Besucht man heute den Parkplatz des Tengelmann in Dürnbach kann man sich kaum vorstellen, wie es im letzten Winter zu dem Unfall kommen konnte. Die Sonne strahlt, es steht reichlich Platz zum Rangieren zur Verfügung. Am 21. Dezember gegen 18 Uhr sieht es hier allerdings deutlich anders aus. Die Sonne geht um die Uhrzeit schon unter, die Scheiben sind beschlagen und die „staade“ Zeit zeichnet sich mal wieder hauptsächlich durch Hektik aus.
Eine Gmunderin ist jeweils am 21. und am 22. Dezember beim Supermarkt einkaufen und stellt am 22. fest, dass ihr Opel an der Frontseite erheblich beschädigt worden war. Einen richtigen Triangel hatte ein anderes Fahrzeug vorn aus dem Wagen gezogen.
Zeuge aus Sankt Petersburg
Die Gmunderin bringt den Vorfall zur Anzeige. Die Beamten können anhand der Lackspuren feststellen, dass der Unfallverursacher einen blauen Wagen gefahren haben muss. Die Geschädigte hägt Zettel aus, auf denen sie Zeugen bittet, sich zu melden. Und tatsächlich hat der Sohn einer am Tegernsee wohnhaften Russin den Vorfall bemerkt und sogar mit dem Handy das Kennzeichen des Unfallverursachers fotografiert.
Die Polizei ermittelt daraufhin eine 18-Jährige aus Rottach-Egern als Fahrerin eines blauen BMW. Die Auszubildende gibt bei der Vernehmung an, zwar am 21. Dezember auf dem Parkplatz gewesen zu sein, am 22. sei sie jedoch nicht einmal in der Nähe gewesen. Ihre Mutter habe den Wagen gefahren und wäre auch nur in Rottach unterwegs gewesen. Von dem Unfall habe sie nichts bemerkt.
Wer fuhr wann wo?
Für die Staatsanwaltschaft ist die Sache dagegen klar: die junge Frau habe sich vom Unfallort entfernst. Und so landet der Fall vor dem Miesbacher Amtsgericht. Unklarheit besteht vor Gericht vor allem darüber, an welchem Tag der Unfall passiert sei. Sowohl die Aussagen des Zeugen, der die Fotos gemacht hatte und nun wieder in Sankt Petersburg lebt, als auch das Protokoll der Polizei sind nicht eindeutig.
Für den 22. Dezember können aber Mutter wie auch Tochter nachweisen, nicht am Unfallort gewesen zu sein. Daher muss sogar ein zweiter Gerichtstermin anberaumt werden, um das am Ende entscheidende Detail zu klären. Zu dem zweiten Verhandlungstag am heutigen Montag sind als Zeugin der Verteidigung eine Freundin der beschuldigten geladen. Die junge Frau soll bestätigen, dass die 18-Jährige am 22. Dezember bei ihr war.
Doch das Detail ist mittlerweile nicht mehr ganz entscheidend. Denn der Zeuge aus Russland hat in der Zwischenzeit erklärt, dass er die Fotos am 21. Dezember gemacht hatte, also an dem Tag, an dem die Angeklagte auch tatsächlich auf dem Parkplatz war. Doch für ihren Verteidiger ist die Sache nicht so klar, wie es scheint. Die Rottacherin habe Musik gehört, das Gebläse sei angeschaltet gewesen.
Ich bin jetzt zweimal in dem Auto mitgefahren: Das ist eine derartige Rappelkiste. Da kann sie den Unfall überhört haben.
Eine Sichtweise, die zumindest die Staatsanwältin nicht teilt. Sie ist eher der Ansicht, dass der Schaden so erheblich gewesen sei, dass die Angeklagte den Unfall hätte bemerken müssen und daher den Unfallort bewusst verlassen habe. Daher forderte sie heute als Strafe 32 Arbeitsstunden bei einer sozialen Einrichtung, den Entzug der Fahrerlaubnis für einen Monat sowie die Übernahme der Kosten des Verfahrens.
Mildes Urteil
Auch Richter Klaus-Jürgen Schmid ist bei der Verhandlung der Ansicht, dass die Angeklagte den Unfall bemerkt haben musste. Er sei selbst lange Jahre als Staatsanwalt im Bereich Verkehrsvergehen tätig gewesen und habe dort entsprechende Tests zur Genüge mitgemacht, um das beurteilen zu können.
Allerdings fällt die von ihm verhängte Strafe deutlich milder aus, als von der Staatsanwältin gefordert. So wird die Rottacherin zu 16 Arbeitsstunden verurteilt. Den Führerschein muss sie für einen Monat abgeben. Die Kosten des Verfahrens werden ihr vom Gericht dagegen erlassen.
SOCIAL MEDIA SEITEN