Vom perfekten Grün

Die Europameisterschaft ist vorbei. Aber der Fußball bleibt. Wenn die Saison im August wieder beginnt, muss der Rasen bei jedem Spiel zeigen, welche Qualitäten in ihm stecken.

Von Stollen, Tritten und Grätschen malträtiert. Aufs Äußerste strapaziert. Die Belastungen sind enorm. Nichtsdestotrotz sehen manche Plätze tipptopp gepflegt aus. Der Traum vom perfekten Grün – für den FC Real Kreuth scheint er in Erfüllung gegangen zu sein.

Saftig grün und kerngesund. Perfekt getrimmt auf wenige Zentimeter. Ungehindert von widrigen Grasbüscheln kann der Ball schnell von Mann zu Mann rollen. Ein Rasen muss offenbar genauso gut in Form sein wie die Spieler.

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Vom lückigen Grün zum Traumrasen

Noch vor zehn Jahren sah das ganz anders aus. Da war man recht unzufrieden mit der Ballunterlage auf dem Enterbacher Spielgelände. Die Zuschauer blickten auf einen “Acker”, lückig und verunkrautet. Damals wandte sich das Team um FC-Vorstand Andreas Mack an Alois Tremmel, Head-Greenkeeper auf dem Golfclub Bad Wiessee, und bat um Rat.

Der Rasenexperte hat selbst 25 Jahre aktiv Fußball gespielt und weiß, welchen Belastungen die Platzunterlage standhalten muss. Von Haus aus möchte man meinen: „Rasen ist gleich Rasen.“ Doch Tremmel belehrt uns eines Besseren. Da wird von Balltreue gesprochen, einem schönen Farbaspekt, von Trittfestigkeit und Scherfestigkeit.

Ist der Fußballrasen also ein Charakterrasen? Mehr als ein filigraner Zierrasen? In jedem Fall gibt es für alle Eigenschaften die unterschiedlichsten Grasarten. Manche Gräser tolerieren Schädigungen besonders gut und eignen sich damit für Sportplätze. Eine Mischung aus verschiedenen Gräsern wird abgestimmt auf die jeweils individuellen Anforderungen, bevor sie auf dem Boden ausgebracht wird.

Seit 30 Jahren befasst sich Tremmel mit den Gräsern. 13 Jahren ist er Herr über den Golfrasen. Als Dozent gibt er sein Wissen an der Greenkeeper-Schule weiter. Auch den Kreuther Fußballern konnte er weiterhelfen.

Eine Nase für die Halme

„Ich sehe die Gräser an und weiß, was passiert“, behauptet der Rasenexperte. Auch am Geruch meint er erkennen zu können, wie es dem Grün geht. Meist krankt die Anzucht an der Wurzel. „Sie ist der Motor, die Gräser das Ergebnis“, lässt er wissen. Ist die Wurzel nicht in Ordnung, kann das Ergebnis nicht überzeugen.

In Enterbach sind die Gräser damals offenbar regelrecht verhungert. „Erst mal düngen.“ Tremmels Rat beherzigte man sogleich. Ein stickstoffhaltiger Langzeitdünger ist in den meisten Fällen die richtige Wahl. Dann wurde die Anlage tiefengelüftet und besandet, um den verdichteten Untergrund wieder wasserdurchlässig zu machen. Und dann gibt es nur eins, sagt Tremmel: Mähen, mähen, mähen.

Mit den Kickern ist er, so scheint’s, zufrieden. „Die Eier sind schon fast gescheiter wie die Henne“, gibt er lachend zu. Sie hätten schnell gelernt und zeigen sich in der laufenden Pflege vorbildlich. Mittlerweile geben sie ganz schöne Summen für die Rasenpflege aus, haben in Maschinen investiert. „Und das alles in Eigenregie“, beteuert Hüttenwart Andreas Mack. Die Gemeinde wird nicht belastet – so wie das in manch anderen Orten der Fall ist. Der Erfolg gibt den Kickern recht.

Die laufende Pflege

Auch wenn es Mühe macht – dreimal die Woche wird gemäht. „Das ist Minimum“, weiß Tremmel. Zwar wird sein Golfrasen täglich gestutzt. Manche Flächen sogar zweimal. Doch dreimal die Woche reicht auch.

Mit den richtigen Geräten ist die Rasenpflege kein Problem. Das „Non-Plus-Ultra“ sei ein Spindelmäher, meint Tremmel. „Aber da haben sie nicht so gefolgt“, lacht er. Die Vereinsmitglieder bearbeiten ihr Grün mit einem Sichelmäher. Auf wenige Zentimeter wird die Pflanzendecke gestutzt. Pflanzenschutzmittel kommen nur zum Einsatz, wenn sie eine amtliche Zulassung für Zier- und Sportrasen aufweisen.

Gesunde Halme – sie sind Tremmel ein großes Anliegen. Treten beispielsweise braune Flecken auf dem Grün auf, bereitet ihm das schlaflose Nächte. Auch vor Hagel graut es dem Experten. In seinem Büro zeigt er Bilder von vor ein paar Jahren, als die Naturgewalten das ehemals perfekte Grün in ein weißes Elendsmeer verwandelt hatte. Da gab es keine andere Wahl als wieder: Mähen, düngen, pflegen. Im Grunde aber – da ist er sich sicher – müsse man nur die Natur arbeiten lassen. „Sie gleicht viel von selber wieder aus.“

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