Vom Konsumenten zum Dealer

Als Jugendlicher „nur mal probiert“, dann regelmäßig konsumiert und jetzt gedealt: Ein 23-jähriger Holzkirchner musste sich wegen Besitz und Handel mit Marihuana vor Gericht verantworten. Dabei erhielt er ungewöhnlich viel Unterstützung. Und am Ende auch einen gnädigen Richter.

Erst intensiv getestet, dann regelmäßig konsumiert und gedealt. Jetzt will der Holzkirchner mit familiärer Unterstützung den Ausstieg schaffen. (Archivfoto)
Erst intensiv getestet, dann regelmäßig konsumiert und gedealt. Jetzt will ein Holzkirchner mit familiärer Unterstützung den Ausstieg schaffen. (Archivfoto)

40 Gramm Marihuana zu je 9,50 Euro hatte der Möbelmonteur am Münchner Hauptbahnhof gekauft und zum Teil für 15 für Euro weiterverkauft. In einem anderen Fall wurden in seiner Wohnung 3,2 Gramm Marihuana und eine halbe Pille vermeintliches „Ecstasy“ sichergestellt.

Der Angeklagte wurde bei der Verhandlung vergangene Woche vor dem Miesbacher Amtsgericht nicht nur durch seinen Anwalt vertreten. Im Zuschauerraum befanden sich seine Mutter, die Schwester und eine weitere Verwandte. Der Verlauf der Verhandlung zeigte, wie stark der Rückhalt in der Familie des Holzkirchners ist.

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Kleine Drogen-“Karriere”

Der Verteidiger des Angeklagten machte in seiner, mit seinem Mandanten abgesprochenen Erklärung deutlich, dass dieser voll geständig sei. Bei der Ecstasy-Pille habe es sich jedoch um Cialis gehandelt, ein Viagra-ähnliches Medikament.

Des Weiteren erzählte der Verteidiger etwas über den Werdegang des jungen Mannes. Er habe in der Tat mit Marihuana gehandelt. Dies habe er getan, um seine eigene Abhängigkeit von der Droge und auch vom Alkohol zu finanzieren. Nach dem der erste Fall bekannt geworden war, habe er angefangen bei seinem älteren Bruder zu arbeiten. Der habe auch auf Drogenscreenings bestanden. Nach einem Rückfall des Angeklagten habe ihn sein Bruder aber entlassen.

Nun habe er jedoch eingesehen, dass er ohne professionelle Hilfe den Entzug nicht schaffen werde. Der Verteidiger erläuterte, dass sich der junge Holzkirchner in die Behandlung durch einen praktischen Arzt begeben habe, der ihn umgehend zu einem Entzug und anschließender stationärer Behandlung in das Klinikum Rechts der Isar eingewiesen habe. Hier würde die Entgiftung noch diese Woche beginnen.

83 Mal probiert?

Der Angeklagte zeigte sich reumütig und betonte, dass er diese Behandlung unbedingt und rückfallsfrei machen wolle. Richter Walter Leitner interessierte, wann der Angeklagte denn mit dem Marihuana-Konsum begonnen habe. Daraufhin erklärte dieser, dass er als Jugendlicher „ab und zu mal probiert“ habe. Mit dem regelmäßigen Konsum aber erst im Sommer 2015 begonnen habe.

Dabei hat es die Vorgeschichte des Mannes in sich. Der Holzkirchner wurde nämlich als Jugendlicher bereits wegen Marihuana-Konsums verurteilt. Der Staatsanwalt zeigte sich daraufhin überrascht:

Sie haben 83 Mal probiert?

Doch der junge Mann erklärte, dass es sich dabei nicht um regelmäßigen Konsum gehandelt habe. Er habe damals in unregelmäßigen Abständen immer mal wieder getestet.

Der Staatsanwalt ließ die Anklage wegen Besitz von Ecstasy fallen. Zusätzlich betonte er, dass für den Angeklagten das umfassende und frühzeitige Geständnis sprechen würde. Und dass es sich in dem Fall nur um eine „weiche Droge“ handele. Er wertete zudem die Bereitschaft zum Entzug und den starken Rückhalt in der Familie als positiv und forderte den 23-Jährigen auf, seine Chance jetzt zu nutzen. Als Strafe forderte der Staatsanwalt 170 Tagessätze zu je 45 Euro.

Richter Leitner, der dem Staatsanwalt im Grund nach folgte, fand dagegen deutliche Worte für den Angeklagten und erklärte, mit Blick auf die Familie im Zuschauerraum:

Dem Gericht ist es wurscht, ob es Sie hier noch einmal sieht. Aber denen da hinten nicht. Wenn Sie die wieder enttäuschen, haben Sie sich das selbst anzukreiden.

Er erklärte dem Verurteilten, dass das einzige, was ihn von einer Freiheitsstrafe mit Bewährung getrennt habe, der Umstand sei, dass seine vorherige Verurteilung unter Berücksichtigung des Jugendstrafrechts gefallen sei. “Nächstes Mal können Sie sicher mit einer Freiheitsstrafe rechnen.”

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