Senioren – Eine Gefahr im Straßenverkehr?

Am Dienstag ist eine 83-Jährige mit ihrem BMW gegen den Maibaum in Rottach gekracht. Der Vorfall ging relativ glimpflich aus – das hätte auch anders laufen können. Die Zahlen zeigen – Unfälle, die von Rentnern verursacht werden, nehmen zu.

Am Dienstag ist eine 83-Jährige in Rottach gegen den Maibaum gefahren
Am Dienstag ist eine 83-Jährige in Rottach gegen den Maibaum gefahren

Nachlassende Sehkraft, schlechter werdendes Gehör und abnehmende Reaktionsfähigkeit – vor allem Rentner haben oft Schwierigkeiten im Straßenverkehr mitzuhalten. Gerade erst am Dienstag ereignete sich ein Unfall in Rottach-Egern. Dabei fuhr eine 83-jährige Rottacherin frontal in den Maibaum am Rathaus.

Nach ersten Erkenntnissen wollte die Rentnerin auf Höhe der Commerzbank rückwärts ausparken. Neben der Rottacherin befand sich auf der Beifahrerseite ihr 89-jähriger Ehemann. Um der Frau das Ausparken zu ermöglichen, hielt ein 55-jähriger LKW-Fahrer hinter dem BMW der Rottacherin an. Laut Zeugenaussagen blieb die Frau, während ihres Manövers, zuerst an einem Bordstein hängen und gab anschließend zu viel Gas, so dass sie rückwärts gegen den stehenden LKW fuhr.

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Danach legte die Frau den Vorwärtsgang ihrer Automatik ein und raste mit aufheulendem Motor quer über die Nördliche Hauptstraße und dann frontal in den gegenüberliegenden Maibaum. Sowohl die BMW-Fahrerin, als auch ihr Beifahrer verletzten sich bei dem Zusammenstoß mit dem Maibaum und mussten ins Krankenhaus eingeliefert werden. Insgesamt entstand ein Sachschaden von rund 36.000 Euro. Wolfgang Strobl von der Polizeiinspektion Bad Wiessee geht von einer Schockreaktion aus. Weiter betont er:

Außerdem stellen wir fest, dass Seniorenunfälle vor allem mit Automatikfahrzeugen geschehen. Ein anderes Fahrzeug würde beim Verwechseln der Pedale eher abgewürgt werden, doch beim Automatikgetriebe hat das gleich ganz andere Folgen.

Vor allem im Tegernseer Tal sind viele ältere Menschen wohnhaft, die nur schwer oder gar nicht auf ihr Auto verzichten können. Diese Problematik wird durch die schlechten Verbindungen der öffentlichen Verkehrsmittel verursacht. Busfahren ist häufig mit viel Umstand verbunden, Taxifahren hingegen zu teuer. De facto bleibt oft nur das Auto.

In den Verkehrsstatistiken wird seit einigen Jahren gesondert auf Unfälle mit Beteiligung von über 70-Jährigen geachtet. Denn klar ist auch, im Alter steigt das Unfallrisiko an. So konnte auch 2015 auch im Tal wieder ein Anstieg verzeichnet werden: Insgesamt 176 Unfälle wurden im Tal von Rentnern verursacht. Bei 24 davon wurden Personen verletzt.

2014 waren es noch 142 sogenannte „Seniorenunfälle“. Häufigste Unfallursache waren in 81 Fällen Fehler beim Wenden oder Rückwärtsfahren, in 26 Fällen Vorfahrtverstöße, 16 Auffahrunfälle, sowie in 35 Fällen Verstöße gegen das Rechtsfahrgebot bzw. Fahrfehler. Strobl erklärt:

Zwar ist die Anzahl der Seniorenunfälle im Tegernseer Tal ein bisschen höher als insgesamt in Bayern, dennoch sind die Zahlen noch im Rahmen. Wichtig ist, dass sich gerade die älteren Autofahrer selbst reflektieren. Sonst ist es wichtig, dass auch die Verwandtschaft reagiert und den Fahrer darauf hinweist, nicht mehr fahrtauglich zu sein.

Viele Experten raten daher seit Jahren zu einer Art Fitnesstest im Alter, um die Verkehrstauglichkeit fest- beziehungsweise sicherzustellen. Auch laut einer repräsentativen Forsa-Umfrage im Auftrag des Deutschen Verkehrssicherheitsrats im vergangenen Jahr hält jeder zweite Autofahrer solch einen Test für sinnvoll.

Anfang dieses Jahres forderten die Grünen sogar einen verbindlichen Fahrtest aller über 75-Jährigen. Die Regierung lehnte diesen Vorschlag ab. Man wolle die Autofahrer nicht bevormunden.
Doch die Zustimmung für regelmäßige Tests sinkt genau bei der Gruppe, die davon „betroffen“ wäre: Nur 36 Prozent der über Sechzigjährigen sind bereit, sich testen zu lassen.

Senioren geben Führerschein oft freiwillig ab

Deutschland ist damit eines der wenigen Länder in Westeuropa, die bisher diesen sogenannten „Rentner-TÜV“ nicht eingeführt haben. Aber Strobl weiß: “In anderen Ländern gibt es solche Tests ja für Senioren. Bei Einzelfällen könnte man durchaus sagen, dass das eine gute Idee ist, aber gerade in den ländlichen Bereichen sind die Menschen auf ihren Führerschein angewiesen, sie sehen das auch als Teil ihrer Lebensberechtigung an.”

Eine Lösung gibt es also nicht. Trotzdem hat die Polizei Möglichkeiten bei besonders schweren Fällen einzugreifen. “Wenn Senioren bei schweren Verkehrsunfällen beteiligt sind und wir altersbedingt sehr starke Beeinträchtigungen feststellen, ist es möglich, dass der Führerschein entzogen werden kann – jedoch muss das schon sehr gut begründet sein”, so Strobl. Außerdem sei es in den meisten Fällen so, dass die Senioren nach einem Unfall freiwillig ihren Führerschein abgeben.

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