Veröffentlichen, was öffentlich ist

Worüber entscheidet eigentlich der Gemeinderat, wenn “Hundesteuer” in der Einladung steht? Bisher wissen das nur die Gemeinderäte selbst. Sie haben die nötigen Unterlagen dazu. Bürger können sich darüber erst bei der Gemeinderatssitzung informieren. Das könnte sich bald ändern.

Die Grünen fordern, öffentliche Gemeinderatsdokumente im Internet zu veröffentlichen. Die Fraktionen sind nicht abgeneigt, aber auch zurückhaltend.
Die Grünen fordern, öffentliche Gemeinderatsdokumente im Internet zu veröffentlichen. Die Fraktionen sind nicht abgeneigt, aber auch zurückhaltend.

Die Forderung von Gemeinderat Karl Bär (Bündnis 90/Die Grünen) ist radikal: “Mit den Tagesordnungen für die öffentlichen Sitzungen des Marktgemeinderats werden auch die Berichte der Verwaltung, Beschlussvorlagen und Anhänge im Internet veröffentlicht, so wie sie auch den Mitgliedern des Rats im Ratsinformationssystem zur Verfügung stehen. Davon darf nur abgewichen werden, wenn eine Unterlage personenbezogene Informationen enthält.”

Diesen Antrag (hier das PDF) hat er jüngst der Verwaltung vorgelegt, mit der Bitte diesen noch vor der Sommerpause zu behandeln. “Es wäre wesentlich einfacher, wenn sich die Bürger schon vor einer Sitzung informieren könnten”, sagt er auf unsere Nachfrage. Darunter zählen auch Schaubilder, Karten und beispielsweise Einwändungen in Bebauungsplanverfahren. “Diese Unterlagen werden ohnehin öffentlich, wenn man sie in der öffentlichen Sitzung verliest oder mit einem Beamer an die Wand projiziert.”

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Mehraufwand durch Sondertexte für Öffentlichkeit nicht möglich

Birgit Eibl (Freie Wähler) spricht sich auf unsere Anfrage für diese Handhabung aus: “Ich bin auch dafür, dass der Haushalt veröffentlicht wird”, sagt sie. Eibl möchte, dass sich die Bürger/innen beteiligen und das könne nur gelingen, wenn sie informiert sind, sagt sie. Das könne auch das Gespräch mit ihnen verbessern.

Elisabeth Dasch (SPD) signalisiert auf Nachfrage zurückhaltende Zustimmung. Allerdings müsse man vorher durchsprechen, wie umfangreich die Informationen bereitgestellt werden, sagt sie. Probleme sieht sie beim Thema Datenschutz. Außerdem könne es nicht sein, dass die Verwaltung Sondertexte für die Bürgerschaft formulieren müsse und damit Mehraufwand hat.

Gleiche Informationen für Gemeinderäte und Bürger

Ideal wäre es, genau die Unterlagen zu veröffentlichen, die auch die Gemeinderäte erhalten, sagt Bürgermeister Olaf von Löwis auf unsere Anfrage. “Grundsätzlich gibt es da von meiner Seite aus keinen Widerstand.” Dieses Vorgehen sei mit dem wenigstens Aufwand für die Verwaltung verbunden.

Allerdings müssten die Sachbearbeiter die Unterlagen dann ab sofort ausführlicher und verständlicher formulieren und jemand müsste die Unterlagen vor Veröffentlichung kontrollieren. Denn für die Gemeinderäte gebe man die Berichte der Verwaltung und Beschlussvorlagen in einer Art Kurzfassung heraus, mit denen nur die Gemeinderäte etwas anfangen könnten, weil sie im Thema drin sind. Bürger könnten diese Unterlagen missverstehen, befürchtet er.

Nachbar Baden-Württemberg machts vor

Alle Gemeinderatsunterlagen öffentlich? Das gibts selbst in München nicht. Doch so radikal – geradezu revolutionär – Karl Bärs Antrag für eine oberbayerische Kommune klingt: In anderen Kommunen im Freistaat ist es längst üblich, beispielsweise in Würzburg und Nürnberg. Im Nachbarland Baden-Württemberg schreibt die Gemeindeordnung sogar allen Kommunen vor, “die für die Verhandlung erforderlichen Unterlagen beizufügen, soweit nicht das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner entgegenstehen.”

“Alles, was öffentlich ist, muss der Öffentlichkeit zugänglich sein”, sagt Stephanie Franz, Sachbearbeiterin im Hauptamt der Gemeinde Hirschberg an der Bergstraße in Baden-Württemberg. Je nach Gemeinde werden dort die gesamten Beschlussvorlagen samt Anlagen im Internet bereitgestellt. Der örtlichen Presse gehen die Vorlagen meist postalisch oder per E-Mail zu und die Bürgerschaft ohne Internetanschluss hat die Möglichkeit, die Vorlagen im Rathaus einzusehen.

Beratung noch vor der Sommerpause gewünscht

Doch in Holzkirchen ist man noch nicht ganz überzeugt: Datenschutz und die Zugänglichkeit zum Internet sind weitere Argumente, gegen die Bär argumentiert. So nimmt auch er Vorgänge mit personenbezogenen Daten aus seiner Forderung heraus. Diese werden ohnehin nicht-öffentlich behandelt. Und nur, weil es einige Bürger/innen gibt, die keinen Internetanschluss haben, dürfe man die Informationen nicht allen Bürgern vorenthalten, heißt es in dem Antrag.

Wann der Gemeinderat über den Antrag von Karl Bär und den Grünen beraten wird, steht noch nicht fest. “Ich habe darum gebeten, dass er noch vor der Sommerpause behandelt wird”, sagt Bär. Hinsichtlich der Abstimmung im Gemeinderat rechnet er bereits jetzt mit einer Mehrheit. Sollte dies eintreten, könnten sich die Bürger künftig informieren – beispielsweise darüber, was mit der Hundesteuer passiert – bevor sie entscheiden, ob sie sich aufregen.

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