Schmerzmittel Marke Eigenanbau

Ein beinamputierter Kreuther mit chronischen Schmerzen wollte Cannabis zur Linderung züchten. Trotz amateurhaftem Anbau hatte der Mann 50 Pflanzen auf seinem Balkon – ein Passant rief die Polizei. Jetzt wurde der “Drogengärtner” mit dem grünen Daumen in Miesbach zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Und teuer wird das ganze auch.

Illegales Schmerzmittel aus dem eigenen Anbau: Ein Kreuther wurde dafür jetzt bestraft. (Bild: FreeImages.com/Mateusz Atroszko)
Illegales Schmerzmittel aus dem eigenen Anbau: Ein Kreuther wurde dafür jetzt bestraft. (Bild: FreeImages.com/Mateusz Atroszko)

Cannabis-Pflanzen sehen zwar hübsch aus, als Balkon-Pflanzen eignen sie sich aber trotzdem nicht. Denn zum einen sind es eher empfindliche Pflanze, zum anderen stellt ihr Anbau natürlich einen Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz dar.

Ein Kreuther hatte es im letzten Jahr trotzdem mit einigem Ernte-Erfolg versucht. Der brachte ihn jedoch heute Vormittag vor das Amtsgericht in Miesbach. Bei dem Angeklagten handelte es sich um einen Selbständigen, Mitte 50. Der gebürtige Münchner erlitt 2013 einen Forstunfall, bei dem ein Bein stark verletzt und gequetscht wurde.

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Aufgrund dieses Unfalls musste ein Unterschenkel amputiert werden. Der Angeklagte litt in der Folge unter wiederkehrenden Schmerzattacken. Ärzte verschrieben ihm starke Schmerzmittel, zu denen dann auch noch Medikamente kamen, die den Magen resistent machen sollten. Irgendwann wurde es dem Kreuther zu viel. Freunde rieten ihm dazu, Cannabis zu versuchen und besorgten ihm die entsprechenden Pflanzensamen.

Amateurhafter Anbau, umfangreiche Ernte

Im März 2015 fing der Kreuther nach eigenen Angaben an, die Pflanzen auszusäen. Dank seines grünen Daumens und dem Super-Sommer im vergangenen Jahr konnten die Pflanzen im Juni auf den Balkon wechseln. Im August wurde geerntet. Dann kam die Polizei.

Richter Walter Leitner befragte den Angeklagten eingehend bezüglich dessen Anbau-Methoden. Dabei wurde deutlich, dass der Kreuther tatsächlich in keiner Weise professionell gearbeitet hatte. Weder besondere Lampen noch Belüftungseinrichtungen waren zum Einsatz gekommen.

Dass trotz dieser amateurhaften Vorgehensweise 50 Pflanzen prächtig gediehen und bereits mehr als 800 Gramm geerntet werden konnten, war daher wohl wirklich nur dem Wetter und dem gärtnerischen Talent des Kreuther anzulasten.

Rauch für die Bienen

Nach seinem Konsumverhalten befragt, erklärte der Angeklagte das Cannabis zum Teil als Tee getrunken und zwei bis drei Joints pro Woche geraucht zu haben. Reste habe er zum Smoken bei der Arbeit an seinem Bienenstock verbrannt. Auf Nachfrage erklärte er, dass die Bienen den Rauch ja nicht aufnähmen und daher nichts in den Honig gelange.

Der Angeklagte gab an, der Konsum habe seine Schmerzen gelindert. Richter Leitner hatte aufgrund des geringen THC (Tetrahydrocannabinol)-Gehaltes seine Zweifel:

1,5%? Das soll gut sein? Das soll helfen?

In der Regel liegt der THC-Gehalt bei 2-20 %, wobei Werte um 8% bei Haschisch am häufigsten angetroffen werden. Der Angeklagte erklärte immer wieder, dass er den Anbau nur zur Schmerzlinderung und nicht zum Rausch betrieben habe. Auf die Frage, woher er denn von der schmerzlindernden Wirkung erfahren habe, erklärte er, dass er davon aus Presse und dem Internet erfahren habe. Unterstrichen von den Worten: “Leb ja ned hinterm Mond, na?”

Die Polizei bestätigte jedenfalls, dass sie in der Wohnung des Angeklagten keinerlei Instrumente zum professionellen Anbau gefunden habe, aber die Pflanzen ordentlich aufgereiht auf dem Balkon gestanden hätten. Dort hatte ein Passant sie gesehen und der Polizei gemeldet.

Gericht muss sich an Gesetzeslage halten

Die Staatsanwaltschaft forderte elf Monate Freiheitsentzug auf Bewährung und 1.200 Euro Geldstrafe, zahlbar an eine gemeinnützige Organisation. Die Verteidigung bemerkte, dass in einem ähnlichen Fall – dem Cannabis-Anbau als Schmerzmittel – durch ein Gericht in Karlsruhe ein Freispruch erfolgte und ersuchte um eine reine Geldstrafe.

Richter Walter Leitner berücksichtigte das Geständnis des Kreuthers, glaubte ihm auch, dass er den Anbau nur zum Eigenkonsum und als Schmerzmittel betrieben habe. Auch sehe er die derzeitige Diskussion zur Legalisierung weicher Drogen. Allerdings sei er an die heutigen Gesetze gebunden, alles andere wäre „Zukunftsmusik“. Erschwerend sei, dass der Ertrag sehr hoch war, mehr als der Angeklagte hätte je konsumieren können. Damit sei die Gefahr gegeben gewesen, dass das Cannabis in falsche Hände gelangt.

Das Gericht verurteilte den Angeklagten daher zu acht Monaten auf Bewährung, 1.200 Euro Strafe, zahlbar an die Caritas Suchtberatung Miesbach sowie zur Übernahme der Gerichtskosten. Der Kreuther wurde damit zum ersten Mal straffällig. Richter Leitner:

Ein Versuch, wenig davon gehabt, voll reingetappt.

Mittlerweile befindet sich der Angeklagte in Behandlung bei einem Tölzer Schmerztherapeuten. Die neue Medikation schlage gut an, so der Mann.

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