Satire made in Tegernsee

Eurokrise, Klimaerwärmung, Weltuntergangsvisionen: eigentlich keine Zeiten zum Lachen? Gerade uns Deutschen wird ja gemeinhin nachgesagt, wir seien ein humorloses Volk.

„In der Hölle ist der Engländer Koch, der Italiener Automechaniker und der Deutsche Humorist“, zitiert der Tegernseer Wolfram Weimer, Ex-„Die Welt“ und „Focus“-Chef, Gründungsherausgeber von „Cicero“ und jetzt Herausgeber und Verleger des Satiremagazins „Pardon“.

Seit dem Nikolaustag ist das Traditionsblatt mit dem Melone lupfenden Teufelchen als Logo zurück an den Kiosken. 70.000 Exemplare warten an 18.000 Verkaufsstellen deutschlandweit auf Leser. „Der Verkauf läuft überraschend gut“, freut sich Weimer, der sich auf die Fahnen geschrieben hat, Karikaturisten zu fördern, wo er kann. “Unser Verlag läuft mit seinen seriösen Wirtschaftsmedien sehr gut, so dass wir nun auch einmal etwas gewagt haben, wo das Schmunzeln im Vordergrund steht“, sagt der Tegernseer Medienmacher.

Anzeige

Ein Jubiläumsheft nach 50 Jahren

So hat er sich – 50 Jahre nach Erscheinen des ersten Magazins – ein Jubiläumsheft einfallen lassen. Von 1962 bis 1982 hatte das Heft bereits zahlreiche Freunde, die sich an der Mischung aus Literatur, Feinsinn und böser Kritik erfreuen konnten. Mit mehr als 1,5 Millionen regelmäßigen Lesern wurde „Pardon” zur größten Satirezeitschrift Europas.

In „Pardon” veröffentlichten Publizisten wie Alice Schwarzer und Günter Wallraff, es versammelten sich Literaten wie Hans Magnus Enzensberger, Martin Walser und Günter Grass. Erich Kästner schrieb das Vorwort zur Erstausgabe, Loriot gestaltete das erste Titelblatt.

Feinsinn. Unsinn. Hintersinn.

So steht es auf dem Titel der neuen „Pardon“. Im Inhalt findet man eine vielfältige Mischung aus ganz vielen: Politisches, feinsinniges, unsinniges, Blödeleien. „Ein bunter Strauß anspruchsvoller Satire“, verspricht der Herausgeber. Sitz der Entwicklungsredaktion ist das Tegernseer Gulbransson-Museum.

Redaktionssitzung im Tegernseer Olaf-Gulbransson-Museum, von links: Peter Bulo Böhling, Wolfram Weimer, Daniel Häuser Fotograf: Alexander von Spreti

Für Weimer „ein Ort der Magie, die Geburtsstätte von was ganz Neuem, an einem Ort, wo eigentlich alte Dinge gezeigt werden“. Hier brütete er mit Peter „Bulo” Böhling und Daniel Häuser, den Gründern und Herausgebern des Avantgarde-Magazins „Clap” über Ideen für „Pardon“.

Nietzsche, Kant, Katzenberger – und die Tagebücher von Gott

„Urzeitkrebse sind nicht beigelegt“, ist auf dem Titel zu lesen. Dafür gibt es aber Nietzsche, Kant und Katzenberger, außerdem die geheimen Tagebücher von Gott und anderes. Weimer lud viele „Humorexperten“ ein, mit dabei zu sein. 25 Autoren folgten der Aufforderung und treten nun an den Kiosken an, das Genre Humor breiter zu vertreten.

Prominente Schreiber wie die Comedians Eckart von Hirschhausen und Florian Schröder, Schriftsteller wie Peter Härtling, Katja Berlin und Wladimir Kaminer, Journalisten wie Harald Martenstein, Hilmar Klute, Wolfram Eilenberger und Roland Tichy , Literaturkritiker Hellmuth Karasek bis hin zu Rainer Langhans, Harald Dzubilla haben am Heft mitgewirkt. Darüber hinaus erscheinen Beiträge von Dieter Nuhr, Vince Ebert, Woody Allen und sogar Heinrich Böll.

Ein bunter Strauß an feinsinnigem Humor also, das man jetzt am Kiosk bekommen kann. Ob das Jubiläumsheft das einzige bleibt, entscheiden im Endeffekt die Leser. Eigentlich ist es lediglich zum Jubiläum entstanden, aber wer weiß, ob es ein Folgeheft geben wird? „Vielleicht zur Bundestagswahl“, mutmaßt Weimer.

SOCIAL MEDIA SEITEN

Anzeige
Allgemein

Diskutieren Sie mit uns
Melden Sie sich an und teilen Sie
Ihre Meinung.
Wählen Sie dazu unten den Button
„Kommentare anzeigen“ aus

banner