Ein Geheimtipp ist die Gotzinger Trommel nicht mehr. „Nein! Uns findet jeder, von Osnabrück bis Berlin …“, grinst der Wirt im Strickjanker und mit grünem Filzhut. Und setzt gleich eins drauf: „… dank GPS!“
Eine urbayerische Kneipe mit High-Tech-Ausstattung? „Ja! Tradition ist wichtig. Aber wir haben selbst modernste Technik.“ Das Handy klingelt wieder, zum dritten Mal.
Dann setzt sich der Wirt. Und bleibt sitzen. Erst einmal. Was denn den Reiz dieses Kleinods in der Zwölf-Einwohner-Einöde über dem Mangfalltal ausmache? Die gute Küche, sagt er wie aus der Pistole geschossen. Aber es sei auch ein harmonischer Platz – und energetisch gut!
Garant für “guade Musi“
Gutes, bairisches Essen und „ein gscheids Bier“ sind ihm wichtig. Und seinen Gästen. Für die Besucher von Auswärts ist sein Kleinod ein exotischer Ausflugsort, für die Einheimischen aus der Nachbarschaft eine Art zweites Zuhause. Die kleine Gaststube aus Holz beherbergt rund 25 Gäste. Mehr Platz ist im Garten. Und natürlich im Salettl. Dort werden Theater, Kabarett, Lesungen, Opern, Konzerte und „jegliche Art guade Musi“ für hundert Leute gemacht.
Musik und Kabarett sind dem gebürtigen Miesbacher ein Herzensanliegen. Schon Herbert Rosendorfer und Jörg Hube sind in der Trommel aufgetreten. Der Wirt hat gute Kontakte. Kein Wunder, denn sein Vater war Bildhauer, Theaterspieler und Musiker, der Großvater sogar Opernsänger. Doch im Laufe von über zehn Jahren, die Triebel die Wirtschaft betreibt, sind die Aufführungen weniger geworden.
„Die Konkurrenz ist groß“, sagt 61-Jährige, „früher war ich der Einzige in der Prärie. Aber ich muss die Leute auch zahlen können.“ Zur Zeit gibt es etwa einmal monatlich einen unterhaltsamen Abend im Salettl. Der nächste Abend ist ein Musikkabarett von Markus Nagy am 4. Oktober.
Für die Sprache, insbesondere die bairische, setzt sich der zweifache Vater mit Vehemenz ein. „Hier uns gibt es den Nikolaus – nicht den Weihnachtsmann!“ wettert er. Der eine ist der mit Bischofsmütze, Stab und Bibel. Der andere ist der „Coca-Cola-Mensch“. Gut findet er, dass die Kinder heutzutage oft schon wieder den Nikolaus wollen, den echten.
Auf die Sprache müsse man rechtzeitig aufpassen. Wenn sie erst mal weg ist, sei es zu spät. Anfangen muss man bei den Kindern. Für ihn ist es eine Schande, wenn Eltern und Großeltern nur hochdeutsch mit ihren Kinder sprechen. „Mein Sohn, der kann’s noch. Aber Englisch spricht er auch.“
Doch sein Sohn ist Bierbrauer und geht demnächst nach Montana, USA. Da wird das Englische eher weiter helfen als das Bairische. Und die Tochter? Die macht „Promotion“. Er spricht es betont englisch aus.
Glücklich als Gastwirt
Vom Stammtisch, dem zweiten Zuhause mancher Gäste, schwappen ein paar Fetzen über die Asylbewerber in Thalham rüber. Dass sie mit dem Taxi zum Einkaufen fahren, weil’ s Spaß macht. Und dass die Fahrräder, die die Gemeinde extra organisiert hat, auf einem Haufen flacken. „Das ist so eine Sache, gar nicht so einfach“, philosophiert der Wirt nachdenklich.
Hans Triebel macht sich über viele Dinge Gedanken. Wichtig ist ihm Gerechtigkeit. Er regt sich über die ausländischen Fachkräfte auf, die hier für billiges Geld angeworben werden. „Die bluten ihre Länder aus statt sie aufzubauen“, kritisiert er. Hoffnung, dass hier künftig alles in vernünftigen Bahnen läuft, setzt er auf den neuen Landrat. „Auf Rzehak – nicht auf die Grünen“ differenziert er.
Hans Triebel ist ein Tausendsassa. Oder ein Multitalent, wie man heute sagen würde. Dreißig Jahre lang er Autos restauriert. Und im Kirchenchor gesungen. Dann hatte er die Nase voll und schnappte die Gelegenheit beim Schopf, die Gotzinger Trommel zu übernehmen. „Hier bin ich glücklich“ lautete sein kurzes Resumee. Er meint damit auch die Geborgenheit, den Herrgott und das Heimatliche. Überhaupt Gefühl, das ist ihm wichtig.
Er springt auf. Zeigt das historische Salettl, seinen ganzen Stolz. Eine Bekannte, die er Jahre nicht gesehen hat, kommt herein. Zum Hoagascht. Setzt sich hin, nimmt ihre Zither heraus. Und spielt. Und jodelt. Alle Gäste schweigen schlagartig. Lauschen gebannt. Eben doch ein Geheimtipp.
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