Am bundesweiten Aktionstag “Alarmstufe Rot” schlägt auch das Krankenhaus Agatharied Alarm. Klinikleitung und Landrat Olaf von Löwis of Menar sprechen Klartext:
Klinikleitung und Personalrat haben am Dienstag zu einer aktiven Mittagspause eingeladen. Ziel: im Rahmen des bundesweiten Aktionstages “Alarmstufe Rot” auf die prekäre wirtschaftliche Situation der Klinik Agatharied aufmerksam zu machen. Vor Ort war auch Landrat, Olaf von Löwis of Menar. „Ich bin es leid, dass wir noch immer über dasselbe Thema sprechen müssen. Es liegt doch schon lange auf der Hand, dass die Krankenhäuser einen Inflationsausgleich benötigen. Der gesamte Verwaltungsrat steht gemeinsam mit der Klinikleitung voll und ganz hinter unserem Krankenhaus. Unser Krankenhaus muss erhalten werden, dafür werde ich mich weiterhin mit ganzer Kraft einsetzen und nicht locker lassen.“
Wir drucken einen gekürzten Auszug des Redemanuskriptes des Vorstandes Benjamin Bartholdt ab:
Rede der Klinikleitung
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Warum kommen wir heute zusammen, um den bundesweiten Aktionstag unter dem Motto „Alarmstufe Rot“ zu unterstützen? : Eigentlich mögen wir es nicht zu „jammern“. Wir wollen mit unserer guten Medizin und Pflege in der Zeitung bzw. in der Öffentlichkeit stehen und nicht mit unserer wirtschaftlichen Situation. Denn sehr gute Medizin und Pflege leisten wir hier in Agatharied besonders, aber natürlich auch an vielen anderen Krankenhäusern – das ist unsere Kernaufgabe, um die sich alles drehen sollte. Und eigentlich mögen wir unsere Berufung – gerne sind wir 24/7 für unsere Bevölkerung, Patientinnen und Patienten da. Unsere Arbeit ist wertig und anspruchsvoll – über ganze drei Jahre der Pandemie waren wir alle besonders herausgefordert – und dennoch: für unsere Patienten waren wir immer da – niemand sollte von uns im Stich gelassen werden – […] Unser Anspruch ist es, immer und in jeder Hinsicht, nämlich medizinisch –pflegerisch und ökonomisch zu den besten Kliniken zu gehören.
Die drei Herausforderungen
Fachkräftemangel
Es gibt zu wenig Personal im System, und das schon seit vielen Jahren – natürlich fehlt in allen Branchen und Berufsgruppen Personal, aber ohne Personal im Gesundheitswesen, ohne Kinderbetreuung und Personal im Bildungswesen, ja ohne die systemrelevante Infrastruktur wird sich die Gesamtsituation nicht lösen lassen. Eine Reduktion der Klinikstandorte wird dieses Problem nicht lösen, denn nicht wir Kliniken müssen diagnostiziert, therapiert und gepflegt werden, sondern jeder einzelne Bürger ab einem bestimmten Alter. Und dass unsere Gesellschaft älter wird, dürfte allgemein bekannt sein. Als Lösung schlagen wir vor, noch deutlich mehr Anstrengungen auf Maßnahmen zu legen, die qualifizierte Zuwanderung von Fachkräften und Auszubildenden erleichtert. Wir brauchen hier geringere Hürden, weniger Bürokratie und Wohnraum. Eine wichtige Aufgabe, die in der Bundespolitik beginnt.
Geld, Geld, Geld
Es fehlt bei der Finanzierung der Betriebskosten, bei den Investitionen und auch für die Umsetzung der geplanten Krankenhausreform ist bislang weder Zeit noch zusätzliches Geld geplant. Die Inflation macht uns zu schaffen, wie allen anderen Unternehmen auch – nur unsere Preise wurden bislang noch nicht angepasst – das können wir Kliniken nicht lange durchhalten. Damit steht die Erreichbarkeit unseres Gesundheitswesens jetzt akut auf dem Spiel. Für die Bevölkerung drohen noch längeres Warten auf Termine, noch längere Anreisen zur Versorgung, und schließlich eine Verschlechterung der Versorgungssituation in besonderem Maße im ländlichen Bereich? Eigentlich, meine Damen und Herren, engagieren wir uns heute nicht in erster Linie für uns Krankenhäuser, sondern für unsere Bürgerinnen und Bürger und deren Versorgungssituation. Unser Lösungsvorschlag ist, den Kliniken jetzt sofort mit einem Inflationsausgleich unter die Arme zu greifen und auch die Investitionsfinanzierung an die Bedarfe anzupassen, um unser akut bedrohtes Gesundheitswesen zu stabilisieren.
Planungssicherheit
Wir haben seit Dezember 2022 nur Eckpunkte einer vermutlich sehr grundlegenden Strukturreform und wissen nicht, was uns die Zukunft bringt. Wie sollen wir uns auf dieser Basis in Ruhe auf unsere so wichtige Arbeit konzentrieren? Wie sollen wir sinnvolle Investitionsentscheidungen treffen? Wie wollen wir hochqualifizierte Bewerber finden, wenn unklar ist, wie unsere Häuser morgen aussehen sollen? Wie sollen wir unser Leistungsspektrum bedarfsgerecht weiterentwickeln, wenn im Raum steht, dass Berlin uns dies künftig vorgeben will? Und last, but not least – wie sollen wir Krankenhäuser ohne einen Inflationsausgleich überleben, bis eine endgültige Reform kommt.
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