Skifahren am Tegernsee – damals und heute

So langsam hält der Winter auch im Tegernseer Tal Einzug. Ein wenig Schnee vermittelt zumindest einen ersten winterlichen Eindruck. Und seit gestern hat auch die Loipe an der Moni-Alm geöffnet.

Doch die letzten Wochen brachten für die meisten Wintersportler im Tal keine allzu guten Nachrichten. Aufgrund der milden Temperaturen und fehlender Niederschläge musste unter anderem das Tegernseer Winteropening größtenteils abgesagt werden. Ein Rumpfprogramm blieb zwar bestehen, die große Party wird es trotz allem nicht mehr. Dafür fehlen die Gäste.

Und bereits Ende Oktober hatte der Betreiber der Sonnenmoos-Lifte aufgegeben. Die gerade bei Anfängern und Kindern beliebten Lifte in Rottach-Egern werden bereits in dieser Saison nicht mehr laufen. Gründe genug für die Tegernseer Stimme, dem Wintersport im Tal einen ausführlichen Bericht zu widmen.

Mühsame Aufstiege, unpräparierte Abfahrten

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Bereits vor über 100 Jahren begann in unserer Region das Interesse am Wintersport. Gerade das Skifahren wurde immer populärer, teilweise wurden sogar Sonderzüge eingesetzt, um die Wintersportler in die Berge zu bringen. Allerdings gab es noch keine Liftanlagen, auf den Berg kommen war daher mehr als mühsam, mitunter waren die Hänge durchzogen von Schlangen an Skifahrern beim Weg auf den Gipfel.

Am Hirschberg - damals

Die Abfahrten, damals noch weit entfernt von den heutigen modellierten Pisten, wurden noch mittels Einstampfen des Schnees präpariert.

In dieser Zeit gründeten sich die diversen Skiclubs im Tal, erste Wettkämpfe wurden durchgeführt und auch der Wunsch nach einem leichteren, weniger beschwehrlichen Aufstieg wurde immer deutlicher.

Bereits 1951 beförderte die Wallbergbahn die ersten Gäste, der berüchtigte Glaslhang und das Kanonenrohr wurden mehrmals am Tag von wagemutigen Skifahrern in Angriff genommen.

Anfang der 60er Jahre beschloss man dann an diversen Hängen im Tal Lifte und Pisten anzulegen.

Neben dem Hirschberg, wo man bereits 1965 den ersten Schlepplift baute – damals musste man noch zu bis zur Talstation aufsteigen, denn Seillifte waren noch nicht vorhanden – wurde auch am anderen Ende von Kreuth ein kleines Skigebiet an der Thomawiesn errichtet. Heute werden das nur noch eine Handvoll Einheimischer kennen.

In der heutigen Zeit undenkbar, wurden damals in großem Stil Bäume gefällt und Lifte gebaut. Der Naturschutz spielte noch keine Rolle. Klimawandel und langwierige Genehmigungsprozesse gab es nicht.

Und auch wenn der Thomalift bereits nach sechs Jahren wieder geschlossen und abgebaut wurde, entstanden in den kommenden Jahren viele weitere Lifte im Tal. Grea Wasserl, Bucherhang, Prinzenruh – auch diese Namen würde man heute nicht mehr mit dem Wintersport in Verbindungen bringen.

Selbst ganz hinten in der Valepp ist man damals Ski gefahren – ein kleiner Rucksacklift, den ein französischer Skiclub benutzt hat – diente einige Jahre als Aufstiegshilfe.

Die Zeiten haben sich geändert

Doch wie so oft, viele der in den damaligen Boomjahren des Skisports geschaffenen Gebiete und Dorflifte, wie sie bei unseren Nachbarn in Österreich genannt werden, konnten die Zeit nicht überdauern.

Einige schneearme Winter reichten aus – ja, die gab es auch damals schon – und schon fehlte oftmals das Kapital für die finanziell sehr aufwändige Instandhaltung der Anlagen oder die TÜV-Prüfungen. Zudem zog es die Wintersportler immer stärker in die großen Skigebiete jenseits der Grenze nach Österreich, die mehr und mehr aufrüsten konnten.

Das große Liftesterben begann bereits in den 90ern. Nach und nach schlossen die kleineren Gebiete. Auch am Wallberg stellte man den offiziellen Skibetrieb 2001 ein. 2003 musste dann sogar der Betrieb am Spitzingsee Insolvenz anmelden.

Nur durch umfangreiche Investitionen der Schörghuber-Gruppe konnte der Skibetrieb rund um den Stümpfling und Taubenstein aufrecht erhalten werden. Mittlerweile ist das Skigebiet auf einem guten Weg. Die Infrastruktur wird Jahr für Jahr verbessert. Viele Millionen floßen in die künstliche Beschneiuung und neue Bahnen, die die verwöhnten Skifahrer auch in Zukunft weiter anlocken sollen.

Sonnenmoos, Hirschberg, Sonnenbichl – die Zukunft ist gemischt

Doch wie sieht die Zukunft für die restlichen Gebiete im Tal aus? Gerade vor dem Hintergrund der Schließung am Sonnenmoos.

Solange es genügend Schnee gibt werden wir den Lift weiter betreiben, sagt Josef Kandlinger, der die Hirschberglifte im Jahr 2002 übernommen hat. Man habe erst im letzten Jahr in die Beschneiung im unteren Bereich investiert, dieses Jahr wurde das Seil am großen Lift erneuert.

Am Hirschberg - heute

Auch wenn eine Komplettbeschneiung der Hauptpiste nicht machbar ist – die Kosten sind für das Familienunternehmen einfach nicht zu stemmen – so ist zumindest der Betrieb im Anfängerbereich auch in schneearmen Wintern möglich. Das Gebiet nochmal erweitern, kommt für Kandlinger nicht in Frage. “Die Leute kommen extra aus München zu uns, das bestehende Angebot wird sehr gut angenommen,” freut sich der Besitzer.

Neben den Liften am Hirschberg bietet das Tal auch heute noch viele weitere Wintersportmöglichkeiten. Doch das Angebot hat sich “ausdifferenziert”, wie die Touristiker sagen: Freerider und Rodler nutzen den Wallberg. An den Oedbergliften in Ostin ist das Angebot trotz kleinem Hang so groß, dass gerade Familien dort ohne Probleme einen kompletten Tag verbringen können. Und am Kirchberglift in Kreuth kommen die Zwergerl und Anfänger auf ihre Kosten. Nicht zu vergessen die Tourenskigeher, die mal mehr, mal weniger geduldet an der Sutten ihre Runden drehen. Zusammen mit den Skifahrern, die dort oft noch bis in den April beste Bedingungen vorfinden.

Der Sonnenbichl – ein talweites Erfolgsprojekt

Doch das wohl ambitionierteste Projekt verfolgt derzeit eine Gruppe von Wintersportbegeisterten rund um den dritten Kreuther Bürgermeister Wolfgang Rebensburg. Es ist noch gar nicht so lange her, da war mit den Liften am Sonnenbichl ein weiteres äußerst traditionsreiches Skigebiet von der Schließung betroffen.

Mit den Jahren hatte der Betrieb mangels Gästen ein enormes Defizit angehäuft, die Gemeinde Bad Wiessee wollte die Lifte schließen. Um das zu verhindern, wurde ein umfangreiches Konzept erarbeitet, wie man das Gelände auch in Zukunft weiterhin nutzen kann. Die Gemeinde stimmte zu und bereits nach einem Jahr stehen die Zeichen auf Erfolg. Ein Erfolg, der nur durch großzügige Spenden und unzählige Stunden ehrenamtlicher Helfer überhaupt erst möglich wurde.

Am Sonnenbichl

Die Firma Audi konnte als Sponsor gewonnen werden. Der Hang war während der Ski-WM 2011 offizieller Trainingshang. Und im Februar 2012 werden dank neuer Beleuchtung zwei Europacup-Slaloms als Nachtrennen ausgerichtet. Das große Ziel, so Rebensburg, sei es ab 2016 wieder Weltcuprennen am Sonnenbichl zu starten.

Der Trend zur eigenen Region – auch beim Skifahren?

Neben den positiven Signalen aus den einzelnen Gebieten im Tegernseer Tal, scheint ein weiterer Trend für gute Stimmung bei den Betreibern zu sorgen. Denn auch wenn die Großraumskigebiete in Österreich immer mehr bieten, wird es gerade für größere Familien immer schwieriger, die gestiegenen Preise noch zu bezahlen.

So kann ein Tagesausflug mit Liftpass, Mittagessen und den Benzinkosten im Zillertal gut und gerne 200,- Euro kosten. Grund genug, statt der weiten Anfahrt den Tag an einem der Lifte im Tal zu verbringen. Das Angebot dafür ist jedenfalls vorhanden und der Winter kann auch endlich kommen.

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