daran orientiert.
Bauwerber verkleinert freiwillig
Nachdem diese Pläne bei der Gemeinde zur Prüfung eingereicht waren, erstellte der Bauwerber überraschend und ohne Aufforderung noch eine zweite, wesentlich abgespeckte Planungsvariante, die weniger Wohneinheiten zugunsten von mehr Garten- und Grünflächen vorsieht. Über den Vorbescheid bezüglich dieser kleineren Planungsvariante wurde am Dienstagabend im Gemeinderat abgestimmt.
Bürgermeister Christian Köck stellte gleich zu Beginn der Diskussion fest, dass in seinen Augen „eine derartig massive Bebauung weder ratsam, noch schön anzuschauen“ sei. Auch sei die Genehmigung weiterer Referenzprojekte im Kampf gegen die zunehmende Flächenverdichtung nicht unbedingt förderlich. Doch er stellte auch klar:
Wir wollen keine Bauverhinderungsplanung betreiben, sondern eine sinnvolle Bauleitplanung.
Dem stimmte auch Gabriele Schultes-Jaskolla (FWG) zu, die es für „einen guten Weg“ hielt, „wenn ein Bauträger freiwillig von dem zurücktritt, was er rechtlich durchsetzen könnte“. Sie empfand zudem die Flächenentwicklung in dem Gebiet als „durchaus stimmig“. Ihr Parteikollege Hermann Ulbricht betonte, dass an dem Platz eindeutig Baurecht bestehe, gegen das man keine Handhabe habe, „auch wenn es schade ist, dass dort wieder eine große Fläche verschwindet“.
Gemeinderat gespalten
Positiv überrascht von der freiwilligen zweiten Planungsvariante zeigten sich alle Gemeinderäte, doch nahm diese Geste nicht jeden Stimmberechtigten für das Großbauprojekt ein. Josef Lang (CSU) war vehement dagegen: „Ich bin nicht für so etwas. Der Bauträger kann das nur so machen, weil er Tiefgaragen baut“, schimpfte er. Florian Baier (CSU) fand die Planung ebenfalls zu massiv: „Das erschlägt alle anderen Bauten.“
„Man büßt jetzt für die Sünden aus den 80er-Jahren“, stellte Dr. Klaus Fresenius (FWG) fest und sprach sich ebenfalls gegen die Bebauung aus. „Man soll es den Werbern auch nicht zu leicht machen“, fand er, „sondern ein deutliches Signal setzen, dass dies nicht erwünscht ist.“ Auch Thomas Tomaschek (Grüne) stimmte dagegen und warnte: „Wir schaffen so immer weitere Referenzfälle.“
Rechtsstreitigkeiten vermeiden
Im Fokus der Diskussion stand besonders die Möglichkeit des Bauwerbers, gegen eine Ablehnung seiner Planung zu klagen. Als übergeordnete Genehmigungsbehörde kann das Landratsamt die Entscheidung der Kommunen ersetzen und Dinge genehmigen, die der Gemeinderat zuvor abgelehnt hatte. Doch auch die Klagefreudigkeit der Bauträger nimmt zu. Sie wollen ihre Ziele auf gerichtlichem Wege durchzusetzen. Im Falle eines verlorenen Prozesses wäre die Gemeinde regresspflichtig, was sie teuer zu stehen kommen könnte.
Über den Umweg einer Klage könnte im konkreten Fall der Bauwerber auch seine erste größere Planung durchaus noch durchsetzen. Doch – in dem Punkt war man sich einig – sollte diese, wenn irgend möglich, verhindert werden. „Die letzten Erfolge sollten uns jetzt nicht übermütig werden lassen“, spielte Köck auf die Fälle der letzten Zeit an, in denen sich die Gemeinde erfolgreich gegen zu massive Bebauung gewehrt hatte, und fügte hinzu:
Hier habe ich ein bisschen Bauchweh und rechne damit, dass wir unterliegen würden.
Auch Walter Hübsch sprach sich als noch amtierender Bauamtsleiter für die reduzierte Planung als ‚Spatz in der Hand’ aus. So ergab sich bei der Abstimmung am Ende eine hauchdünne Mehrheit von nur einer Stimme für die Erteilung des positiven Vorbescheids: Von den 17 anwesenden Stimmberechtigten waren neun dafür und acht dagegen.
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