Stille in Gottes Warteraum

In Festenbach haben drei Bauern ihr Projekt zum Neubau eines Kuhstalls zurückgezogen. Kaum war das Vorhaben bekanntgeworden, hatte sich Widerstand bei Anwohnern und der Schutzgemeinschaft aufgebaut.

Jetzt kehrt wieder Ruhe ein, eine Friedhofsruhe, wie Anton Jennerwein in seinem Kommentar findet.

In Festenbach wollten drei Bauern einen Stall für 150 Kühe errichten. Nun haben sie den Antrag zurückgezogen.
In Festenbach wollten drei Bauern einen Stall für 150 Kühe errichten. Nun haben sie den Antrag zurückgezogen.

Ein Kommentar von Anton Jennerwein
Drei Bauern in unserer Heimat wollen nicht nur subventionierte Museumslandwirtschaft mit angeschlossenen „Ferien auf dem Bauernhof“-Idyll betreiben. Sie wollen rentabel und wettbewerbsfähig sein. Sie kämpfen um ihre Existenz. Weil es nur gemeinsam geht, weil der Einzelne zermahlen wird von den Großagrariern im Norden. Dafür braucht es größere Ställe, mehr Kühe, mehr Angestellte, mehr Fläche.

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Über 150 Kühe sollten in den 80 mal 42 Meter und 60 mal zwölf Meter großen zusammenhängenden Gebäuden einmal Platz finden. So wäre der größte landwirtschaftliche Betrieb im Landreis entstanden. Und das mitten im Landschaftsschutzgebiet. Die Öffentlichkeit war skeptisch.

Der Landkreis Miesbach war jahrhundertelang eine von der Landwirtschaft dominierte Region. Nur die Talgemeinden hatten sich schon früh an den Tourismus und an die reichen Zugezogenen gefesselt. Und genau diese beiden Faktoren haben jetzt ihre Muskeln spielen lassen.

Wenn schon der Traktor stört

In Festenbach wird es keinen modernen Kuhstall geben, weil Anwohner auf ihr Recht zur Idylle pochten, weil Gemeinderäte den Konflikt scheuten und weil eine Schutzgemeinschaft weiter ihren schonungslosen Kurs zur Talkonservierung betreibt. SO hat das Tal zu sein. Landwirtschaft bitte nur in verträglichen Dosen.

Da stört schon der Traktor, der so langsam über die Bundesstraße zuckelt. Da wird die Nase gerümpft, wenn geodelt wird. Da stören die Fliegen auf dem Datschi und das Gebimmel der Kuhglocken. Aber wenn es zu Leonhardi geht, dann zückt man ganz verzückt das Smartphone und macht schöne Fotos von den Schalkfrauen und den zünftigen Rossen. Dass diese Zeugnisse der einst prächtigen Landwirtschaft sind, wird gern vergessen. Trachten ja, weil es der Postkartenvorstellung dient, Kuhställe bitte nicht, dass ist zu „Mega“.

Kategorische Ablehnung durch Wutbürger

Flugs macht der Wutbürger aus dem Tal eine Unterschriftenliste, mobilisiert das große „Nein“. Denn Ablehnung ist einfacher als Vorschläge für ein für beide Seiten erträgliches Miteinander zu finden.

So wird das Tal zum Museumsdorf, die alten Berufe zu Kleindarstellern im Kitschwunschfilm der „Nein“-Sager. Heute sind es Bauern, die mit ihren Ideen zum Überleben stören. Bald sind es die Schreiner, die bitte ihre Maschinen nicht zur Mittagszeit bedienen sollen, die Dachdecker, die nur die wenigen Stunden am Vormittag und Nachmittag nutzen dürfen, damit der Pensionär seine Ruhe genießen darf. In Gottes Warteraum zieht Stille ein.

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