Immer schön sauber bleiben

Sommerzeit heißt Badezeit. Und so manchen zieht es jetzt auch an die Strände, um sich zu erfrischen. Wir haben uns daher einmal mit der Wasserqualität des Tegernsees befasst. Da den 6,3 Kilometer langen und bis zu 1,4 Kilometer breiten See zahlreiche Zuflüsse aus den Bergen mit Gebirgswasser speisen, scheint es auf den ersten Blick, als ob man sich um die Wasserqualität keine Sorgen machen müsste.

Denn der gesamte Wasserkörper wird – alleine durch die Zuflüsse – alle 15 Monate komplett “ausgetauscht”. Doch alleine das würde nicht reichen, wie die Vergangenheit gezeigt hat. Und so findet eine Reihe von Maßnahmen zur Reinhaltung des Tegernsees statt.

Fünf Gemeinden – ein Verband

Bereits 1965 wurde die erste Ringkanalisation mit biologischem Sammelklärwerk angelegt. In Folge dessen wurden auch lange Zeit die Bauvorhaben an die Kapazitäten des Klärwerks – die sogenannten Einwohnergleichwerte (EGW) – gekoppelt.

Verantwortlich für die Reinhaltung des Sees sowie die Erhaltung seiner Ökologie ist seit 1. Januar 2010 der Zweckverband zur Abwasserbeseitigung (AZV) mit rund 15 Mitarbeitern. Damals hatten die Kommunen im Tal – die auch Träger des AZV sind – die Abwasserbeseitigung auf den bereits im Jahr 1956 gegründeten Verband übertragen.

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Sauberes Wasser im Gmunder Klärwerk

Seither übernimmt dieser die gesetzlich vorgeschriebene Abwasserbeseitigungspflicht im gesamten Tal. Hierunter fallen sämtliche Aufgaben der Abwasserableitung mit der Sanierung des bestehenden Kanalnetzes, dem Kanalneubau und der Überwachung der privaten Grundstücksentwässerungsanlagen sowie dem Betrieb der Gmunder Kläranlage, die heute für eine tägliche Abwassermenge von 18.000 Kubikmetern ausreicht.

Im Einzugsgebiet fallen Abwässer von 60.000 Einwohnerwerten an. Das entspricht insgesamt einer Jahresschmutzwassermenge von 3,6 Mio. Kubikmetern pro Jahr. Diese generieren sich aus den Lasten der etwa 20.000 Bürger, die hier leben. Zusätzlich kommen 280.000 Gäste im Jahresdurchschnitt. Eine große Brauerei und zwei Papierfabriken sind die größten Industrielastenverursacher, mit denen die Abwasserbeseitigung fertig werden muss.

Neben der Kläranlage betreibt und unterhält die AZV auch ein Schmutzwasserkanalnetz mit 22 Pump-, Hebe- und Dükerbauwerken, einen Verbandssammler mit sechs Hebe- und fünf Pumpwerken sowie ein Regenwasserkanalnetz.

Rettung in letzter Minute

Im Jahre 2006 feierte der AZV sein 50-jähriges Bestehen. Gerade zu Beginn – in den ausgehenden Fünfzigerjahren – war man gezwungen, in Sachen Wasserqualität etwas zu unternehmen. Noch Anfang der Sechzigerjahre wurden beispielsweise die Abwässer der umliegenden Gemeinden direkt in den Tegernsee eingeleitet.

Bedingt durch den Tourismus wuchs die Abwassermenge, die der See verdauen musste. Da Fäkalien und vor allem Phosphatverbindungen aus Waschmitteln und Seifen eine Art Dünger für Wasserpflanzen sind, führte die damalige übermäßige Einleitung zu extremem Pflanzenwachstum.

Als die Pflanzen abstarben, reichte der Sauerstoff im Seewasser für eine Verwesung nicht mehr aus. Da sich “Grünzeugs” anaerob, also ohne Sauerstoff, zersetzt, entsteht dabei auch beispielsweise Schwefelwasserstoff. Wer jemals das Aroma einer Stinkbombe genossen hat, der kann sich gut vorstellen, welchen Duft der See zu verbreiten begann.

Doch nicht nur für die Einwohner waren die Umstände ein Problem. Auch die Fische konnten die Brühe nicht mehr ertragen. Zudem war eine Rotfärbung des Wassers an manchen Stellen des Sees zu beobachten, hervorgerufen durch die Burgunderblutalge (Oscillatoria rubescens). Die Verunreinigung des Tegernsees war offenbar so weit fortgeschritten, dass mit einem Badeverbot gerechnet werden musste.

Der Ringkanal – ein Vorzeigeprojekt

Eine übergreifende Lösung musste her – eine gemeinsame Kanalisation mit einem Ringkanal und zentraler Kläranlage. Dieses Abwasserprojekt – einen See auf natürliche Weise am Leben zu erhalten und seine Ökologie zu bewahren – war europaweit das erste seiner Art.

Die Ringkanalisation des Tegernsees

Daran knüpfte sich die Errichtung des Ringkanals, ein den See gabelförmig umfassendes 23 Kilometer langes Rohrsystem mit einem Durchmesser von 30 bis 70 Zentimetern.

Im Winter 1957/1958 begann man mit den Bauarbeiten. Der Kanal dient dabei vor allem dazu, die Abwässer vom See fernzuhalten und diese erst gereinigt wieder der Mangfall bei Gmund zuzuführen.

Der sogenannte Ostsammler beginnt dabei in Weissach, verläuft in Richtung Bad Wiessee, über die Aribo- und Kobellstraße hinunter an den See, weiter um die Egerner Bucht herum nach Tegernsee und Gmund.

Dort unterquert er die Mangfall und mündet in den Westsammler, der vom Ringseeweg beginnend die Abwässer von einem Teil von Kreuth, Bad Wiessee und ab Bayersäge Teile von Gmund aufnimmt und diese ins zentrale Klärwerk im Louisenthal befördert.

Die Bauarbeiten am Gesamtprojekt konnten mit der Fertigstellung des Klärwerks Ende 1965 abgeschlossen werden. Doch erst neun Jahre später hatte der See sein biologisches Gleichgewicht wieder gefunden.

Die Kläranlage – biologisch-mechanisch

Ziel der Kläranlage war es natürlich auch, aus dem verunreinigten See wieder ein Gewässer mit Badewasserqualität zu machen. Das Wasser sollte der Natur in der Qualität zurückgegeben werden, wie es ihr entnommen wurde.

Das Gmunder Werk arbeitet hierzu mit einer mechanischen, einer biologischen sowie weitergehenden Reinigungsstufen. Es ist für eine tägliche Abwassermenge von maximal 18.000 Kubikmetern ausgebaut.

Täglich entstehen so 1.400 Kubikmeter Biogas, welches zur Stromerzeugung in einem Blockheizkraftwerk verwendet wird. Hier werden 42 Prozent des jährlichen Strombedarfs des Werks (848.600 kWh) erzeugt. Die Abwärme der Anlage wird zur Beheizung der Faultürme eingesetzt.

Das gemeinsame Kanalnetz – erst nach Frust und Zorn

Im Jahr 2003 übertrugen die Mitgliedsgemeinden die technische Betreuung ihrer Ortsnetze des Schmutzwasserkanals auf den Verband. Bis es jedoch so weit war, hatten die Ortsvertreter jede Menge Querelen zu durchkämpfen. Enttäuschung, Frust und Zorn kamen auf, als man die als Abnahmevideos der Sanierungsmaßnahmen gekennzeichneten Bänder sichtete.

Erschreckendes über die Ausführungsqualität der Ingenieur- und Auftragnehmerleistungen trat offen zutage. Seitdem betreibt der Verband sein rund 260 Kilometer langes Kanalnetz im Trennsystem. Das bedeutet, dass nur häusliches Abwasser, beispielsweise von Toiletten, Waschmaschinen oder Spülbecken, sowie Industrieabwasser in Schmutzwasserkanäle eingeleitet werden darf.

Niederschlagswasser von Dachflächen und befestigten Flächen muss entweder vor Ort versickern oder kann in Teilbereichen über Regenwasserkanäle dem See oder anderen Gewässern zugeleitet werden.

Die Darstellung des Kanalnetzes und die Fülle der zugehörigen Netzdaten werden heute in einem digitalen Geografischen-Informations-System (GIS) verwaltet. Denn Schäden an Kanälen führen zu Störungen im Betrieb, gefährden die Umwelt und verursachen Kosten. Deshalb sind Kanalschäden je nach Schwere sofort, kurzfristig oder mittelfristig zu beheben.

Das Informationssystem des Klärwerks und der Ringkanalisation

Das Netz wird regelmäßig mit einer Kamera befahren, um Schäden zu dokumentieren. Für wenige, lagemäßig schwer zugängliche Kanäle steht dies noch aus. In den vergangenen Jahren hat sich die Kameratechnik erheblich weiterentwickelt, die noch ausstehenden Untersuchungen sollen bald nachgeholt werden.

Und so sorgen die Mitarbeiter des Abwasserzwecksverbandes dafür, dass die Qualität des Tegernseer Wassers konstant hoch bleibt. Zumindest in den letzten Jahren hat das sehr gut funktioniert.

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