“Sie wollen arbeiten und Geld verdienen”

Derzeit leben zirka 1.100 Flüchtlinge im Landkreis Miesbach. Aktuell werden keine neuen Asylbewerber mehr zugewiesen. Eine kleine Atempause, um sich neuen Aufgaben zu widmen. Zum Beispiel der beruflichen Integration. Diese Herausforderungen und Chancen warten auf Arbeitgeber, die einen Asylbewerber aufnehmen.

Diese fünf haben einen Job in einem Rottacher unternehmen - zwei im Warmbad
Diese fünf haben einen Job in einem Rottacher unternehmen – zwei von ihnen arbeiten im Sommer im Warmbad

Der Festsaal im Kultur im Oberbräu gestern Abend ist gut gefüllt. Das Thema interessiert. Der Gastgeber des Abends, Holzkirchens Bürgermeister Olaf von Löwis, lädt zusammen mit der Standortmarketing-Gesellschaft Landkreis Miesbach (SMG) und der Europäischen Metropolregion München zum Informationsabend ein. Das Thema: Berufliche Integration von Flüchtlingen, speziell im Landkreis Miesbach.

Dazu haben sich neben den Veranstaltern unter anderem auch Landrat Wolfgang Rzehak, Max Niedermeier, Integrationsbeauftragter des Landkreises und Vertreter aus der Agentur für Arbeit in dem großen Saal versammelt. Rzehak läutet den Abend ein:

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Wir haben eine Zeit durchgemacht, die nicht leicht war. Viele Landkreise waren sich sicher, die große Herausforderung der Flüchtlingskrise nicht zu schaffen. Doch wir haben es geschafft! Wir haben das, dank der vielen Ehrenamtlichen, der Kirche, Verwaltung und der Bürgermeister, gut gemacht. Derzeit werden uns keine neuen Flüchtlinge mehr zugewiesen. Wir haben jetzt Luft für die Integration. Es ist jetzt unsere Aufgabe, das zu schaffen.

Der Landkreis Miesbach hat eine Arbeitslosenquote von 2,6 Prozent (Stand: Mai 2016). Max Niedermeier, der sich um die Flüchtlinge im Landkreis kümmert, bestätigt: “Unsere Schützlinge wollen vor allem arbeiten und Geld verdienen”. Zudem wüssten viele Firmen oft nicht, wie sie ihre freien Stellen besetzen sollen, fügt Rzehak hinzu. Doch viele Arbeitgeber sind skeptisch, bei der Einstellung von Flüchtlingen, andere wiederum berichten nur positives. Hierzu einige Zahlen:

  • 34 Prozent der Unternehmen im Landkreis Miesbach planen einen Flüchtling einzustellen
  • 68 Prozent der Unternehmen, die bereits Flüchtlinge eingestellt haben, würden es wieder tun

Es gibt aber auch die andere Seite:

  • 80 Prozent der über 25-jährigen Asylsuchenden haben ihre Ausbildung abgebrochen
  • Sprachprobleme an erster Stelle sowie rechtliche Rahmenbedingungen und mangelnde Qualifikationen erschweren die Einstellung von Flüchtlingen

Auch Niedermeier bestätigt, dass die Sprache für eine erfolgreiche Integration das allerwichtigste Mittel sei.

Wir arbeiten im kompletten Landkreis mit demselben Lehrmaterial. So wissen die Lehrer, auch bei Neuzugängen, gleich auf welchem Wissensstand sie sind. Insgesamt haben wir sieben Berufsschulklassen mit Flüchtlingen. Sprachkurse finden in Pfarrheimen, privaten Unterkünften oder in den Hallen direkt statt. Trotz aller Schwarzmalerei gibt es bei uns im Landkreis wenig zu beklagen.

Er ist sich sicher: Mit ein wenig Geduld und Ausdauer der Arbeitgeber, die die Flüchtlinge während ihrer Ausbildung begleiten, könne man optimistisch in die Zukunft schauen. Unterstütz werden Arbeitgeber dabei vom Landratsamt und der Agentur für Arbeit. Zuerst muss der Aufenthaltstitel eines Flüchtlings geklärt werden. Stefan Köck vom Fachbereich 21, Ausländer- und Asylangelegenheiten im Landratsamt Miesbach erklärt:

Darf ein Flüchtling in Deutschland bleiben, muss ein Antrag auf Arbeitsgenehmigung beim Landratsamt gestellt werden. Dieser ist schon nach drei Monaten nach dem Asylantrag möglich. Anschließend wird der Antrag durch die Arbeitsagentur geprüft und im besten Fall genehmigt.

Marinco Krstevski vom Arbeitgeberservice in der Agentur für Arbeit bestätigt, dass 90 Prozent der Anträge zugestimmt wird. Dennoch müsse man auch die bestehenden Arbeitslosen berücksichtigen. Erst wenn durch eine Vorrangprüfung festgestellt wurde, dass kein bestehender Arbeitsloser für die freie Stelle in Frage kommt, kann die Stelle an einen Flüchtling gehen, so Krstevski.

Gespannt lauscht der volle Festsaal dem Vortrag des Integrationsbeauftragten des Landkreises, Max Niedermeier./Bild: Lorefice
Gespannt lauscht der volle Festsaal dem Vortrag des Integrationsbeauftragten des Landkreises, Max Niedermeier./Bild: Lorefice

Erfahrungen mit Flüchtlingen im Betrieb hat auch Florian Perkmann, Geschäftsführer der Bäckerei und Konditorei Perkmann in Miesbach gemacht. Wichtig sei vor allem klare Regeln aufzuzeigen, so der Bäckermeister.

Man muss den jungen Leuten klar machen, dass wir nicht da sind, um ihre Familien zu versorgen sondern, dass sie nach drei Jahren ein neues Leben mit einer abgeschlossenen Ausbildung beginnen können.

Flüchtlinge eingestellt habe er, weil im Bäckereiberuf der Nachwuchs fehle. Aber auch er als Arbeitgeber musste dazulernen. “Man muss sich klar machen, dass die Leute teilweise traumarisiert sind und ohne Struktur gelebt haben. Man muss die Ausbildung mit harter Hand begleiten. Die Lehrlinge brauchen die Struktur, die sie vorher nicht gehabt haben, dann funktioniert das auch”, so Perkmann.

Arbeitgeber die Flüchtlinge einstellen wollen können sich beim Landratsamt  informieren oder sich bei Marinco Krstevski vom Arbeitgeberservice unter der 08024/ 9047 35 und Marino.Krstevski@arbeitsagentur.de melden.

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