Vollgas für den Kunstbetrieb

Nachdem in letzter Zeit der internationale Kulturbetrieb den Tegernsee, seine bodenständigen Gemeinden und die Berge, na sagen wir, etwas vernachlässigt hat, keimt seit letzter Woche ein zartes Pflänzchen Hoffnung.

Wird das Tal ein Kleinod für die neue Avantgarde oder gar ein Mekka für zeitgenössische Kunst? Anlass für diese Zuversicht: Die Performance einiger Künstler vor dem Anwesen des Ex-Bayern-Bosses Uli H.

Künstler haben Uli Hoeneß längst für sich entdeckt.
Künstler haben Uli Hoeneß längst für sich entdeckt.

Als verurteilter Steuersünder hat es der Uli nicht leicht. Erst einmal muss man die ganze veruntreute Kohle doch abgeben. Man wird verknackt, und Millionen Menschen wissen: Wo werde ich pennen, welche Kleidung trage ich, und was steht auf dem Kantinenplan in Landsberg. Da bleibt kaum mehr Zeit für Kunst.

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Aber das interessiert den Kunstschaffenden selbst meist wenig. Wenn ihn die Muse küsst, gibt es kein Halten mehr. So auch bei den Freigeistern der Performance-Gruppe „Unkoordinierte Bewegung“. Frauen und Männer aus Österreich und Bayern in Aktion vor Uli H’s Anwesen. Vom Wiener Burgtheater direkt auf die „Wiesseer Häh“ mit der Aufführung: „Für ein neues Uli-versum!“

Vergessen ist die Ratlosigkeit der Polizei und Medienvertreter. Was bleibt, ist pure Aufmerksamkeit. Konzeptkünstler Ai Weiwei aus China bekommt immer große Ohren, wenn es um Sozialkritik geht. Eine Installation mit frisch verschwitzten Bayern-Trikots nach dem Champions-League-Spiel gegen die Madrider, hineingetrieben in den Beton der Spielbank. Ja, das wäre ganz nach dem Geschmack des Chinesen. Die Wiesseer würde es freuen.

Uli Hoeneß: Das neue Kunstobjekt

Für die internationale Presse müsste eine eigene Zeltstadt errichtet werden, weil die Hotelzimmer nicht ausreichen. Weiter geht es auf die Dokumenta in Kassel. Ai Weiwei hat dort das Gefängniszimmer von Uli H. originalgetreu nachgebaut. Wer es dann doch ein bisschen unaufgeregter möchte, schaut sich im Fernsehen gemütlich das Treiben des internationalen Kunstmarktes an. Wie bei Sotheby’s gerade ein neuer Baselitz über die Ladentheke geht: Porträt vom Uli, knallbunt, voller Kraft und ganz nach der Fa­çon des großen Meisters: der Gemalte auf dem Kopf stehend.

Weiter geht es nach Oberammergau. Ins Passionstheater. Dort übt Christian Stückl gerade mit seinem Ensemble das neue Stück „Die Irrfahrt des Uli H.“. Bei so viel künstlerischer Aufmerksamkeit um die eigene Person fragt man sich, was der Boss aller Bosse wohl von alldem hält. Vielleicht fängt er ja selbst an, sich seine künstlerischen Fähigkeiten rauszukitzeln. Die Ruhe und die Zeit hat er jetzt, um Pinsel und Papier in die Hand zu nehmen.

Und vielleicht steht neben Dali, Picasso und Richter bald ein echter Hoeneß in Pastell und Kohle.

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