Schluss mit Schandfleck

Fast erleichtert wirkten die Mitglieder des Tegernseer Stadtrats, dass das Herzogliche Brauhaus ihnen mit einer neuen Idee zur Nutzung des ehemaligen Hotels „Guggemos“ zuvorkam. Zweifel gibt es trotzdem. Und eine „dicke Kröte“ gilt es wohl zu schlucken.

Das Hotel Guggemos ist seit zehn Jahren ungenutzt.

Das ehemalige Hotel „Guggemos“ direkt im Ortskern gilt als Schandfleck der Stadt Tegernsee. Bereits vor rund zehn Jahren wurde der Betrieb dort eingestellt. Seitdem dümpelt das Gebäude ungenutzt vor sich hin. „Es ist ein brachliegendes Areal und fast vollständig versiegelt“, so heißt es in dem Antrag des Herzoglich Bayerischen Brauhauses Tegernsee KG, der am 28. Mai bei der Stadt Tegernsee eingegangen war.

Brauhaus will fünf neue Häuser bauen

Bauamtsleiterin Bettina Koch berichtete in der gestrigen Stadtratssitzung vom Vorhaben. Momentan werde das Grundstück als Stellplatz für Fahrzeuge genutzt. Eines der Hauptprobleme wird auch im Antrag des Brauhauses genannt: „Das bestehende Gebäude macht die Straßenseite eng und riegelt den See zur Straße ab.“ Doch das soll sich nun ändern.

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Als alleiniger Eigentümer des rund 3.300 Quadratmeter umfassenden Grundstückes hat das Brauhaus eine städtebauliche Wiederbelebung der Fläche vor, wie es in seiner Vorhabenbeschreibung erläutert. Die Bauamtsleiterin tut diese in der Sitzung kund. Geplant ist ein Neubau von fünf teilweise miteinander verbundenen Einzelgebäuden samt Tiefgarage.

Die beiden größten Gebäude Nr. 1 und 2 sollen an der Hauptstraße stehen und vor allem der Schaffung von Gewerbe und Handel dienen. In diesen straßenseitigen Gebäuden sollen maximal sechs Wohnungen entstehen. In den kleineren Häusern Nr. 3 und 4 zum See hin sollen insgesamt vier Wohnungen Platz haben. Wobei das Brauhaus alle Wohnungen ausdrücklich für Interessenten vorgesehen hat, die ihren Erstwohnsitz in Tegernsee haben. Weiter soll ein Teil der Wohnungen im Tegernseer Modell vermietet werden.

Hotel ade – Wohnungen hello

Das Gebäude Nr. 5 soll gastronomisch genutzt werden. Direkt am See sollen ein Bistro mit kleinem Saal sowie Biergarten entstehen. Unterirdisch sollen die fünf Gebäude durch eine Tiefgarage verbunden werden. Durch diese kann das Unternehmen 56 Stellplätze anbieten. Weitere nachzuweisende Stellplätze finden sich oberirdisch, nämlich vier. Zusätzlich sollen noch weitere vier Längsparkplätze an der Straße entstehen. Hier kann man laut Bauamtsleiterin Koch auch öffentlich parken. Die Plätze unterliegen also einer Doppelnutzung, was der Stadt entgegenkommt.

Durch den Umstand, dass die beiden Hauptgebäude nach innen zum See eingerückt werden, können diese Kurzparkplätze entstehen. Der Gehweg kann ebenso breiter gestaltet werden. Zudem plant das Brauhaus, die Hauptstraße mit dem Seeufersteg räumlich zu verbinden. Hierzu ist zwischen Haus 1 und 2 eine Arkade vorgesehen, was eine optimale Durchlässigkeit gewährleisten soll.

Nach der Verlesung des Vorhaben-Antrags forderte Bürgermeister Johannes Hagn die Stadtratsmitglieder direkt zur Diskussion auf. Soll die Verwaltung mit der Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes betraut werden? So lautete die Aufgabe, abzustimmen. Andreas Obermüller ließ es sich nicht nehmen, als erster seine Zustimmung zu geben:

Wer Wohnungsnot lindern will, der muss Wohnungen bauen.

Er halte die Entwicklung auf diesem Areal für sehr wichtig. Es sei schön, dass man städtebaulich endlich dort alles regeln könne – zu allseitigem Nutzen. Friedrich Sieben gab ihm recht, indem er betonte, dass diese eine Aufwertung dieses etwas vernachlässigten Gebietes sei.

Erste Zweifel, einen Präzedenzfall zu schaffen, hegte Martina Niggl-Fisser: „Das Wichtigste ist für mich, dass wir wirklich sicher gehen, dass wir keinen Präzedenzfall schaffen im Aussenbereich.“ Peter Schiffmann sah es ähnlich und formulierte es so: „Ich habe Bauchweh wegen der zwei Wohngebäude unmittelbar am See. Da schaffen wir eine Premium-Wohnlage direkt am See und damit einen Präzedenzfall für andere. Das ist ein hoher Preis!“

Dahingehend kritisch äußerte sich auch Thomas Mandl, der sich unbedingt dafür aussprach, Außenbereiche zu schützen. Eher pragmatisch sieht das Ganze Bernhard Mayer. Er begrüßte die Aufstellung und damit den Umstand, die bestehenden Rechtsstreitigkeiten vom Tisch zu bekommen. Ist der westliche Teil der Fläche nun Außenbereich oder nicht? Darum geht es darin.

Neue Idee kommt Stadt gerade recht

Außerdem gefalle ihm die architektonische Lösung, die vorgelegt worden sei: die lockeren fünf Einzelgebäude samt Arkadendurchgang zum Steg. Was Mayer nicht gefalle, sei das Nutzungskonzept. Er hegte Zweifel, ob es richtig sei, die touristische Nutzung aufzugeben. Auch Peter Schiffmann findet es schade, gäbe man die Hotelnutzung komplett auf.

Heino von Hammerstein outete sich ebenfalls als Befürworter. Und klärte in Sachen Hotelnutzung auf. Wenn die Stadt nicht eine Unwirtschaftlichkeit eines Hotelbetriebes nachweisen könne, dann hätte der Eigentümer das Recht, was anderes zu bauen. Deshalb halte er es für elegant und begrüßenswert, das Ganze über eine Aufstellung eines Bebauungsplanes zu lösen:

Die Verbindung mit einer neuen Geschäftsidee – das ist sehr gut. Dem kann ich gerne zustimmen.

Auch Rudolf Gritsch zeigte sich positiv. Er halte die Gastronomie für gut. Besonders ein Saal gehe in Tegernsee komplett ab. Die beiden Wohnhäuser am See seien sicher eine Kröte, die man wohl schlucken müsse. Aber durch die aufgelockerte Planung würde man die neuen Häuser gar nicht bemerken.

Florian Kohler war ebenso Pro gestimmt. Zwar finde er es bedauerlich, dass das es keinen Hotelbetrieb mehr dort gebe. Aber den klassischen architektonischen Ansatz mit Giebeln hin zum See finde er gut. Und in den beiden Wohnhäusern erkenne er gar keine Kröte. Im Gegenteil – er finde sie sogar super.

Auch Peter Sieben sieht in den Häusern kein Problem. Er halte zwar Freiflächen für sehr wichtig. Aber nur dann, wenn diese auch ausdrücklich als Freiflächen erkennbar seien. Und dies sei hier nicht der Fall, meinte er. Wenn man da langgehe und hinsehe, dann sei das nicht als solche erkennbar. Wahrscheinlich würde sich der Eindruck von der Seeseite nachher sogar verbessern, meinte er.

Man hockt sich an einen Tisch und redet drüber wie man weitermacht.

So lautete letztendlich Markus Schertlers kumpelhafter Vorschlag, wie man mit dem Brauhaus nun weitermachen solle. „Man wird sehen, wohin die Reise geht“, formulierte Bürgermeister Johannes Hagn das Ringen um die Details. Schließlich habe die Stadt „den Hut auf“. Und die Brauerei könne dann sagen, wie weit sie mitgehen wolle oder nicht.

Thomas Mandl begehrte als letzter – und einziger Gegenstimmer – noch auf, dass man unterscheiden müsse zwischen städtebaulicher Entwicklung und Schaffung von Wohnraum. „Diesen Wohnraum wird sich niemand leisten können“, meinte er. Im übrigen kritisierte er die Außenwirkung, die nicht konsequent wäre, wenn man es zuließe, im Außenbereich zu bauen. Der Bürgermeister begrüßte zum Schluss den Weg hin zum Bebauungsplan und versuchte zu beschwichtigen:

Es ist richtig, wir bekommen hochpreisige Wohnungen, aber die müssen sich (für die Brauerei) halt auch rechnen. Wir müssen froh sein, dass die Brauerei nicht dort ihre LKWs parkt. Und alles ist besser, als diese versiegelte Brache mit einer angeschlossenen Ruine.

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