„Stacheldraht ist nicht die Lösung“

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Kinder spielen. Das ist so natürlich wie Vögel, die zwitschern. Doch nicht jeder mag Vogelgesang. Und auch spielende Kinder sind nicht überall gern gesehen – so zum Beispiel in Dürnbach. Die Bushaltestelle an der Hauptstraße liegt neben einem Einrichtungsgeschäft. Der Eigentümer des Hauses versucht seit geraumer Zeit, spielende, auf den Bus wartende Kinder mit fragwürdigen Methoden fernzuhalten: Auf Holzbalken am Parkplatz ist Stacheldraht angebracht. Angeblich zu ihrem Schutz.

Kinder sind oft laut. Mehrere Kinder sind – klar – noch lauter. Und wo kommen viele Kinder zusammen? Eben. In der Schule. Oder auf dem Weg dorthin. Das ist nun mal so. Doch für manche ist das schwer zu akzeptieren. Welche Maßnahmen gegen spielende, laute und somit als Störung empfundene Kinder ergriffen werden, zeigt sich beispielhaft in Dürnbach.

Dort gibt es an der Hauptstraße eine Bushaltestelle. Direkt daneben ist ein Einrichtungshaus. Während die Kinder auf den Bus warten, spielen sie oft auf dem zum Einrichtungshaus gehörenden Privatgelände. „Teilweise sehr laut“, berichten Anwohner. Dabei geht der Eigentümer des Hauses mit durchaus harschen Methoden gegen das Problem vor: Auf den Holzbalken am Parkplatz für die Anwohner ist Stacheldraht angebracht.

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„Die Kinder sollen damit vom Balancieren auf den Balken abgehalten werden“, erzählen Eltern, deren Kinder dort auf den Bus warten. Die Angst der Hauseigentümer sei, dass die Kinder gegen parkende Autos fallen und diese dadurch beschädigen könnten. „Es geht um Auto gegen Kind“, so die Eltern. Es gehe vor allem darum, dass die Kinder nicht mehr so laut sind, so ein Anwohner.

Aus Haftungsgründen

Vonseiten anderer Anlieger heißt es, der Stacheldraht sei eine präventive Schutzmaßnahme. Die Logik ist folgende: Spielende Kinder verletzen sich oft. Kinder, die nicht spielen, folglich nicht. Und wo keine Verletzung, da keine Konsequenz für den Eigentümer. „Das Spielen der Kinder ist aus Haftungsgründen ein Problem“, sagt ein Mitarbeiter des Geschäftes.

Wenn sich spielende Kinder auf dem Privatgelände verletzen, haftet der Privatbesitzer.

Der Lärmpegel sei, wie er erzählt, oft so hoch „wie auf dem Schulhof“. Insbesondere im Winter, wenn ein großer Schneeberg auf dem Gelände liegt, sei das Herumtoben der Kinder gefährlich. Viele Eltern, berichtet der Mitarbeiter, beschwerten sich immer erst im Nachhinein, wenn etwas passiert sei. „Es ist ein zweischneidiges Schwert“, sagt er. „Eltern wollen zwar, dass ihre Kinder spielen, die damit verbundene Gefahr wollen sie jedoch nicht sehen.“

Doch was sagen die Eltern dazu? Ein Vater, dessen Sohn an dieser Haltestelle in den Schulbus einsteigt, hält nichts von der Version, dass der Draht zum Schutz der Kinder angebracht ist.

Stacheldraht anzubringen, damit Kinder nicht darauf rumbalancieren, halte ich für grob fahrlässig. Es ist einfach der falsche Weg. Stacheldraht ist nicht die Lösung.

Auch die Beschwerde über den Lärm der Kinder stellen viele in Frage: „Wir sprechen hier von der Hauptstraße“, sagen Eltern. In den Augen der Eltern stellt der Stacheldraht nicht nur für die an der Bushaltestelle wartenden Schulkinder eine Gefahr dar, sondern auch für alle anderen. Beispielsweise wenn jemand im Geschäft einkauft und dessen Kind in der Zeit draußen wartet. „Man kann einfach nicht von jedem Kind erwarten, dass es schlau genug ist und den Stacheldraht erkennt“, sagt eine andere Mutter. Überhaupt werde, so ihre Erfahrung, im Tegernseer Tal oft nach dem Motto gehandelt: „Kinder sind zwar unsere Zukunft – aber bitte nicht hier.“

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