“Spielstraßen verdummen die Kinder”

Wer auf Spielstraßen in Holzkirchen hofft, hat schlechte Karten. Der Verkehrsausschuss lehnte jüngst einen Antrag für den Lechlweg ab – Spielstraßen böten eine trügerische Sicherheit. Man war sich einig: Kinder gehören nicht auf die Straße. Und Spielstraßen könnten sogar zu einer “Verdummung der Kinder” führen.

Der Kreisverkehr des HEP führt manchmal zu "Irrläufern", die falsch abbiegen.
Der Kreisverkehr des HEP führt manchmal zu “Irrläufern”, die falsch abbiegen.

Weniger Verkehr wünschen sich die meisten Bürger, vor allem dort, wo sie wohnen. So auch die Anlieger des Lechlwegs in der Nähe des HEP-Einkaufszentrums: Diese wünschen sich für ihre Straße eine Umwandlung der Tempo 30-Zone in eine Spielstraße und stellten einen entsprechenden Antrag. Eine Temporeduzierung sei aufgrund vieler Kinder und Radfahrer angebracht, heißt es in dem Schreiben. Vor allem die HEP-“Irrläufer” seien gefährlich.

17 Unterschriften hatten die Anwohner um Daniel Dibbets gesammelt. Und der stellte klar, dass das Gefährliche an den unabsichtlich abgebogenen Autofahrern und den Bahnpendlern deren Hast sei. Schnell wieder raus, schnell zur Bahn oder schnell nach Hause. Dabei würden sich viele nicht an das Tempolimit von 30 km/h halten und die spielenden Kindern unnötig gefährden.

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Im letzten Orts- und Verkehrsplanungsausschuss in dieser Legislaturperiode am vergangenen Dienstag wurde nun über den Antrag abgestimmt. Dabei war man sich schnell einig und lehnte den Antrag ab. “Es gibt wohl nicht recht viel ruhigere Straßen im Ort”, sagte Bürgermeister Josef Höß. Eine drastische Temporeduzierung würde den Ortsverkehr unnötig behindern. Mit Schrittgeschwindigkeit täten sich außerdem sogar die Radfahrer schwer, scherzte der Bürgermeister. Zudem müsse man zwischen reiner Spielstraße und einem verkehrsberuhigten Bereich unterscheiden, so Höß. Meist werden beide Begriffe synonym verwendet.

Bisher keine Spielstraße in Holzkirchen

„Auf einer Spielstrasse gibt es ein Fahrverbot für Fahrzeuge aller Art – auch für Radler“, erklärt Josef Maurus vom ADAC Südbayern auf Anfrage der Holzkirchner Stimme. Ein verkehrsberuhigter Bereich hingegen bedeute, dass es weder Gehsteige noch Fahrradwege gäbe und dass Parken nur in gekennzeichneten Flächena erlaubt sei. Außerdem dürften alle Verkehrsteilnehmer nur Schrittgeschwindigkeit, also 3-7 km/h, fahren. „Das bedeutet für Autofahrer den 1. Gang und für Radler meist, dass sie ihren Drahtesel schieben!“ erläutert der ADAC-Fachmann.

Bislang gäbe es in Holzkirchen keine einzige Spielstraße, wohl aber vier verkehrsberuhigte Bereiche. So die aktuelle Bilanz von Hans Bachhuber von der Holzkirchner Strassenverkehrsbehörde.

Aber wir haben nicht die besten Erfahrungen gemacht: Viele Autofahrer, ja sogar die Anlieger, brausen trotzdem einfach durch.

Auch der Gemeinderat und Polizist Bernd Weinmann sagte bei der Sitzung des Verkehrsausschusses, er könne sich am Lechlweg maximal einen verkehrsberuhigten Bereich vorstellen. Doch er räumte Bedenken ein: “Dieser suggeriert auch eine trügerische Sicherheit für Kinder.” Es wäre besser, die Kinder lernten von Anfang an ein vorsichtiges Verhalten im Strassenverkehr. Dem pflichete Josef Sappl sen. bei: “Eine Straße ist nicht zum Spielen da. Spielstraßen führen zur Verdummung der Kinder.”

Der Lechlweg wird zu keiner Spielstraße und auch nicht zu einem verkehrsberuhigten Bereich.
Der Lechlweg wird zu keiner Spielstraße und auch nicht zu einem verkehrsberuhigten Bereich.

Diese Art der Straßen sendeten ein falsches Signal aus, so der Gemeinderat. Kinder sollten diese Orte nie als selbstverständliches, ungefährliches Spielterrain kennenlernen. Verständnis zeigten die Mitglieder des Verkehrsausschuss indes für die Sorge der Anwohner des Lechlweg, dass Pendler ihre Autos dort und nicht am Bahnhof abstellten.

Man wolle über eine Regelung gegen Dauerparker nachdenken, so Höß. Auch Bernd Weinmann hatte Verständnis, dass die Anwohner den Verkehr in ihrer Straße reduzieren möchten. Für Parker schlug er eine zeitliche Limitierung auf zwei oder drei Stunden vor. Doch Elisabeth Dasch (SPD) machte auch klar, was das für Besucher der Anwohner bedeutet. Denn will ein Besuch dann länger bleiben, “muss der auf den Dauerparkplatz an der Industriestraße ausweichen“.

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