Wer abends oder nachts im Tal unterwegs ist, erblickt bis weilen nachtaktive Wesen. Als Medium der Aufklärung sind wir in der Pflicht, hier Nachhilfe für unsere Leserschaft zu geben. Ein Überblick:
Ich befinde mich gerade in einer Region, in der Menschen aus der Stadt die örtliche Polizei wegen eines Tieres am Strand alarmieren. Es sei ein toter Wal. Meist ist es eine in der Sonne dösende Robbe. Tier, Natur – nichts ist dem Stadtmenschen so fern. Man kennt den Unterschied zwischen Mai Thai und My Lai, aber nicht zwischen Fuchs und Vogel (gut, fängt beides mit F an …)
Dabei kommt ja mittlerweile das Viechzeug (Wildschwein, Amsel, Schwaben) in großen Gruppen in die Metropolen um zu bleiben. Aber wehe, der Stoderer kommt ins Tal. Südlich von Warngau beginnt die Wildnis. Trapperland Tegernsee.
Überrascht stößt der Großstädter oder die Großstädterin auf Repräsentanten der hiesigen Fauna, die sie staunend und zuweilen ängstlich zurücklassen. In einer losen Reihe stellen wir einige Vertreter vor. Wer Bildmaterial von heimischen Tieren hat: bitte zusenden. Das gilt nicht für den Großvater, der nachts draußen an die Hecke …
Heute: Der Dachs
Zuallererst ist da der Dachs zu nennen. Das possierliche Tierchen trägt stolz die Juventus Turin Vereinsfarben, macht komische Geräusche und schleicht gern nachts um die Häuser. Das Säugetier mit der langen Schnauze gehört zur Familie der Marder, nagt aber keine Autoteile an.
Dafür vertilgt er alles, was der heimische Garten hergibt: Fallobst, Schnecken oder auch mal Micky Maus. Der Mensch hat sich das Fett des Tieres, vulgo ‘Dachsfett’, zu eigen gemacht, um rheumatische Erkrankungen zu behandeln.
Unser Dachs schlich in Kreuth herum. Nun ist Kreuth ja auch das Fort Laramie des Tals. Da schleicht auch mal größeres Getier herum. In der Fabel heißt der Dachs Meister Grimbart. Ihm werden menschliche Charaktereigenschaften zugeschrieben: Er gilt als nachdenklich und ruhig, also der Bierschneider Sepp unter der heimischen Bevölkerung.
Aufgrund der gegenseitigen Ähnlichkeit ist es nicht einfach, das Geschlecht eines Dachses zu bestimmen. Im Allgemeinen sind Männchen größer, schwerer und muskulöser und haben einen breiteren Kopf mit volleren Wangen und einem dickeren Hals als die Weibchen. Diese Beschreibung funktioniert nicht für Teilnehmer örtlicher Trachtenfeste. Noch ein Unterschied zur autochthonen Bevölkerung: Die Dachs-Weibchen haben im Allgemeinen einen breiteren, volleren Schwanz.
Aufgrund von Lautäußerungen sind Dachse in der Lage, die grundsätzliche Stimmung sowie schnelle Stimmungsschwankungen anderer Dachse in der Dunkelheit wahrzunehmen. Dabei erleichtern Laute, die anderen Artgenossen zu lokalisieren, und vor allem zu erkennen. Das wiederum ist auch so von den Stammtischen im Tegernseer Bräustüberl bekannt.
Es sei an dieser Stelle daran erinnert, dass der Dachs gern Dämme und Verkehrswege mit Bauten unsicher macht. Für das possierliche Tierchen braucht es aber keinen Schimmelreiter, regelmäßige Kontrollen vom Wasserwirtschaftsamt würden reichen.
Größter Feind des Nacht-Aktiven ist der gemeine Dackel (deswegen der Name, genaauuu). Sollte er nicht verhätschelt werden wie das Tier des Autors, ist der Dachshund auch bereit, einen Dachsbau mittels Zwangsräumung freizubekommen. Gern enden solche Umsiedlungen aber mit einer verzweifelten Besitzerin und einem größeren Feuerwehreinsatz. Das ist eine andere Geschichte.
Noch etwas: Wer einen Dachs sieht, dem ist, so sagen es die Altvorderen, bald Geld sicher. Und nein, das ist keine urbane Legende aus dem Börsenviertel Frankfurts.
SOCIAL MEDIA SEITEN