Sie sind da – und bleiben nicht allein

Über die Feiertage hinaus schauen wir uns die großen Themen des vergangenen Jahres noch einmal genauer an. Die Ankunft der Asylbewerber ließ im Jahr 2014 niemanden kalt: sie bezogen auch im Nordlandkreis Quartier. Jetzt gilt es, sich zu integrieren. Die Gemeinden müssen sich hingegen für 2015 wappnen.

2014 begrüßte Holzkirchen rund 50 Asylbewerber im Containerdorf. Die Tendenz neuer Anwärter steigt weiterhin.
2014 begrüßte Holzkirchen rund 50 Asylbewerber im Containerdorf. Die Tendenz neuer Anwärter steigt weiterhin.

An die 400 Asylbewerber sind momentan im Landkreis Miesbach untergebracht. Während sich die Gemeinden im Tegernseer Tal vorerst zierten und nur vereinzelt einige „internationale Gäste“ begrüßten, war man im Norden weniger passiv. So hat alleine Holzkirchen bis dato rund 50 Asylbewerber im Containerdorf untergebracht. Ebenso viele Ehrenamtliche kümmern sich in Form eines Helferkreises um die Neuankömmlinge, gestalten ihren Alltag und helfen ihnen somit, sich einzuleben.

Bereits im Juli standen die Container an der Erich-Kästner-Straße in Holzkirchen bereit. Mit der Bauleitplanung hatte sich die Gemeinde damals beeilt, doch der ambitionierte, Zeitplan konnte nicht eingehalten werden. Anschlüsse zu schalten und ausreichende Lärmschutzvorkehrungen zu treffen, dauerte seine Zeit. Erst im September war es dann soweit. Holzkirchen begrüßte die ersten Asylbewerber.

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Zwei junge Senegalesen machten den Anfang. Roland Klebe vom Helferkreis erklärte damals der Holzkirchner Stimme die Schlüsselfunktion der beiden: im Landkreis hätten sie sich bereits etwas „eingelebt“, da sie bisher in Fischbachau untergebracht waren. Daher könnten sie die Neuankömmlinge ideal unterstützen und vermitteln. Schon zwei Tage später füllte sich das Containerdorf weiter. Die große Aufgabe, die Asylbewerber zu integrieren, lastet auf den Schultern von Ehrenamtlichen – der Bund steht den Gemeinden nur wenig zur Seite, kritisierte damals Bürgermeister Olaf von Löwis (CSU) die Gesamtsituation.

Ist die „Katastrophe für alle“ abzuwehren?

Schon Anfang Oktober musste man den Fakten ins Auge sehen: „Wir sind mit den Plätzen am Ende“, so Pressesprecherin Gabriele Dorby vom Landratsamt Miesbach. Über den landkreiseigenen Turnhallen hängt deshalb seitdem das Damoklesschwert. Doch die Botschaft scheint in vielen Gemeinden noch nicht so anzukommen. Holzkirchens zweite Bürgermeisterin Elisabeth Dasch (SPD) zeigt Verständnis und verweist auf die Richtlinien des „Königssteiner Schlüssels“:

Was sollen die Mitarbeiter des Landratsamts tun? Die Asylbewerber unterhaken und mit nach Hause nehmen? Der Appell geht jetzt an meine Kollegen: Augen und Ohren müssen sie offen halten, um neue Räumlichkeiten zu finden.

Und das betreffe jede Kommune, so Dasch weiter. Gemäß des Schlüssels müssten die Flüchtlinge gleichmäßig und gerecht unter sowie innerhalb der Landkreise verteilt werden. Auch ein Anliegen des Holzkirchner CSU-Ortsvorsitzenden Bernd Weinmann: Die Last müsse auf vielen Schultern getragen werden – auch dort, „wo es einen schönen See gibt“. Und da die Aufnahmeeinrichtungen, wie die Container in Holzkirchen, schnell voll waren, traf es auch die Stadt Tegernsee.

Die neuen Asylbewerber in der Turnhalle unterzubringen ist für die Marktgemeinde die letzte Lösung. / Quelle: BP Rosenheim
Die neuen Asylbewerber in der Turnhalle unterzubringen, ist für die Marktgemeinde Holzkirchen die letzte Lösung. / Quelle: BP Rosenheim

Der Ernstfall war eingetreten. Da Tegernsee keine Lösung zur Unterbringung von Asylbewerbern parat hatte, musste die alte Turnhalle dran glauben. Doch solche Notunterkünfte platzen inzwischen aus allen Nähten. So auch das Containerdorf in Holzkirchen. Eifrig ist die Marktgemeinde auf der Suche nach neuen Unterbringungsmöglichkeiten – auch, wenn andere Gemeinden immer noch ihre Hausaufgaben zu machen hätten, so Dasch.

Die Flucht: Mogadischu – Rosenheim – Holzkirchen

Während sich die Frage „Wohin mit neuen Asylbewerbern?“ als Zerreißprobe für sämtliche Gemeinden im Landkreis Miesbach entpuppte, machte sich die HS zum Flüchtlingsumschlagspunkt Nummer Eins auf. Zusammen mit Beamten der Bundespolizei Rosenheim ging es für eine Redakteurin auf Flüchtlings- und Schleuserfahndung. Für viel Geld transportieren kriminelle Schleuser Flüchtlinge unter menschenunwürdigen Bedingungen in Kleintransportern über die deutsch-österreichische Grenze ins Oberland.

Im letzten Jahr häufen sich die Aufgriffe, bestätigte Polizeihauptkommissar Rainer Scharf. Mit den vereinzelten Kontrollen auf der A8 kratz die Bundespolizei dagegen nur an der Oberfläche, so Scharf weiter. Im Oktober konnten die Beamten jedoch über hundert Flüchtlinge am Rosenheimer Bahnhof aus einem Zug ziehen. Mehr als 8.000 unerlaubt Einreisende konnten 2014 aufgegriffen werden. Nach der Registrierung durch die Bundespolizei kommen sie nach München und werden von dort auf die Landkreise verteilt. Ein Schicksal wie das des aufgegriffenen Jabril könnten also auch Holzkirchner Asylbewerber hinter sich haben.

Nach einer Flucht, die wie diese ausgesehen haben könnte, brauchen die Asylbewerber Unterstützung in der neuen Heimat. Quelle: Bundespolizei Rosenheim.
Nach einer Flucht, die wie diese ausgesehen haben könnte, brauchen die Asylbewerber Unterstützung in der neuen Heimat. Quelle: Bundespolizei Rosenheim.

Einem gutstrukturierten Helfernetzwerk ist es dann auch zu verdanken, dass sich die Flüchtlingen nach den vorangegangenen Strapazen am neuen Wohnort zumindest ein wenig wohlfühlen können und sich so gut wie möglich integrieren. Neben Deutschunterricht versucht der Helferkreis in Holzkirchen dazu auch Sport, Freizeit, Kultur, Religion und Alltagsbewältigung in den Alltag einzubauen.

Im Herbst lernten die Asylbewerber erstmals die bayerische Kultur kennen. Zusammen packten alle mit an und halfen bei den Aufbauarbeiten zum Kartoffelfest. Auf gute Nachbarschaft setzt man auch in der Erich-Kästner-Straße. Besonders die Oberstufen-Schüler der FOS zeigen reges Interesse an ihren Nachbarn und stellen die Weichen zum Kontakt mit Gleichaltrigen. Für viele Holzkirchner Asylbewerber wird die Arbeitssuche der nächste Schritt sein – auf dem Weg zu Selbstständigkeit in der neuen Heimat. Dann können sie Neuankömmlingen Starthilfe geben.

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