Schaugerüst oder selbstgebastelte Bushäuschen?

Die Talgemeinde Gmund bekommt einen neuen Busbahnhof – westlich vom denkmalgeschützten Bahnhofsgebäude. Für manche Einwohner ist es der gefühlte Ortskern. In den nächsten Monat kommen die Bagger und reißen den nicht erhaltenswerten Altbestand auf dem vorgesehenen Areal ab. Doch was kommt denn jetzt genau?

Welche Überdachung für den neuen Busbahnhof passt zu diesem historischen Gebäude? Diese Frage stellen sich die Räte in Gmund seit längerem.

Technik und dieses neue Internet sorgte in Gmund gestern für Schwierigkeiten: Premiere für die erste Hybrid-Gemeindetratssitzung. Das ist wie beim ersten Date. Da klappt nicht alles. Sieben Räte saßen bei der Premiere der hybriden Sitzungsform nicht im Neureuthsaal,verfolgten die Sitzung online.

Sie waren über eine kleinere Leinwand im Saal zugeschaltet. Tonprobleme, aber auch schwer zu entziffernde Präsentationen erschwerten allerdings, – besonders den Gästen – der Sitzung zu folgen. Dabei stand doch vor allem die Diskussion im Rat über das optische Erscheinungsbild des neuen Busbahnhofs im Fokus des öffentlichen Interesses.

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Insgesamt sollen sechs neue Haltestellen für die Nah- und Fernverkehr-Busse im westlichen Bereich des Bahnhofsareals entstehen, ergänzend dazu noch Pkw- und Radstellplätze. Soweit besteht auch Einigkeit im Gmunder Gemeinderat. Doch wie die Überdachung des zirka 60 Meter langen Busterminals optisch wirken soll, scheint völlig offen. Das zeigten auch die bisherigen Beratungen im Gemeinderat.

Zweiter Anlauf

In der Septembersitzung stellte das mit der Planung beauftragte Architekturbüro von Rainer Löhle aus Augsburg seine Pläne vor. Dessen futuristischen Pläne wurden aber vom Gmunder Gremium rundweg abgelehnt.

Gestern nun präsentierten Löhle und sein Team die überarbeiteten Pläne für die Überdachung. Viel Holz sollte dabei sein. Auch wenn der Architekt betonte, dass es bei dem geplanten Bauvolumen „ohne Stahl nicht machbar sei“, die gesamte Fläche zu überspannen.

Drei Dachformen und viel Holz

Architekt Keppler vom Planungsbüro Löhle, präsentierten anschließend die Vorschläge. Ein Flachdach mit einer Höhe von 5,30 Meter, ein flaches Rautendach mit 5,66 Meter und ein Satteldach in einer Höhe von über 7 Metern.

Die ebenfalls online zugeschalteten Architekten konnten gestern in der Präsentation nur schematische Darstellungen ihrer Pläne präsentieren. Diese waren auf dem Bildschirm nur schwer zu erkennen. Auch die verbalen Erklärungen waren für die anwesenden Gäste in der Sitzung aufgrund der unzureichenden Lautsprecherkapazität für den großen Saal kaum zu verfolgen. Das sorgte für gewissen Unmut. Nur: Besser wurde es nicht. Bürgermeister Alfons Besel (FWG) meldete sich nach der Präsentation zu Wort:

Ich denke, es geht vielen von Euch wie mir. Es ist schwer, sich die vielen unterschiedlichen Varianten vorzustellen. Das ist wie eine große Speisekarte mit unzähligen Gerichten. Da kann man sich auch nicht entscheiden.

Besel schlug vor, ein Schaugerüst auf dem Bauplatz zu erreichten, damit der Rat und auch die Bürger aus Gmund eine bessere Vorstellung von der Dimension der unterschiedlichen Dachformen erhalten.

Immerhin, so machte der Bürgermeister deutlich, ginge es bei dem Busbahnhofprojekt um eine große Investition für die Gemeinde. Allein die Überdachung werde eine Millionen Euro kosten, informierte Besel – und das ohne die Kosten für die weitere Ausgestaltung des Vorplatzes. Dazu zählt Besel auch die Kosten für die auf dem Dach geplante Fotovoltaikanlage. Diese bezifferte der Bürgermeister mit rund 35.000 Euro. Vor dem Beginn der Diskussion im Rat richtete Besel einen Appell an die Räte:

Wir sollten uns viel Zeit bei der Planung nehmen und in Ruhe alle Varianten prüfen.

Korbinian Kohler (CSU) stufte die Satteldachvariante in seinem Beitrag als „stilistisch fragwürdig“ ein. Allgemein erschienen Kohler die verspielten Varianten als zu “urban” für den lokalen Busbahnhof. Er schlug vor, dass man sich auch noch einmal den ursprünglichen Plänen widmen sollte. Dem Wunsch, diese noch einmal auf dem Bildschirm zu präsentieren, entsprach der Bürgermeister allerdings gestern nicht.

Die Pläne für eine Satteldachkonstruktion für den neuen Busbahnhof in Gmund/ Quelle @löhle neubauer architekten BDA-pmbb

Johann Schmid von der SPD stellte mal gleich alle Entwürfe in Frage: Er glaubt, dass kein Bus, der den Gmunder Bahnhof anfahre, eine Höhe über 3,50 Meter erreichen werde.

Ein normaler Linienbus ist doch höchstens 3,20 hoch. Doppeldeckerbusse werden bei uns ja wohl nicht eingesetzt. Das ist doch alles viel zu hoch in den Zeichnungen.

Dem entgegnete Planer Keppler direkt. Man sei bei den Planungen an die geltenden Richtlinien gebunden. Ein normaler Reisebus habe auch schon eine Höhe von fast 4 Metern.

Dann doch lieber Bushäuschen

Franz von Preysing, CSU, zeigte sich in seiner Wortmeldung zuerst einmal völlig überrascht von den Kosten von einer Millionen Euro allein für die Überdachung. Das sei ihm so nicht bewusst gewesen.

Zudem kritisierte von Preysing, die seiner Meinung nach unzureichende Ausarbeitung der Vorschläge durch das Architektenbüro. Weder sei die Entwässerung geklärt, noch gebe es Vorkehrungen für den Wetterschutz der Reisenden. Das sei enttäuschend, so der Rat weiter. Er schloss seinen Redebeitrag mit einem, sagen wir, populistischen Gegenvorschlag:

Vielleicht sollten wir einfach den Bauhof beauftragen, drei Bushäuschen zu bauen. Das kostet uns nichts, und die Leute bleiben wenigstens trocken.

Das war dann auch der Schlusspunkt der Diskussion im Gemeinderat. In der anschließenden Abstimmung wurde die Erstellung des Schaugerüstes mit einer Gegenstimme beschlossen. Wann genau die Gmunder das Schaugerüst zu sehen bekommen werden, konnte uns Christine Wild, Leiterin des Gmunder Bauamtes, heute noch nicht mitteilen. Es seien noch einige offenen Fragen zu klären, informierte die Bauamtsleiterin. Zudem sei aktuell noch unklar wie lange man in der Gemeinde auf die Parkplätze am Bahnhof verzichten kann. Fest steht jedoch schon, dass die alte Güterhalle, die im Gegensatz zum Bahnhofsgebäude nicht unter Denkmalschutz steht, schon Anfang Februar abgerissen werden soll.

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