Seit einer Woche drücken 24 Asylbewerber in Holzkirchner die Schulbank. In Holzkirchen leben so viele junge Leute, weiß Petra Winklmair, Asylsozialberaterin für den Landkreis Miesbach. Eigentlich wäre erst angedacht gewesen, den Unterricht nur für die 18- bis 21- Jährigen anzubieten – letztendlich besuchen nun auch Asylbewerber bis zu 25 Jahren die Deutsch- und Mathematikkurse. Montags bis donnerstags findet der Unterricht statt, immer freitags soll es zusätzlich Förderunterricht geben, erklärt Winklmair.
Als Ziel des Unterrichts haben sich die Initiatoren, der „Hilfe von Mensch zu Mensch e.V.“, den „einfachen Mittelschulabschluss“ für die Asylbewerber gesteckt. Doch Winklmair ist klar: „alle werden sicherlich nicht mithalten können“. Denn das Projekt soll vorerst nur zwei Jahre laufen und verlangt den „Schülern“ deshalb ein hohes Pensum ab. Gerade in Deutsch und Mathematik haben sie laut Winklmair unterschiedliche Vorkenntnisse:
Manche Asylbewerber haben bereits zehn Jahre Schule hinter sich, einige aber auch erst zwei. Wir orientieren uns trotzdem am oberen Niveau, denn Schule ohne Schulabschluss macht keinen Sinn.
Nach und nach sollen auch die Fächer GSE (Geschichte, Sozialkunde und Erdkunde) und AWT (Arbeit, Wirtschaft und Technik) von den drei angeheuerten Lehrern unterrichtet werden. Der Lehrplan, den die Ehrenamtlichen aufgestellt haben, orientiert sich an dem der FOS. Mit rund 300 Euro veranschlagt Winklmair die Kosten pro Schüler im Jahr. Fünf Euro monatlich steuern die Schüler selbst bei.
Das Projekt finanziert sich durch Spendengelder*. Startkapital gab es von der Raiffeisenbank in Form von 1000 Euro, erzählt Winklmair. Der Holzkirchner Schreibwarenhandel Karner hat uns eine ganze Kiste mit Material vorbeigefahren, freut sich die Asylsozialberaterin. Doch nicht nur der Unterricht erfordert Eigeninitiative von den Asylbewerbern, sondern auch die Suche nach einem Job.
Hürden auf der Jobsuche
Die Gemeinde Holzkirchen will hier Starthilfe geben. In der letzten Gemeinderatssitzung machte Bürgermeister Olaf von Löwis (CSU) darauf aufmerksam, dass die Standortförderung sich bereits mit Unternehmen in Verbindung gesetzt habe. „Die jungen Leute wollen arbeiten“, weiß er. Standortförderin Verena Sattler berichtet auf Nachfrage, dass sich schon einige Gewerbe auf die Hospitationsanfrage gemeldet hätten.
Winklmair weiß zwar, dass eine vierwöchige Hospitanz den Asylbewerbern ermöglicht, in Berufe „hinein zu schnuppern“ – sie sieht aber auch die Nachteile: eine Hospitation sei grundsätzlich unentgeltlich geregelt und die Unternehmen müssten sich währenddessen intensiv um den Hospitanten kümmern:
Bei einer Hospitation darf der Asylbewerber nur zuschauen, aber beispielsweise keinen Hammer in die Hand nehmen. Sonst ist er nicht mehr versichert.
Grundsätzlich verlangt der deutsche Staat von den Asylbewerbern nicht, arbeiten zu gehen. Vielmehr steht Arbeitswilligen ein langwieriges Prozedere durch den bürokratischen Irrgarten bevor. Sie müssen entweder auf eigene Faust die Stellenanzeigen durchsuchen oder erfahren beispielsweise über Ehrenamtliche von Stellen, erklärt Winklmair.
Für rund einen Euro die Stunde und höchstens 80 Stunden im Monat dürfte jeder Asylbewerber arbeiten, weiß die Asylsozialberaterin. Bedingung ist aber, dass ein öffentlicher oder gemeinnütziger Träger ihr Arbeitgeber ist. Nach einem Aufenthalt von drei Monaten darf ein Asylbewerber in Deutschland auch „normal“ arbeiten gehen.
Findet er ein Angebot, muss sein eventuell zukünftiger Arbeitgeber ein Formular ausfüllen. Das leitet das Miesbacher Landratsamt dann weiter an die zentrale Arbeitsvermittlungsstelle in Nürnberg, die das Stellenangebot einige Wochen lang offiziell ausschreibt. „Meistens handelt es sich ohnehin um Putz- oder Küchenjobs.“, weiß Winklmaier. Meldet sich kein anderer auf die Stelle, kann der Asylbewerber die Arbeit aufnehmen.
Nicht nur die Asylbewerber müssen das „Prozedere“ abwarten, sondern auch die Arbeitgeber, erklärt Winklmair das Problem. Das zu vermitteln, wäre „schwierig“. Vor Asylbewerbern, die arbeiten wollen, liegen „hohe Hürden“, die aber ab und an gemeistert würden, stellt Winklmair in Aussicht. Der Mittelschulabschluss, den einige Holzkirchner Asylbewerber jetzt anstreben, könnte ihnen auf dem Arbeitsmarkt bessere Chancen verschaffen.
*Der „Hilfe von Mensch zu Mensch e.V.“ hofft auf weitere Spenden von ortsansässigen Firmen und Privatpersonen. Beispielsweise ist es auch möglich eine Patenschaft für einen der Schüler zu übernehmen.
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