Schützenhilfe für Tegernseer Gymnasium

Dass die Schülerzahlen am Tegernseer Gymnasium schwinden, ist nicht neu. Jetzt sollen Waakirchner Schüler motiviert werden, sich Richtung Tal zu orientieren.

Bisher hatten die Schüler die Wahl, wo sie ihr Abi machen. Wer jedoch im Kern der Gemeinde wohnte, hatte Pech. Mit Fahrtkostenübernahme nach Tegernsee sah es düster aus. Das soll sich nun ändern. Für die Kreisräte ein Bekenntnis zum Standort Tegernsee – der jedoch mit klaren Forderungen verbunden ist.

Gerhard de Biasio referierte vor dem Kreisausschuss.
Gerhard de Biasio referierte vor dem Kreisausschuss.

„Ihr habt es alle mitgekriegt, das Gymnasium Tegernsee hat Angst, dass seine Schülerzahlen schwinden.“ So leitete Landrat Wolfgang Rzehak die heutige Kreisausschusssitzung ein. Nur noch 59 Kinder werden im Herbst die fünften Klassen dort besuchen. Das hat mehrere Gründe.

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Einerseits sei es durch die neue Realschule Gmund attraktiver geworden, die Kinder „nur noch“ Mittlere Reife machen zu lassen. Vor allem die moderne, neue Schule sei für viele Eltern sehr attraktiv. Andererseits hätte die Verkürzung des Gymnasiums von G9 auf G8 fatale Folgen für die Gymnasien. Viele Eltern schrecken vor den Anforderungen an ihre Kinder zurück und würden sie lieber einer mittleren Ausbildung zuführen, wie der Landrat erklärte:

Sie haben Angst, dass ihre Kinder sich nur noch mit Schule befassen und dass Hobbys wie Sport oder Musik leiden.

Natürlich sei das neue Gymnasium in Holzkirchen auch mit ein Grund, warum die Kinder aus dem Norden nicht mehr nach Tegernsee kämen. Aber es sei auch die verquere Situation, dass die Eltern lieber auf die Realschule schickten, die Tegernsee schade. Selbst Real-Schulleiter Stefan Ambrosi habe bestätigt, dass etwa die Hälfte der neuen „Fünften“ eigentlich gymasiumstauglich seien.

Auch das neue Angebot, nach der Realschule und Fachoberschule beziehungsweise Berufsoberschule in einem 13. Schuljahr die Allgemeine Hochschulreife zu erlangen, scheint für viele ein gangbarer Weg zu sein. Zusätzlich zählt für viele Waakirchner Kinder die Nähe zu Bad Tölz, um für ihr Abitur den eigenen Landkreis zu verlassen. Es sind viele verschiedene Gründe, die die Attraktivität des Besuchs der Tegernseer Schule schwinden lassen.

Fahrtkosten als Mosaiksteinchen

Weil die Schülerzahlen einbrechen und man es sich nicht leisten kann, den Standort zu riskieren, will der Kreis nun alles versuchen, vermehrt Schüler nach Tegernsee zu locken. „Ein Mosaiksteinchen ist die Fahrtkostenerstattung“, brachte es Landrat Wolfgang Rzehak auf den Punkt. Dies hätte obendrein noch finanzielle Vorteile für den Landkreis. Denn die Gastschulbeiträge, die der Landkreis derzeit für die landkreisbeheimateten Schüler bezahlt, weil sie das Gymnasium Bad Tölz besuchen, sind so hoch, dass man sparen würde, wenn die Kinder im eigenen Landkeis unterrichtet werden.

Im konkreten Fall geht es um Kinder, die in Waakirchen wohnen. Geografisch gesehen bilden sie das Zünglein an der Waage, wie es Kreiskämmerer Gerhard de Biasio erklärte. „Wenn die Beförderung zur nächstgelegenen Schule 500 Euro kostet und eine andere 650 Euro, dann würden wir bis 600 Euro mitgehen. Wenn man 1 Euro drüber ist, bekommen wir keine Förderung. Der Freistaat übernimmt nur eine Förderung zur nächstgelegenen Schule. Wenn die Verbindungskosten dementsprechend günstiger sind, ist das die nächstgelegene Schule nach dem Gesetz.“

Waakirchen goes Tegernsee – wenn es nach dem Landkreis geht, sollte der Pausenhof dicht bevölkert sein.

Soll heißen, dass die Eltern, die ihre Kinder aufs Gymnasium Tegernsee schicken möchten, finanziell benachteiligt wären, weil der Wohnort Waakirchen zu weit weg von Tegernsee liegt und damit nur die Kosten für den Schulweg, beispielsweise ins nähere Bad Tölz, für die Eltern übernommen werden.

Schulwegbeförderung spaltet Waakirchen

Dabei geht es nicht um alle Kinder aus der Gemeinde Waakirchen. Je nachdem, in welchem Ortsteil sie wohnen, stellt sich die Situation unterschiedlich dar. Rüdiger Kleeberg, der im Landratsamt für Schülerbeförderung zuständig ist, erläuterte die Situation. Für den Ortsteil Waakirchen ist die Tölzer Schule die nächstgelegene und für den Ortsteil Piesenkam sind es Holzkirchen und Bad Tölz. Die Beförderungskosten nach Tegernsee liegen jedoch über der zwanzigprozentigen Differenz.

Deshalb bliebe nur die Lösung, dass sich der Landkreis Miesbach freiwillig verpflichtet, finanziell aktiv zu werden. De Biasio erläuterte erneut: „Alles andere wäre eine freiwillige Leistung des Landkreises. Denn eine freiwillige Leistung des Freistaates gibt es nicht.“ Grundsätzlich habe man versucht, diese 20 Prozent als Schlussstrich zu betrachten. Doch das hätte fatale Folgen:

Wir würden uns wirtschaftlich ins Bein schießen, wenn wir das Gymnasium Tegernsee nicht am Leben erhalten.

Gesetz den Fall, Tegernsee müsste eines Tages schließen, müsste man die Kinder an einer anderen Schule unterbringen und das würde deutlich teurer kommen. Weitere Umbauten sowie eine weite Beförderung kämen auf den Landkreis zu. Deshalb wolle man alles tun, um Tegernsee zu helfen. „Ich sehe es als Zeichen des Landkreises, dass man es ernst nimmt, auch wenn es nur ein Mosaiksteinchen ist“, so der Landrat.

Viele der Gremiumsmitglieder stimmten ihm zu. Besonders der Waakirchner Kreisrat Norbert Kerkel fand lobende Worte. Endlich haben Waakirchner aus allen Ortsteilen die Wahlfreiheit auf dieselbe weiterführende Schule. Neun Schüler aus Waakirchen/Ort besuchen derzeit das Gymnasium Tegernsee. Bei diesen werden schon jetzt die Kosten anteilig in Höhe der Beförderungskosten nach Bad Tölz übernommen.

Für die Gemeindeteile Schaftlach, Hauserdörfl und Marienstein werden die Beförderungskosten zum Gymnasium Tegernsee ohne Einschränkung übernommen. Eine vollständige Übernahme der Beförderungskosten für die Schüler aus den Ortsteilen Waakirchen und Piesenkam wäre nur als freiwillige Leistung möglich.

Kreisräte einverstanden – mit Einschränkungen

Hans Schönauer war grundsätzlich einverstanden. Forderte jedoch im Gegenzug, nicht eine Schulart vorzuziehen. „Bei allem Tatendrang – wir dürfen das Problem des Landkreises nicht auf die Gemeinden verlagern. Bloß nicht die Mittelschulen auf dem Altar des Gymnasiums opfern!“

Immer wieder treffen sich Vertreter des Gymnasiums mit Politikern, um über die angespannte Lage zu sprechen / Archivbild
Immer wieder treffen sich Vertreter des Gymnasiums mit Politikern, um über die angespannte Lage zu sprechen.

Auch der Kreuther Martin Walch ist dafür, alles zur Rettung zu tun. „Vor ein paar Jahren haben wir den Beschluss gefasst“, ließ er Revue passieren. Jedoch forderte er, dass auch das Gymnasium selbst mehr tun müsse. „Die Tegernseer müssen mehr in die Offensive gehen. Wenn ich mir ansehe, was andere Schulen machen, da müssen sie hart dran arbeiten!“ Nicht nur Martin Walch, sondern auch Kollege Jakob Eglseder richtete den Ruf nach Tegernsee und forderte:

Nicht nur verwalten, sondern auch gestalten.

Ingrid Pongratz ist ebenfalls grundsätzlich einer Rettung zugeneigt, macht sich jedoch Zukunftssorgen. „Wie ist es, wenn beispielsweise Holzkirchner nach Tegernsee wollen – wie gehen wir mit solchen Fällen um?“

Kämmerer de Biasio gab zu, dass das Zugeständnis auch Präzedenzfälle schaffen könnte: „Wir können es grundsätzlich als freiwillige Leistung machen, aber wir schaffen auch Präzedenzfälle. Also, wenn dann auch andere Eltern kommen, dann haben wir ein Problem!“

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