Erst seit September 2021 empfiehlt die Stiko eine Impfung für Schwangere ab der 13. Schwangerschaftswoche. Zuvor sollen schlicht Daten gefehlt haben, um eine sichere Empfehlung abgeben zu können. Dieser relativ späte Zeitpunkt ist für Priv-Doz Dr. Stefan Rimbach, Chefarzt der Gynäkologie im Krankenhaus Agatharied, einer der Hauptgründe für die bisher eher geringe Zahl an geimpften Frauen, die derzeit ihr Kind in Agatharied zur Welt bringen. Genauere Zahlen, wie hoch die Impfbereitschaft unter den Frauen inzwischen ist beziehungsweise wie viele Schwangere bisher geimpft sind, gebe es noch nicht.
Spezifische Risiken für Schwangere mit Corona
Dabei sei laut Rimbach zu hoffen, dass die Impfbereitschaft hoch ist, denn dafür gebe es gute Gründe. Schwangere gelten grundsätzlich als vulnerable Personengruppe, jedoch nicht, weil sie sich leichter infizieren, sondern weil bei ihnen, genau wie bei Alten und Kranken, mehr spezifische Risiken vorliegen.
So ist die Rate der Frühgeburten bei Covid-infizierten Schwangeren doppelt so hoch wie bei gesunden Schwangeren. Ebenso zeichnet sich eine statistisch höhere Totgeburtenrate ab. Grund dafür seien Gefäßveränderungen, die durch eine Erkrankung mit Covid-19 auftreten können. Diese kommen teils auch in der Plazenta vor und gefährden in Form von Thrombosen oder einer allgemeinen Insuffizienz des Organs die Versorgung des ungeborenen Kindes. Rimbach erklärt:
Deshalb ist es auch so wichtig, positiv getestete Schwangere in engen Abständen mittels Ultraschall zu untersuchen, unter anderem, um eben den Blutfluss und damit die Versorgung des Kindes zu kontrollieren.
Eine höhere Zahl an Fehlgeburten oder Fehlbildungen im Zusammenhang mit einer Covid-Infektion gebe es allerdings nicht, ergänzt er.
Gefahren für das ungeborene Kind
All das könnte leicht verhindert werden: Mit einer Impfung. Denn im Gegensatz zu einer Infektion seien dabei bisher keine schädlichen Folgen oder abnorme Nebenwirkungen für Mutter oder Kind bekannt. Im Gegenteil: Es seien sogar Fälle aufgetreten, in denen das Baby über Antikörper verfügte. Rimbach spezifiziert:
Es ist also zu vermuten, dass eine Leihimmunität, wie wir das auch von anderen Impfungen kennen, auftritt.
Erschwerend hinzu komme besonders für Hochschwangere, die sich mit Corona infiziert haben, die Isolation in einer Zeit, in der man die Nähe von Partner und Angehörigen wohl am meisten braucht. “Denn im Krankenhaus wird natürlich ein enormer Aufwand betrieben, um die Infektionen einzudämmen und andere Schwangere zu schützen,” sagt Rimbach.
“Uns ist wichtig, den Covid-Positiven einen möglichst normalen Ablauf zu ermöglichen, was oft nicht einfach ist. Gleichzeitig sollen gesunde Patientinnen nicht unter den Auswirkungen des Virus auf den Betrieb leiden.” Rimbach betont:
Natürlich laufen die Infektionen bei Schwangeren oft auch asymptomatisch ab und sind scheinbar gar nicht so schlimm, doch das Risiko eines schweren Verlaufs und nicht absehbare Gefahren für das ungeborene Kind sind gegeben.
Dennoch: Ist eine Schwangere Corona-positiv und muss entbinden, gilt die Regel: Nur nicht-infizierte Partner dürfen während der Geburt dabei sein. Wenn der Partner Corona infiziert ist, bringt die Frau das Kind im Beisein der Hebamme und der Ärzte zur Welt.
Sorge vor Fehlinformationen
Gerade in Fällen, in denen die Geburt eingeleitet werden muss und sich der Vorgang eventuell über Tage zieht, eine schwierige Situation. Sorgen machen dem Chefarzt derzeit auch die Fake-News, die sich mit immer abstruseren Fehlinformationen im Internet zunehmend Aufmerksamkeit verschaffen.
Da steht dann in etwa, dass alle Positiv getesteten nur noch per Kaiserschnitt entbunden werden – völliger Unsinn.
Die Art der Entbindung richte sich immer nach dem Verlauf der Geburt und der Frau. Ganz allgemein liefe alles genauso ab wie immer – Ärzte sind vor Ort, die Kinder werden untersucht, man kümmert sich. “In dieser Zeit haben wir so viel Geburten wie noch nie”, ergänzt Rimbach. Der Betrieb läuft gut, trotz oder gerade wegen des Riesenaufwandes, der zum Infektionsschutz betrieben wird.
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