Vom Windpark verweht

von Daniela Otto

„Bei der Energiewende ist die Windkraft Deutschlands größtes Ass im Ärmel“ – so heißt es im Klimaschutzkonzept des Landkreises. Doch ganz so einfach ist es nicht, dieses Ass aus dem Ärmel zu schütteln, wie sich an Otterfing zeigt. Zwar liebäugelt die Gemeinde mit einem Windpark – allerdings ist die Umsetzung des Plans fraglich. Und nicht jeder Bürger ist davon begeistert.

Von ganzen Windkraftparks wie hier im Norden Deutschlands kann Bayern nur (alp)träumen. Bild: http://windkraftfakten.files.wordpress.com
Die “Windkraft” – Deutschlands größtes As im Ärmel? / Bild: windkraftfakten.files.wordpress.com

Otterfing nimmt die Energiewende ernst. Bis 2035 will die Gemeinde energieautark sein. Atomkraft? Nein danke. Doch wer von unsauberen Energiequellen loskommen will, muss kreativ werden und auch einiges in Kauf nehmen. „Wir wollen sicheren Strom beziehen“, sagt Otterfings Bürgermeister Jakob Eglseder. „Dafür muss man sich einen Mix aus alternativen Energien einfallen lassen.“

Eine Idee: Windkraft. Schon seit Längerem wird über den Plan diskutiert, im Gemeindegebiet eine Windkraftanlage zu errichten. Im Klimaschutzkonzept des Landkreises wird diese Form der Energiegewinnung angepriesen:

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Bei der Energiewende ist die Windkraft Deutschlands größtes Ass im Ärmel. Schätzungsweise bis zu 65 {0df041b544200f98e0403f5bfaff217e8ddb0fa5a49c3e35acc6e6a32ff09f63} des Strombedarfs der Bundesrepublik kann durch Windenergie an Land (Onshore) gedeckt werden.

Der Entscheidung darüber, ob eine Windkraftanlage ernsthaft in Erwägung gezogen werden sollte, geht eine Windkraftmessung voraus. Wie Eglseder sagt, liegt die Windkraft im Otterfinger Gebiet im Schnitt bei 5,5 Metern pro Sekunde – kein optimaler Wert, aber noch im Rahmen des Möglichen. Alles unter sechs Metern pro Sekunde sei wenig rentabel, so Eglseder. „Das soll ja kein Draufzahlgeschäft werden. Wir müssen sicherstellen, dass sich die Investition lohnt.“

Die Technik entwickelt sich schnell

Auch Werner Schmid, Sprecher der Energiewende Oberland-Landkreisgruppe Miesbach, bestätigt, dass derzeit noch 5,8 Meter Windkraft pro Sekunde der Maßstab für Wirtschaftlichkeit seien. Allerdings weist Schmid darauf hin, dass sich die Technik schnell entwickle: „Es tut sich technisch sehr viel. Windräder werden bald schon mit weniger Windkraft auskommen.“

Dies bestätigt auch Peter Haberzettl, der sich als Vorstand der Energiewende Oberland auf die Technik spezialisiert hat. Sogenannte Binnenwindkraftanlagen passen sich an die speziellen Bedingungen der Inlandsgebiete an. Im Gegensatz zu den Windrädern an der Nord- oder Ostsee haben diese längere Räder und weniger starke Generatoren. Haberzettl versichert:

Mit neuer Technik ist auch bei geringen Windstärken von nur 5,3 Metern pro Sekunde Wirtschaftlichkeit garantiert.

Errichtet werden soll der Otterfinger Windpark entlang der Autobahn. Doch die Planungen sind noch nicht konkret. „Wir sind in Gesprächen mit den Nachbargemeinden Sauerlach, Brunnthal sowie Aying und stehen in Gesprächen mit den Staatsforsten“, so Eglseder. Das Planfeststellungsverfahren der Bundesrepublik laufe.

Dabei sind im Klimaschutzkonzept maximal acht Windräder für den gesamten Landkreis angedacht. Otterfing würde zwei, maximal drei dazu beisteuern. Drei bis vier sind in Valley geplant, eines in Weyarn. Wie Haberzettl erklärt, könnten die acht Windräder insgesamt sieben Prozent der Energieversorgung im Landkreis übernehmen.

Viele Bürger sind skeptisch

Doch nicht jedem gefällt die Vorstellung. Windkraft war ein Thema auf der letzten Bürgerversammlung in Otterfing – und auch wenn die Pläne noch keine konkrete Form annehmen, regt sich Widerstand in der Bevölkerung.

Auf der letzten Bürgerversammlung ging es auch um die Pläne der Gemeinde rund um die Windkraft.
Auf der letzten Bürgerversammlung ging es auch um die Pläne der Gemeinde rund um die Windkraft.

Denn Lärm, Optik, Lichtreflexionen: Die Beeinträchtigungen durch Windräder werden immer wieder problematisiert, nicht nur im Klimaschutzkonzept des Landkreises, sondern auch vom bayerischen Ministerpräsidenten. So hat Horst Seehofer die sogenannte Mindestabstandsregelung H10 vorgeschlagen, nach der eine Windkraftanlage das Zehnfache ihrer Höhe an Abstand zu den nächsten Häusern einhalten soll.

Bei einer Windradhöhe von 200 Metern, wie für Otterfing angedacht, würde dies einen Abstand von zwei Kilometern zum nächsten Wohnhaus bedeuten. Der derzeitige Standard liegt bei 800-1200 Metern. Wie Haberzettl sagt, steht die Politik mit diesem Vorhaben relativ isoliert da und erntet Kritik. „Wenn man das ernst nimmt, wäre zwischen dem Bodensee und dem Schliersee kein einziges Windrad mehr möglich.“

Die Kommune selbst entscheidet über den Abstand

Deswegen wurde auf der letzten CSU-Tagung in Wildbad Kreuth umgeschwenkt. Kommunen können nun doch in Eigenverantwortung entscheiden, welchen Abstand sie zwischen Windrad und Wohnsiedlung wollen. „Wenn es ein kommunales Einverständnis gibt, kann auch der alte Abstand von 800 Metern eingehalten werden“, so Haberzettl.

Um die Skepsis der Bürger zu bändigen, plädiert der Vorstand vor allem für Aufklärung. Neben der Sorge vor gesundheitlichen Schäden und dem optischen Missfallen fürchten viele, dass sich das Projekt finanziell nicht lohnt. So sagt Schmid:

Im Vorfeld gibt es immer Ängste.

Viele Bürger stören sich am Erscheinungsbild. „Das sind keine kleinen Dinger“, sagt Eglseder über die 200 Meter hohen Windräder. Die Höhe sei notwendig, weil der Wind in der Region vor allem oben wehe.

Haberzettl ist davon überzeugt, dass man die Bürger beim Weg der Energiewende mitnehmen könne. „Jeder, der ein Windrad sieht, sollte sich daran beteiligen können.“ Oft spiele bei Windkraftgegner Neid eine Rolle – wer jedoch finanziell von einem Windrad profitiere, der sehe dieses als etwas Positives an.

Auch Egsleder zeigt Verständnis für die Vorbehalte der Windkraft gegenüber, macht jedoch klar: „Wo man den Strom alternativ herkriegen soll, müssen diejenigen sagen, die immer gegen alles sind.“

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