Ja, sagt der Waakirchner Konditormeister, er wisse sehr gut, welchen Schwankungen die Preise für Kakao auf dem Weltmarkt unterlägen, und dass sie den Produktionsbedingungen der Bauern nicht gerecht würden. Das sei ein Grund für ihn, keine Massenware herzustellen, die Zutaten in sehr guter Qualität zu beziehen und entsprechend zu verarbeiten. Andreas Eybel möchte ausgewogen handeln und verhandeln.
Klasse statt Masse
Mit dem grau melierten Bart, der Bürstenfrisur, der vorausschauenden, entschlussfreudigen Art und diesem ihm eigenen Augenzwinkern könnte Eybel auch als Kapitän eines Handelsschiffs durchgehen.
Was der Unternehmer Eybel von seinen Kunden erwartet? Dass sie bereit sind, den wirklichen Wert für das zu bezahlen, was sie bekommen. Er spart an Werbung und hochpreisigen Verpackungen, aber niemals an den Rohstoffen und beim Personal.
Und er freut sich. Vor allem über die zunehmende Experimentierfreude der Menschen. “Ich hätte früher keine Pralinen machen können, die ich in Wiesenkräuter rolle – das wäre unverkäuflich gewesen,” so Eybel in einem dpa-Interview.
Direktvertrieb bedeutet auch Unabhängigkeit
Geboren in Kassel, aufgewachsen in Straubing, hat Eybel als junger Konditormeister zunächst in der eigenen Küche in Sachsenkam experimentiert und seine Ware selbst ausgefahren, später gemeinsam mit seiner Frau auf dem Gut Oberkammerloh in Waakirchen einen Stall zur Produktionsstätte umfunktioniert und sich dann südlich des Hofes den persönlichen Traum von einer oberbayerischen Schokoladenmanufaktur erfüllt.
Hier verbindet sich für den 53-jährigen die Arbeit mit dem wahren Leben. Seine Pralinen werden mit Preisen und Auszeichnungen versehen, doch die Anfragen von großen Vermarktern konsequent überhört. Andreas Eybel versteht sich als regionaler Produzent.
Er setzt auf den Umsatz in drei eigenen Verkaufsfilialen und hat sich so nicht nur den Respekt der anderen Unternehmer im Landkreis gesichert, sondern auch eine gewisse Unabhängigkeit gewahrt.
Die Pläne für die Manufaktur in Waakirchen hat Eybel in enger Zusammenarbeit mit dem Architekten, ortsansässigen Handwerkern und dem Lebensmittelamt realisiert, damit es, wie er sagt, später nicht kompliziert wird. Und seinen eigenen Wohntrakt direkt mit der Schokoladenmanufaktur verbunden.
“Hochwertige Rohware und bayerische Handwerkstradition”
Die Schokoladenmasse bezieht er von einem belgischen Hersteller, mit dem er bei der Entwicklung und Zusammensetzung der Mischungen eng zusammenarbeitet. Pro Jahr werden so über 120 Tonnen Pralinen und Schokolade hergestellt.
Von Hand zu Pralinen, Tafeln, Fruchtaufstrichen und Dragees verarbeitet wird alles vor Ort in Waakirchen, im direkten Austausch und Handel mit den Kunden, die hier nicht für lange Transportwege und Marketing zahlen, sondern für hochwertige Rohware und gute bayerische Handwerkstradition.
Dass Eybels Konzept aufgeht, ahnt man beim Anblick der unzähligen Pralinensorten in den Auslagen. Auf den Etiketten der sortenreinen Tafelschokoladen steht »Grand Cru«. Das bedeutet »großes Gewächs«, und gilt als höchste Klassifikationsstufe für Wein, Kaffee und Schokolade, bei der man die charakteristischen Merkmale des Bodens, auf dem die Pflanzen gewachsen sind, herausschmecken soll.
Auf einer der Schokoladensorten findet sich die costaricanische Flagge. »Costa Rica« heißt aus der Landessprache Spanisch übersetzt »Reiche Küste«. Und dort, wo sich die Menschen so freundlich begrüßen, werden besonders edle Kakaosorten kultiviert.
Anmerkung: Text und Bilder Cordula Flegel von Brotzeit-Online.
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