Drei Schwerpunkte sind es, die Huber zukünftig im Landkreis setzen würde. Wir haben den Landratskandidaten und aktuellen Wiesseer Vize-Bürgermeister getroffen und zu seinen politischen Zielen befragt.
Robert Huber wirft sechs Jahre Kreistags-Erfahrung, zwölf Jahre Gemeinderatserfahrung und sechs Jahre Vize-Bürgermeisterschaft in die Waagschale des Wahlkampfes. Nachdem er einige Jahre als selbstständiger KFZ-Meister tätig war, leitet er jetzt den Fuhrpark der Stadtverwaltung Tegernsee. Bei der Lenggrieser Baugenossenschaft ist er seit langem Aufsichtsratsvorsitzender. Dass es zwar viel anzupacken gibt als Landrat, dafür aber nur bedingt Finanzen zur Verfügung stehen, ist dem 54-Jährigen klar. „Runter vom Gas!“, so seine Empfehlung.
Tegernseer Stimme: Grüß Gott Herr Huber, Sie gehen nun zum zweiten Mal für die SPD ins Rennen um den Posten des Landrates – was ist Ihr Antrieb?
Robert Huber: Ich war mir immer sicher, dass ich neue Impulse einbringen kann. Da ist es mir auch egal, wer gerade Amtsinhaber ist und welche Chancen dieser hat. Meine Mitbewerber sind meiner Meinung nach nur auf den Zug aufgesprungen.
Sie haben sich im Gegenzug zu den anderen schon sehr früh für die Kandidatur entschieden. Warum sind Sie der Richtige für diesen Posten?
Huber: Ich bringe eine sozialdemokratische Grundeinstellung mit. Und das hat jetzt nichts mit der Partei zu tun. Außerdem kann ich anpacken und klar rechnen gleichermaßen. Im praktischen Bereich kam mir meine Ausbildung als KFZ-Meister zugute. Als Leiter der Baugenossenschaft Lenggries weiß ich, wie man ein Unternehmen und Mitarbeiter führt. Und weil ich Kreisrechnungsprüfer bin, ist mir keine Zahl im Landkreishaushalt unbekannt.
Hätten Ihnen dann die über 33.217,42 Euro nicht auffallen müssen, die der Landkreis für die Geburtstagsfeier des amtierenden Landrats ausgegeben hat?
Huber: Soweit mir bekannt ist, war das im Haushalt in der Stelle „Öffentlichkeitsarbeit“ angesetzt. Dass dort die Geburtstagsfeier „mit verwurstet“ wurde, konnte ich natürlich nicht ahnen.
Ist Ihre Chance – angesichts der Querelen rund um den amtierenden Landrat Jakob Kreidl – so groß wie nie?
Huber: Die Ausgangssituation gegenüber 2008 hat sich grundlegend geändert. Der amtierende Landrat hat seine Überperson vollkommen verloren. Nachdem die Mitbewerber das gesehen haben, haben sie sich letztendlich aus ihren Hinterzimmern getraut. Mir war das immer schon egal. Mir geht es darum, Themen zu diskutieren – und nicht darum, dass ich Landrat werde.
Im TS-Interview im Mai sagten Sie, Jakob Kreidl sei nicht Opfer, sondern Täter. Hat sich dieser Eindruck durch die jüngsten Entwicklungen bestärkt?
Huber: Ja, das hat es. Jetzt ist die Situation eingetreten, dass Jakob Kreidl von seinem Sockel gestoßen worden ist.
Sie sagten im Oktober 2013 auch, dass Sie einen anderen Politikstil pflegen wollen als der Amtsinhaber. Was bedeutet das?
Huber: Da kann ich nur von mir ausgehen. Ich bin jemand, der gerne in Gremien arbeitet, ein Mensch, der Reflexion braucht. Alleine vorne wegzumarschieren, das bin ich nicht. Am liebsten arbeite ich in Gruppen von fünf oder zehn Leuten, wo jeder seine Kompetenzen einbringt. Wo man darum bittet: Ich brauche euch, bitte helft’s mir.
Bringt das nicht eher Trittbrettfahrer auf den Plan, die sich dann selbst den Erfolg eines Projekts auf die Fahnen schreiben?
Huber: Das macht mir nichts. Da zählt die Gruppe.
Höflich und grantig
Sie scheinen viel Verständnis zu haben und vieles zu tolerieren. Was sind Ihre schlechten Eigenschaften?
Huber: Manchmal bin ich zu emotional. Außerdem kann ich grantig werden, wenn jemand nicht bestimmte Höflichkeitsformen einhält.
Zurzeit sind Sie als Vize-Bürgermeister von Bad Wiessee aktiv. Welche politischen Erfolge der letzten Jahre schreiben Sie sich persönlich auf die Fahne?
Huber: Mit dem Wort „persönlich“ bin ich immer ein bisschen vorsichtig. Zum Beispiel begleite ich persönlich das Werden des Wiesseer Rettungszentrums zwar schon seit Jahren, in Wirklichkeit ist das aber in der Gruppe geschafft worden.
Eines Ihrer Kernanliegen lautet, bezahlbaren Wohnraum für Familien zu schaffen. Wie kann das gelingen?
Huber: Jeder, der normal in Lohn und Brot steht, soll sich das Leben im Tal leisten können. Zu diesem Zweck wollen wir den jetzigen Grundstücksmarkt verändern und ein Eigenunternehmen entstehen lassen. Dann können die 200 gemeindeeigenen Wiesseer Wohnungen endlich saniert werden. Auch im Landkreis soll sich was ändern: In jeder Gemeinde und auch im Landratsamt soll eine Stelle eingerichtet werden, an die sich Bürger hinwenden können. Spekulanten haben dadurch große Nachteile – Familien dafür Vorteile.
Die Gesellschaft wird immer älter. Wie wollen Sie die Probleme, die aus der demographischen Entwicklung resultieren, angehen?
Huber: Für mich gibt es da drei Säulen: Zuerst muss es möglich sein, dass Menschen auch im Alter zuhause leben können, ohne zu vereinsamen, zu verdummen oder zu verschmutzen. Manche haben keinerlei soziale Kontakte. Die Versorgung muss über das rein Medizinische hinausgehen. Sonst wird das ein Elend. Zweitens müssen wir die Kurzzeitpflege ausweiten, damit sich Angehörige etwa von Demenzkranken für ein paar Stunden oder Tage ausruhen können. Das Dritte ist die dauerhafte Heimunterbringung, an der wir arbeiten müssen. Hier brauchen wir eine Trennung von Altenheimen zu Pflegeheimen. Diese Probleme werden unsere Gesellschaft an ihre Grenzen führen.
An ihre Grenzen führen – das klingt nicht sehr rosig und nach großen Anstrengungen?
Huber: Ja, diese Herausforderung ist nicht besonders prickelnd, aber ich sehe es als Verpflichtung, und natürlich wird es viel Geld kosten.
Und woher soll das Geld kommen, bei der Schuldensituation im Landkreis?
Huber: Hier müssen Bund, Land und Kreis zusammenarbeiten. Auch die Wirtschaft ist in der Verpflichtung. Denken Sie beispielsweise einmal daran, wie viel Geld wir verbrannt haben, um Banken zu retten.
Gegen das große Geld und für den Erhalt der dörflichen Strukturen wollen Sie eintreten. Was darf man darunter verstehen?
Huber: Zum Beispiel kein Supermarkt am Ortsrand. Viele unserer Orte entwickeln sich in die falsche Richtung. Mit KIK, Aldi und Co. nehmen wir den Orten ihre Seele. Ich würde als Landrat einen Katalog aufstellen. Wenn man bestimmte Dinge macht, was dann passiert. Zum Beispiel, wenn ich Gewerbebetriebe rausnehme, was das dann für Auswirkungen hat. Gewerbebetriebe – auch wenn sie mal Lärm machen – gehören in den Ort. Auch Schulen gehören für mich mitten in den Ort.
Dann ist die Realschule in Gmund auch falsch platziert?
Huber: Grundsätzlich bin ich ein Befürworter der Realschule Tegernseer Tal, das habe ich von Anfang an gesagt. Aber ich hätte die Schule bei uns im Ort gelassen. Doch das ließ sich mehrheitlich nicht durchsetzen.
Auch der Schuldenstand im Landkreis ist mit rund 130 Millionen durchaus beachtlich, wie wollen Sie den Haushalt sanieren?
Huber: Eine klassische Sanierung ist zum Glück nicht notwendig. Wir haben uns sozusagen zielgerichtet verschuldet. Das heißt, wir haben ein Finanzkonzept für Schulbauten aufgestellt, das wir durch Rückzahlungen abbezahlen. Allerdings sind finanziell keine Spielräume mehr gegeben. Alles, was wir Neues anpacken, muss sich aus sich selbst heraus finanzieren.
Bleibt der Landkreis mit den Schulden überhaupt handlungsfähig?
Huber: Handlungsfähig bleibt er schon, aber der Haushalt ist halt sehr auf Kante genäht.
Und warum konnte man sich dann solche Ausgaben für Geburtstagsfeiern und in der Öffentlichkeitsarbeit leisten?
Huber: Das kann ich Ihnen, ehrlich gesagt, auch nicht sagen, warum da die Kontrollmechanismen nicht gegriffen haben. Da hätte man einbremsen müssen. „Runter vom Gas!“ – ich verstehe nicht, warum das in diesem Fall keiner gesagt hat.
Wie geht es weiter mit der TTT?
Lassen Sie uns noch zu ein paar ganz anderen Themen kommen. Die geplante Fusion von TTT und ATS zu einer landkreisweiten Tourismusorganisation hat bislang für viel Aufregung gesorgt. Ist sie in Ihren Augen der richtige Schritt?
Huber: Ja, da stehe ich voll dahinter. Wir müssen uns als Tourismusregion verstehen. Nur der zeitliche Druck, der da ausgeübt wurde, auch im Fall Schliersee, der hat mir nicht gefallen.
Der Landkreis hat das ehrgeizige Ziel, bis 2035 energieautark zu sein, ausgegeben. Wie ist das zu schaffen und wo sehen Sie erneuerbare Energiepotentiale im Tegernseer Tal?
Huber: Also grundsätzlich fühle ich mich hier von der Bayerischen Staatsregierung alleingelassen. Horst Seehofer ändert seine Aussagen wie ein Windradl seine Richtung. Da gibt’s keine verlässlichen Aussagen. Wenn uns die Regierung schon nicht unterstützt, dann müssen wir uns selber helfen. Anbieten würden sich fürs Tegernseer Tal Blockheizkraftwerke, betrieben mit Holzpellets, so wie es in Miesbach zum Beispiel schon zwei gibt. Außerdem sehe ich noch mehr Potential in der Nutzung von Wasserkraft. Auch möglichst viele Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern sehe ich als eine zwingende Sache.
Möglichst viele Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern. Schwierig bei den aktuellen Ortsgestaltungssatzungen. Was sagt der Kreisbaumeister dazu?
Huber: Wenn es nach mir geht, bräuchte man die Dachflächen hier nicht zu beschränken. Die Energiewende wäre mir wichtiger als die Ortsgestaltungssatzung. Was ich nicht so gern sehe, sind die aufgeständerten Anlagen. Auch der Kreisbaumeister steht da dahinter.
Derzeit befinden sich rund 200 Asylbewerber im Landkreis, Hochrechnungen gehen davon aus, dass es mittelfristig bis zu 400 sein werden. Wo gibt es Ihrer Ansicht nach im Tegernseer Tal Möglichkeiten, weitere Unterkünfte zu schaffen?
Huber: Diese Masse an sehr intensiv betreuungsbedürftigen Menschen halte ich für nicht mehr möglich – wir stoßen mit 200 schon an unsere Grenzen, was eine menschenwürdige Unterbringung angeht. Es ist ein Saustall, dass man diese Leute mit ein paar wenigen Betreuern alleine lässt. Es gibt gar keine Chance, neue Kräfte zu finden – das scheitert an der Sprache, an der Ausbildung und letztendlich auch am Geld. Die Leute werden uns einfach zugeteilt, frei nach dem Motto „Vogel friss oder stirb“, aber die Betreuung wird nicht ausgebaut. Das sind Leute aus einem ganz anderen Kulturkreis, die muss man ganz fest an die Hand nehmen. Da braucht man Profis dazu. Mit 400 werden wir das nicht schaffen. Eigentlich bleibt da nur der behördliche Ungehorsam – man sollte die armen Leute in einen Bus setzen und der Bayerischen Staatsregierung vor die Tür setzen.
Verkehrprobleme in kleinen Schritten lösen
Das Verkehrsproblem wurde jüngst vom Landrat zur „Chefsache“ erklärt. Wie würden Sie als „neuer Chef“ die Verkehrsprobleme im Tal in den Griff bekommen?
Huber: Zu dem Thema wurde schon viel geredet. Wichtig ist, dass man Schritt für Schritt das Problem angeht. Zum Beispiel, dass man endlich ein Verkehrskonzept aufstellt. Wichtige Säulen sind, den Öffentlichen Nahverkehr auszubauen. Eine ganz andere Taktung und die Einbindung des Schiffsverkehrs könnten helfen. Am schwierigsten wird es, den individuellen Autoverkehr einzuschränken, denn die Menschen sehen sich in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt, wenn man ihnen beim Autofahren reinredet. Wir müssen Alternativen bieten, denn die sind im Moment zu schlecht – zu starr, zu unflexibel. Beim Busfahren zum Beispiel sind die Haltestellen zugig und schlecht beleuchtet und die Fahrpläne zu klein geschrieben. Wenn ich Landrat werde, würde ich die Verkehrsprobleme für mich auf alle Fälle zur Chefsache machen.
Mal angenommen Sie werden Landrat, in welcher Form bleiben Sie Bad Wiessee dann noch erhalten?
Huber: Als engagierter Bürger, weil ich hier wohne und in vielen Vereinen bin – im Dourdan-Verein, bei der Feuerwehr, bei der Arbeiterwohlfahrt. Ich werde meinen Heimatort sicher nicht vergessen.
Sollten Sie nicht Landrat werden, gehen Beobachter davon aus, dass Sie unter anderem Geschäftsführer des in den Startlöchern stehenden Wiesseer Eigenunternehmens werden, das die Gemeindewohnungen betreiben möchte. Ist das richtig?
Huber: Nein, das ist nicht richtig. Das möchte ich hier einmal ausdrücklich dementieren. Im Gemeinderat hatte ich das auch schon richtiggestellt. Ich werde dieses Projekt zwar politisch begleiten, damit es zu einem Erfolg kommt. Aber Geschäftsführer werde ich nicht – dafür habe ich gar nicht die nötige Ausbildung. Mein Ziel ist es, Landrat zu werden und nicht Geschäftsführer des Eigenunternehmens.
Wer wird dann Geschäftsführer des Unternehmens und wie hoch sind in diesem Fall eigentlich die Gehälter?
Huber: Wer Geschäftsführer wird, steht noch nicht fest. Erst muss die Satzung beschlossen werden, dann der Finanzplan, der Modernisierungsplan und die Anfangsbilanz. Deshalb kann man auch noch nicht sagen, was diese Position finanziell beinhaltet. Jetzt schon kolportierte Gehaltssummen sind ein Gerücht – wir haben noch nie über die Dotierung gesprochen. Wir starten schließlich nicht von null auf hundert.
Tegernseer Stimme: Herr Huber, wir danken Ihnen für das ausführliche Gespräch.
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