Schussligkeit oder doofer Zufall?

Seit Jahren kämpft der Landkreis Miesbach mit Problemen bei den Landschaftsschutzgebieten. Erst waren die Originalkarten futsch, jetzt fehlt ein elementarer Passus im Beschluss des Kreistags. Bedeutet: Die Landschaftsschutzgebiete könnten keinen Bestand mehr haben. Wie es jetzt weitergehen soll …

Das Landschaftsschutzgebiet rund um das ehemalige Forsthaus Valepp. / Quelle Michael Schulte

Im Landkreis Miesbach gibt es zahlreiche Landschaftsschutzgebiete. Sie dienen nicht nur dem Erhalt der Natur in unserer Region, sondern sind im Vergleich zu Naturschutzgebieten großflächiger und mit geringeren Nutzungseinschränkungen verbunden – ein Vorteil vor allem für Landwirte.

Vor rund drei Jahren stellte das Landratsamt Miesbach allerdings plötzlich fest: Die Karten aus den 1950er-Jahren, die die Landschaftsschutzgebiete ausweisen, sind verloren gegangen. Eine Sprecherin des Landratsamts gab zu:

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Die Originalkarte der sechs Landschaftsschutzgebiete „Egartenlandschaft um Miesbach“, „Schliersee und Umgebung“, „Spitzingsee und Umgebung“, „Oberstes Leitzachtal und Umgebung bei Bayrischzell“, „Tegernsee und Umgebung“ und „Weissachtal“ ist im Laufe der Jahrzehnte verschwunden.

Darauf aufmerksam wurde man in der Behörde außerdem erst, als ein Richter während einer Verhandlung den Hinweis gab, dass der Verordnungstext ohne die Karten möglicherweise gar nicht ausreichend ist, weil die Grenzen alleine aus dem Text nicht genau abgeleitet werden könnten. Die Landschaftsschutzgebiete waren damit juristisch unsicher.

Das Landratsamt ließ daraufhin auf Basis einer Kopie aus 1993 neue Karten anfertigen. Erst beschäftigte sich der Umweltausschuss damit, dann fasste der Kreistag mit Hilfe dieser neuen Karte im Juli 2019 einen Beschluss, um den Geltungsbereich der Landschaftsschutzgebiete zu bestätigen. So weit so gut. Zwar sind die Original-Karten bis heute nicht auffindbar, doch das Dilemma schien erstmal gelöst zu sein.

Da fehlt etwas im Protokoll…

Doch weit gefehlt. Jetzt, drei Jahre später, fiel Mitarbeiten des Landratsamts wieder ein Problem im Hinblick auf die Landschaftsschutzgebiete auf. Laut einer Sprecherin fehle der relevante Passus im Kreistagsprotokoll. Heißt: Ein Beschluss wurde zwar gefasst, doch schriftlich festgehalten wurde er nicht korrekt.

Die Crux an der ganzen Geschichte: Das Protokoll wurde sowohl vom Protokollführer als auch vom Sitzungsleiter unterschrieben. „Es stellt damit eine öffentliche Urkunde dar, der als solcher eine erhöhte Beweiskraft zukommt“, so eine Sprecherin. Warum der Passus fehlt, weiß keiner. Die Sprecherin betont aber:

Das Fehlen führt jedoch dazu, dass wieder der Zustand von vor 2019 erreicht ist mit dem richterlichen Hinweis, dass die Landschaftsschutzgebiete möglicherweise keinen Bestand haben könnten.

Um rechtlich sauber vorzugehen, muss die Verwaltung nun den Beweis des Gegenteils antreten. Wie das gelingen soll? Alle Kreistagsmitglieder wurden schriftlich aufgefordert, sich an die Sitzung im Juli 2019 zu erinnern und im besten Fall eine Erklärung über den Inhalt der damaligen Abstimmung einzureichen. Gelingt dieser Beweis, so hat der Beschluss zu den Karten Bestand.

Gelingt der Beweis nicht, könnte der Kreistag den Beschluss von 2019 wiederholen. Allerdings empfiehlt das Landratsamt, eher eine einstweilige Sicherstellung der Gebiete zu beschließen. „Damit wäre der Status Quo der Landschaftsschutzgebiete für zwei (mit Verlängerungsoption auf vier) Jahre sichergestellt.“ Während die Karten dann eingefroren wären, sollen die bisherigen Landschaftsschutzgebiets-Verordnungen aufgehoben und neue erarbeitet werden.

Entscheidung soll im Juli getroffen werden

Die Sprecherin erklärt: „Die Verwaltung sähe in der Sicherstellung, Aufhebung und Erarbeitung von neuen Verordnungen den Vorteil, dass rechtliche Unschärfen in den derzeitigen Verordnungen beseitigt werden können.“ Auch könnten aktuelle Entwicklungen wie beispielsweise der Wunsch der Tal-Gemeinden, Feuerwerksverbote in die Schutzgebietsverordnung aufzunehmen, geprüft und gegebenenfalls berücksichtigt werden.

Die Entscheidung über das weitere Vorgehen muss aber letztlich der Kreistag bei seiner nächsten Sitzung im Juli 2022 fällen. Bis dahin sollen auch die in Auftrag gegebenen, überarbeiteten Karten fertiggestellt sein. Dieser Teil des Beschlusses von vor drei Jahren ist immerhin sauber im Protokoll dokumentiert.

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