Das umstrittene Wasserschutzgebiet Thalham-Reisach-Gotzing soll vergrößert werden. Viele Jahre hatte sich der Landkreis Miesbach gegen eine Ausweitung gewehrt, bis Landrat Wolfgang Rzehak im September 2017 in einer Pressekonferenz verkündete, man habe „einen Kompromiss ausgehandelt“: Ein Drittel der Fläche bleibe Gewerbegebiet, sodass die Wasserschutzzone deutlich reduziert werde. Damit, so Rzehak damals, komme man der Gemeinde und den Gewerbetreibenden entgegen.
Gemeinden, Landwirte und Wasserschutzvereine waren anderer Meinung: Die Münchner Stadtwerke hätten „laut Gutachten“ überhaupt kein Recht, im Mangfalltal die Trinkwasserversorgung zu betreiben. Außerdem fühlten sie sich durch das Vorgehen des Landratsamts „hintergangen“.
Nach Erörterungsterminen hagelt es Kritik
77 Parteien hatten Einspruch gegen das Vorgehen erhoben. Vor Kurzem fand nun der erste, öffentliche Erörterungstermin statt. Vom 24. bis 26. September wurden im Miesbacher Kulturzentrum zunächst vier Einwendungen privat Betroffener behandelt.
Schon an den ersten beiden Tagen ging es Medienberichten zufolge „hoch her“. Den Anwälten der Betroffenen seien stetig unterbrochen worden, zeitweise wurde ihnen das Wort überhaupt nicht erteilt. Auch das Mikrofon habe man bei deren Reden leiser gedreht, schreibt beispielsweise die tz. Tische für deren Unterlagen habe es anfangs nicht gegeben. Auch Akteneinsicht habe man ihnen nicht gestattet. Rechtsanwalt Thomas Schönfeld, der vier Betroffene verteidigte, wurde sogar – unter Androhung von Polizei – des Saales verwiesen.
Am Ende der dreitägigen Verhandlung war allen Beteiligten klar, dass dieses brisante Thema wohl noch einige Verhandlungstage in Anspruch nehmen wird. In einer anschließenden Pressekonferenz, die von der Initiative HEIMATWASSER ausging, wurde nicht mit Kritik gespart: Den Mitarbeitern des Landratsamts Miesbach fehle es an jeglicher Objektivität, hieß es. Die Behörde, die als Untere Staatsbehörde die Erörterung führte, sei vorab schon festgelegt gewesen. Die Erörterung sei „ein reines Feigenblatt, eine reine Alibi- und unwürdige Showveranstaltung“ gewesen, so deren Bilanz. Der Einzelne habe gegen ein milliardenschweres Unternehmen wie die Stadtwerke München „null Chance“.
Die Fronten verhärten sich weiter
Auch Miesbachs Bürgermeisterin Ingrid Pongratz (CSU) zeigte sich nach den Erörterungstagen „sehr traurig und erschüttert“. Dass Stadt und Land Hand in Hand arbeiten, davon habe sie in den drei Tagen der Anhörung nichts gespürt. Pongratz sieht ihre Stadt in der Opferrolle. Gegenüber dem BR soll sie geäußert haben, dass sie Zweifel an der ergebnisoffenen Herangehensweise des Landratsamtes habe. Dafür kassierte sie dann im Kreistag eine saftige Rüge vom Landrat:
„Du bist stellvertretende Landrätin und die Chefin, wenn ich krank oder im Urlaub bin“, rügte Rzehak sie. Ein solches Misstrauen zu äußern, sei gegenüber den Mitarbeitern „alles andere als fair.“ Mit diesen Worten beendete Rzehak die Debatte. Das scheint Pongratz nicht auf sich sitzen zu lassen. Sie wandte sich mit einem Brief an den Landrat. Der wiederum äußert sich nun öffentlich zu seinem forschen Ton, den er im Kreistag anschlug.
Er wirft Pongratz vor, dem Rechtanwalt Ziegler, der einen Einwender vertritt, den Rücken zu stärken. Ziegler reichte mehrere Befangenheitsanträge gegen Mitarbeiter der Verwaltung ein und habe damit „massives Misstrauen gegenüber diesen Mitarbeitern zum Ausdruck gebracht“, so Rzehak. Weiter schreibt er: „Wenn du dieses Vorgehen nun begrüßt und die „Schlagfertigkeit“ lobst, kann ich das nicht anders verstehen, als dass Du das Misstrauen von Herrn Ziegler teilst.“ Und er wird noch deutlicher:
Liebe Ingrid, Du hast Dich bewusst für die Position der stellvertretenden Landrätin aufstellen lassen und bist dafür vom Kreistag gewählt worden. Das bedeutet, dass Du auch die Mitarbeiter des Landratsamtes vertrittst. Du solltest ihnen nicht in den Rücken fallen. […] Eine öffentliche Schelte in den Medien gehört sich nicht.
Ihm habe bisher kein Mitarbeiter Anlass gegeben, an seiner Unvoreingenommenheit und Integrität zu zweifeln. Das Vertrauen sei ungebrochen. Trotz der kritischen Worte gegenüber Pongratz sei er optimistisch, dass man in Zukunft für das Wohl der Bürger und Mitarbeiter weiterhin zusammenarbeiten werde.
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